Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, § 19 KSVG

Aufbau der Prüfung -  Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, § 19 KSVG

 

Der Anspruch auf Zugang zu öffentlichen Einrichtungen ist in § 19 KSVG geregelt. Beispiel1: A möchte in die Bibliothek und der Zugang wird ihm am Eingang jedoch verwehrt. Dann könnte A einen Anspruch auf Zugang geltend machen.

 

A. Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit ist nicht immer vorab zu prüfen, sondern nur in den Fällen, in denen die Gemeindeordnung nicht zum Tragen kommt, weil es vorrangig andere Anspruchsgrundlagen gibt wie § 70 GewO. Dieser regelt den Zugang zu festgesetzten Veranstaltungen. Beispiel2: Gemeinde G hat sich entschieden, eine bestimmte Einrichtung zu nutzen und in diesem Zusammenhang eine Festsetzung als Jahrmarkt vorzunehmen, richtet sich der Anspruch auf Zugang vorrangig nach § 70 GewO, der spezieller ist. 

 

B. Voraussetzungen

 

I. Berechtigte

Berechtigte des Anspruchs auf Zugang zu öffentlichen Einrichtungen aus § 19 KSVG sind nach der Gemeindeordnung die Einwohner nach § 19 I KSVG, Grundbesitzer und Gewerbetreibende, die nicht in der Gemeinde wohnen gem. § 19 II KSVG sowie juristische Personen und Personenvereinigungen, § 19 III KSVG. 

 

II. Öffentliche Einrichtungen

Zudem müsste es sich um eine öffentliche Einrichtung handeln.

 

1. Einrichtungen

Einrichtungen sind alle Betriebe, Unternehmen, Anstalten oder sonstige Leistungsapparaturen, denen die Funktion gemeinsam ist, die Voraussetzungen für die Daseinsvorsorge und Daseinfürsorge der Bevölkerung zu schaffen und zu gewährleisten. Hierunter fallen z.B. die Bibliothek oder das Schwimmbad, auch der Rathausvorplatz.

 

2. Öffentlich

Die Einrichtung müsste auch öffentlich sein. Dies wird sie durch Widmung. Eine Widmung ist ein rechtlich nicht formalisierter Rechtsakt, durch den der Zweck der Einrichtung festgelegt wird und die Benutzung durch die Allgemeinheit geregelt wird. Dies kann z.B. durch eine Satzung oder Allgemeinverfügung passieren, ist aber auch durch schlichte Ingebrauchnahme möglich und kann dadurch konkludent erfolgen. Beispiel3: Bürgermeister B der Gemeinde G kommt vorbei, durchtrennt ein rotes Band und erklärt, diese Bibliothek widme er nun dem Publikumsverkehr. Dies wäre dann eine Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 2. Fall VwVfG. Dies muss aber nicht so „feierlich“ geschehen, sondern kann auch durch tatsächliche Ingebrauchnahme erfolgen.

 

III. Im Rahmen der Vorschriften

Der Anspruch auf Zugang zur öffentlichen Einrichtung nach § 19 KSVG besteht nur, sofern sich der Berechtigte im Rahmen der Vorschriften bewegt. Begrenzungen können sich aus dem Widmungszweck ergeben. Beispiel4: A spielt in der Bibliothek Völkerball. Dann wird ihm der Zugang verwehrt, da sein Verhalten gegen den Widmungszweck verstößt. Damit hätte A keinen Anspruch auf Zugang. Anderer Anknüpfungspunkt ist die Benutzungssatzung der Einrichtung, in der das Spielen von Völkerball verboten ist.  Schließlich können sich Beschränkungen auch aus dem Strafrecht oder dem Polizei- und Ordnungsrecht ergeben. Beispiel5: Möchte A mordend und brandschatzend durch die Bibliothek ziehen, wäre dies zumindest auch strafrechtlich und ordnungsrechtlich relevant.

 

C. Rechtsfolge: Anspruch auf Zugang

Rechtsfolge des § 19 KSVG ist, dass ein Anspruch auf Zugang zur öffentlichen Einrichtung besteht.

 

D. Kein Ausschluss

Der Anspruch aus § 19 KSVG dürfte nicht ausgeschlossen sein. Der Anspruch auf Zugang steht unter dem Vorbehalt der Kapazitäten. Sind diese begrenzt, hat man keinen Anspruch auf Ausweitung der Kapazitäten. Stattdessen ist zu prüfen, ob eine ermessensfehlerfreie  Auswahlentscheidung getroffen wurde bzw. wird. Dann wandelt sich der Anspruch auf Zugang auf einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung aus einem Überhang von Bewerbern, die die Fläche nutzen wollen, um. Dabei gibt es unzulässige Kriterien wie die Hautfarbe. Typische und sachgerechte Auswahlentscheidungen sind dabei beispielsweise „Bekannt und bewährt“ (Beispiel6: A ist im Rathaus in Vergangenheit oft auf Veranstaltungen dabei gewesen und hat sich dafür dadurch empfohlen, dass ihm nun erneut Zugang zu geben ist gegenüber anderen Bewerbern), die Attraktivität eines Bewerbers (Beispiel7: A reicht nur zweidimensionale Zeichnungen zur Veranstaltungen ein), die Priorität, die Rotation und der Losentscheid. Häufig macht es auch der Mix, sodass sich die Gemeinde nicht ausschließlich Kriterien bedienen darf, die für sich in Ordnung sind, aber dazu führen, dass neue Bewerber keine Chance haben. Ein gewisses Kontingent muss gerade für neue Bewerber offen sein, um die Chancengleichheit und die Berufsfreiheit zu wahren.

 

Schließlich ist zu beachten, dass bei prozessualer Verteidigung die Verpflichtungsklage nach § 42 I 2. Alt VwGO statthaft wäre, da die Zulassung einen Verwaltungsakt nach § 35 VwVfG darstellt.

 

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