Vollstreckungsklausel und Rechtsnachfolge

Exkurs ZPO II 2: Vollstreckungsklausel und Rechtsnachfolge

Subjektive Rechtskraftwirkung

Urteile wirken grundsätzlich nur zwischen den Parteien (§ 325 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO). Deshalb ist auch nur der darin bezeichnete Gläubiger zur Vollstreckung gegen den darin bezeichneten Schuldner berechtigt. Das gilt auch für die anderen Titel.

Allerdings erweitert § 325 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO die subjektive Rechtskraftwirkung der Urteile auf die Rechtsnachfolger der Parteien und den Erwerber einer streitbefangenen Sache. Der Gläubiger muss deshalb grundsätzlich nicht erneut klagen, wenn der Schuldner die Sache, zu deren Herausgabe verurteilt wurde, nach Rechtshängigkeit der Klage veräußert. Dasselbe gilt für den Zessionar der titulierten Forderung.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erwerber gutgläubig war (§ 325 Abs. 2 ZPO). Hierbei ist zu beachten, dass die Vorschrift nur für den Erwerb vom Nichtberechtigten gilt. Der gute Glaube des Erwerbes muss sich deshalb zunächst auf die Berechtigung des Veräußerers beziehen. Darüber hinaus darf der Erwerber keine Kenntnis vom laufenden Prozess bzw. dem ergangenen Urteil haben (sog. doppelte Gutgläubigkeit).

Die Vollstreckung aus dem Titel ist aber erst dann zulässig, wenn die Vollstreckungsklausel den neuen Gläubiger bzw. den neuen Schuldner ausdrücklich bezeichnet (sog. qualifizierte Klausel, auch titelübertragende Klausel).

Für den Gläubiger bestehen hierzu zwei Möglichkeiten: Er kann einen Antrag auf Erteilung einer entsprechenden Vollstreckungsklausel beim Prozessgericht stellen (§ 727 ZPO) oder den Schuldner vor dem Prozessgericht auf Erteilung der Vollstreckungsklausel verklagen (§ 731 ZPO). Erteilt das Gericht die Vollstreckungsklausel bereits auf Antrag des Gläubigers, kann der Schuldner hiergegen mit der Erinnerung vorgehen (§ 732 ZPO).

Dagegen wäre eine erneute Leistungsklage des Gläubigers gegen den neuen Schuldner grundsätzlich unzulässig. Dem Gläubiger würde hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil ihm §§ 727, 731 ZPO einen einfacheren und schnelleren Weg bieten, einen Titel zu erlangen.

Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für bzw. gegen Rechtsnachfolger oder gegen Nachfolger im Besitz (§ 727 ZPO)

  • Antragsteller ist der entweder der bisherige oder der neue Gläubiger.

  • Es genügt ein Antrag an das Prozessgericht des ersten Rechtszuges. Eine Ausnahme besteht für notarielle Urkunden, hier wird die Klausel vom Notar erteilt (§ 797 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

  • Es muss ein vollstreckbarer Titel vorliegen.

  • Die Rechtskraft des Titels muss sich nach § 325 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf den neuen Gläubiger bzw. den neuen Schuldner bzw. den neuen Besitzer erstrecken. Das muss entweder beim Gericht offenkundig sein oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden (§ 727 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO). Als solche Urkunden kommen bspw. Grundbuchauszüge oder notarielle Urkunden in Betracht.

Ob die Rechtsnachfolge wirksam ist, wird nicht geprüft. Es kommt auch nicht auf die Frage des gutgläubigen Erwerbs nach § 325 Abs. 2 ZPO an.

  • Über die Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidet der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG).

  • Lehnt er die Erteilung durch Beschluss ab, kann der Gläubiger hiergegen sofortigen Beschwerde einlegen (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO iVm § 11 Abs. 1 RPflG).

  • Erteilt er die Vollstreckungsklausel, kann der neue Schuldner hiergegen Erinnerung einlegen (§ 732 ZPO) oder eine Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) erheben. Zuständig ist jeweils das Prozessgericht, wobei diesmal ein Richter entscheidet.

Dabei bezieht sich die Erinnerung auf alle formellen und materiellen Einwendungen, während mit der Klauselgegenklage nur materielle Einwendungen erhoben werden können, zum Beispiel gegen die Rechtsnachfolge oder gegen die Rechtskrafterstreckung. Der Schuldner kann zwischen beiden Rechtsbehelfen wählen (§ 768 a.E. ZPO).

Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 731 ZPO)

Kann der Gläubiger die Rechts- oder Besitznachfolge nicht durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachweisen, hat er die Möglichkeit, gemäß § 731 ZPO Klage zu erheben.

  • Kläger ist derjenige, der aus dem Titel vollstrecken möchte, also entweder der bisherige oder der neue Gläubiger. Beklagter muss derjenige sein, gegen den vollstreckt werden soll, also entweder der bisherige Schuldner oder dessen Rechts- bzw. Besitznachfolger.

  • Es handelt sich um eine Feststellungsklage. Das Feststellungsinteresse folgt aus der fehlenden Möglichkeit, die Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen.

Der Antrag lautet:

Es wird beantragt,

die Vollstreckungsklausel zum Urteil vom … gegen Bekl. zu erteilen.

  • Ausschließlich zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges, das das Urteil erlassen hat oder vor dem der Vergleich geschlossen wurde (§ 802 ZPO, § 795 Satz 1 ZPO), bei einem Vollstreckungsbescheid das Gericht, das für das Streitverfahren zuständig gewesen wäre (§ 796 Abs. 3 ZPO).

  • Es müssen die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen.

  • Die Klage ist unzulässig,

  • wenn der Kläger gegen die Zurückweisung seines Antrags nach § 727 ZPO keine sofortige Beschwerde eingelegt hat;

  • ohne einen vorherigen Antrag jedenfalls dann, wenn der Kläger die nach § 727 ZPO erforderlichen Urkunden leicht beschaffen könnte. Teilweise wird sogar vertreten, dass der Kläger immer erst einen Antrag nach § 727 ZPO gestellt haben müsse, also auch dann, wenn die Rechts- oder Besitznachfolge nicht durch Urkunden bewiesen werden kann.

  • Im Rahmen der Begründetheit der Klage prüft das Gericht, ob tatsächlich die Rechtsnachfolge eingetreten ist und sich die Rechtskraft des Titels auf den Rechtsnachfolger erstreckt.

  • Hat die Klage Erfolgt, lautet der Tenor:

„Die Vollstreckungsklausel zum Urteil … ist für den Kläger zu erteilen.“


  1. BGH (V ZR 267/17).

  2. Hierzu Exkurs ZPO I 4.

  3. Hierzu Exkurse ZPO I, 5, 6, 7.