Zulässigkeit der Klage - persönliche Prozessvoraussetzungen

2) Zulässigkeit der Klage – Persönliche Prozessvoraussetzungen

Zulässigkeitsfragen in der Klausur haben häufig die persönlichen Prozessvoraussetzungen zum Gegenstand.

1. Parteifähigkeit

Kläger und Beklagter müssen parteifähig sein, also überhaupt Parteien eines Rechtsstreits sein können.

Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Das sind:

  • alle natürlichen Personen (§ 1 BGB)

  • die juristische Personen des Privatrechts

  • Personengesellschaften einschließlich der Außen-GbR

  • die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)

  • nicht-rechtsfähige Vereine (§ 50 Abs. 2 ZPO).

Nicht parteifähig sind:

  • Gemeinschaft (§ 741 BGB)

  • Nachlass.

Hier müssen die Mitglieder der (Erben-)Gemeinschaft klagen.

Besteht Streit über die Parteifähigkeit (z.B. nach Löschung einer Gesellschaft im Handelsregister), wird die Partei zunächst als parteifähig angesehen.

2. Prozessfähigkeit

Aus der Parteifähigkeit folgt nicht zwangsläufig die Prozessfähigkeit, also die Fähigkeit, selbst im Prozess aufzutreten.

Prozessfähig ist, wer geschäftsfähig ist (§ 52 ZPO).

Prozessunfähige Parteien müssen von einem gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Dies gilt unabhängig davon, ob sie von einem Rechtsanwalt vertreten werden.

Folgende gesetzliche Vertretungen sind relevant:

  • Kind --> Eltern (§ 1629 Abs. 1 Satz 1BGB)

  • GbR --> Geschäftsführer (§§ 714, 709 Abs. 1 BGB)

  • OHG --> Geschäftsführer (§§ 114 Abs. 1, 115 HGB)

  • KG --> Komplementäre (§§ 161 Abs. 2, 114 Abs. 1, 170 HGB)

  • GmbH --> Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG)

  • GmbH & Co KG --> Komplementär-GmbH (vertreten durch GF)

(§§ 161 Abs. 2, 114 I, 170 HGB, 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG)

  • AG --> Vorstand (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AktG)

  • Verein --> Vorstand (§ 26 Abs. 1 Satz 2 BGB)

Besteht Streit über die Prozessfähigkeit einer Partei, gilt diese zunächst als prozessfähig.

3. Prozessführungsbefugnis

Grundsätzlich ist nur derjenige Kläger prozessführungsbefugt, der ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend macht. Damit sollen Popularklagen ausgeschlossen werden. Allerdings genügt im Rahmen der Zulässigkeit die bloße Behauptung des Klägers, Rechtsinhaber zu sein. Ob das tatsächlich zutrifft, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

In bestimmten Konstellationen kann der Kläger auch fremde Rechte im eigenen Namen geltend machen (Prozessstandschaft).

a) Prozessstandschaft qua Amt

Bestimmte Personen sind aufgrund des ihnen übertragenen Amtes ermächtigt, fremde Rechte im eigenen Namen geltend zu machen:

  • Insolvenzverwalter (§ 80 InsO)

  • Testamentsvollstrecker (§§ 2212, 2213 BGB)

  • Zwangsverwalter (§ 152 ZVG).

b) Gesetzliche Prozessstandschaft

Teilweise räumt das Gesetz anderen Personen das Recht ein, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen:

  • Miteigentümer (§ 1011 BGB)

  • ursprünglicher Kläger nach Abtretung oder Veräußerung nach Rechtshängigkeit (§ 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO); allerdings muss er die Klage auf Leistung an seinen Rechtsnachfolger umstellen, es sei denn, der Beklagte kann schuldbefreiend an den Kläger leisten (§§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB, Einziehungsermächtigung).

c) Gewillkürte Prozessstandschaft

Der klausurrelevanteste Fall ist die gewillkürte Prozessstandschaft, die folgende Voraussetzungen hat:

aa) Ermächtigung des Klägers

Der Rechtsinhaber muss den Kläger ermächtigt haben, sein Recht im Prozess geltend zu machen. Die Ermächtigung kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erteilt oder widerrufen werden.

Der wichtigste Fall ist die Einziehungsermächtigung, die es dem Zedenten erlaubt, die abgetretene Forderung für den Zessionar einzuziehen.

bb) Übertragbarkeit des Klageanspruchs

Der geltend gemachte Anspruch des Dritten muss grundsätzlich abtretbar sein. Eine Ausnahme gilt für die nicht übertragbaren Ansprüche aus §§ 862, 894, 985, 1004 BGB, die dennoch im Wege der Prozessstandschaft geltend gemacht werden dürfen.

cc) Schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers

Der Prozess muss Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Klägers haben. Es kann aber auch ein rein wirtschaftliches Interesse genügen.

dd) Belange des Beklagten nicht negativ betroffen

Die Prozessstandschaft ist unzulässig, wenn sie zu Nachteilen für den Beklagten führt. Das ist bspw. dann der Fall, wenn der Beklagte Gefahr läuft, im Erfolgsfall seinen Kostenerstattungsanspruch nicht durchsetzen zu können, weil der Kläger kein Geld oder sonstiges Vermögen hat.

ee) Rechtsfolgen

Der Dritte ist am Prozess nicht beteiligt, Partei ist allein der Kläger. Der Dritte kann deshalb Zeuge oder Streitverkündeter sein.

Dennoch wirkt die Rechtskraft des Urteils auch gegen den Dritten.

Der Kläger muss Leistung an den Dritten beantragen, es sei denn, der Beklagte kann schuldbefreiend an den Prozessstandschafter leisten (§§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB), bspw. im Falle einer Einziehungsermächtigung.

4. Postulationsfähigkeit

Bei der Postulationsfähigkeit geht es um die Frage, ob die Klage von einem Rechtsanwalt erhoben werden muss. Gemäß § 78 Abs. 1 ZPO ist das vor dem Landgericht der Fall, während vor den Amtsgerichten die Parteien selbst auftreten können (§ 79 Abs. 1 ZPO).