Vollstreckungsschutzantrag, § 765a ZPO
Aufbau der Prüfung - Vollstreckungsschutzantrag, § 765a ZPO
Der Vollstreckungsschutzantrag ist in § 765a ZPO normiert. Bei § 765a ZPO handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist. Sie betrifft ganz besondere Härtefälle und daher nicht jeden allgemeinen Vollstreckungsfall. Der Vollstreckungsschutzantrag wird in zwei Schritten geprüft: Zulässigkeit und Begründetheit.
A. Zulässigkeit
Im Rahmen der Zulässigkeit des Vollstreckungsschutzantrags sind sechs Punkte zu prüfen: Statthaftigkeit, zuständiges Gericht, Antrag, allgemeine Verfahrensvoraussetzungen, Form und Frist und Rechtsschutzbedürfnis.
I. Statthaftigkeit, § 765a ZPO
Die Statthaftigkeit des Vollstreckungsschutzantrags bestimmt sich nach § 765a ZPO. Der Vollstreckungsschutzantrag ist danach statthaft, wenn sich der Vollstreckungsschuldner gegen eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung aufgrund besonderer Härte wendet.
II. Zuständigkeit, §§ 765a, 802 ZPO
Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich aus den §§ 765a, 802 ZPO. Zuständig ist hiernach ausschließlich das Vollstreckungsgericht.
III. Antrag
Ferner wird die Zwangsvollstreckung einstweilen nur auf Antrag eingestellt.
IV. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
Zudem müssen die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen vorliegen (Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit).
V. Form, Frist
1. Form
Der Vollstreckungsschutzantrag kann als Prozesshandlung formlos gestellt werden. Es ist jedoch aus Beweisgründen zweckmäßig, ihn schriftlich oder zur Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären, vgl. § 569 ZPO analog.
2. Frist
Darüber hinaus besteht grundsätzlich keine Frist für die Stellung des Vollstreckungsschutzantrags. Dies gilt bis zum Ende der Zwangsvollstreckung. Hiervon besteht eine Ausnahme. Aus § 765a III ZPO ergibt sich, dass der Antrag bei Räumungssachen spätestens zwei Wochen vor dem Räumungstermin zu stellen ist. Hintergrund dessen ist, dass sich der Vollstreckungsschuldner auf die Räumung, die besonders einschneidend ist, einstellen können soll.
VI. Rechtsschutzbedürfnis
Des Weiteren ist in der Zwangsvollstreckung stets kurz das Rechtsschutzbedürfnis anzusprechen. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht von Beginn der Zwangsvollstreckung bis zu deren Beendigung.
B. Begründetheit
Auf die Zulässigkeit folgt dann die Begründetheitsprüfung. Der Vollstreckungsschutzantrag ist begründet, wenn ganz besondere Umstände vorliegen, die eine sittenwidrige Härte für den Vollstreckungsschuldner begründen und keine Schutzbedürftigkeit des Gläubigers besteht. In der Begründetheit findet mithin eine Interessenabwägung statt. Aus dem Tatbestandsmerkmal „besondere Härte“ lässt sich ableiten, dass die Belastung für den Schuldners ungleich höher sein muss als für den Gläubiger. Besondere Umstände liegen danach vor, wenn die Zwangsvollstreckung des Gläubigers ein untragbares Ergebnis herbeiführen würde. Hieraus ergibt sich, dass nicht bereits jedes minimale finanzielle oder sonstige soziale Interesse des Vollstreckungsschuldners ausreicht. Ein untragbares Ergebnis liegt in der Regel dann vor, wenn für den Vollstreckungsschuldner durch die Vollstreckung eine Gefahr für Leib und Leben besteht. Beispiel: Drohende Suizidfälle. Wäre es möglich wegen jeder Vollstreckung einen erfolgreichen Vollstreckungsschutzantrag zu stellen, könnte nicht mehr vollstreckt werden.
C. Tenor
Bei Stattgabe lautet der Tenor im Falle des Vollstreckungsschutzantrags gemäß § 765a ZPO: „Die Zwangsvollstreckung aus (genaue Bezeichnung des Titels mit Gericht und Az.) wird einstweilen eingestellt.“ Es geht somit nur um eine vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung. Die stattgebende Entscheidung begründet ein Vollstreckungshindernis gemäß § 775 Nr. 2 ZPO. Beispiel: A hat einen Vollstreckungsschutzbeschluss erwirkt. Der Gerichtsvollzieher kommt dennoch, um die Wohnung des A zu räumen. Nun kann A ihm den Beschluss entgegenhalten, da dieser ein Vollstreckungshindernis begründet. Es darf somit nicht weiter vollstreckt werden.