Vollstreckung einer Geldforderung in das bewegliche Vermögen

Exkurs ZPO II 3: Vollstreckung wegen einer Geldforderung in das bewegliche Vermögen des Schuldners

Wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird und wer hierfür zuständig ist, hängt davon ab, worauf der Titel des Gläubigers gerichtet ist. Examensrelevant ist hier vor allem der Zahlungstitel.

Will der Gläubiger aus einem Zahlungstitel vollstrecken, wird zwischen der Vollstreckung in bewegliches und unbewegliches Vermögen unterschieden.

Vollstreckung in bewegliches Vermögen

Bei der Ausführung der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen wird danach unterschieden, ob ein körperlicher Gegenstand oder eine Forderung bzw. ein sonstiges Vermögensrecht gepfändet werden soll.

Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners erfolgt durch Pfändung (§ 803 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und Verwertung.

  • Der gepfändete Gegenstand unterliegt nunmehr hoheitlicher Verfügungsmacht (sog. Verstrickung). Der Schuldner darf deshalb nicht mehr über die Sache verfügen (§§ 135, 136 BGB).

  • Der Gläubiger erwirbt zur Sicherung ein Pfändungspfandrecht an dem gepfändeten Gegenstand (§ 804 Abs. 1 ZPO), das ihm grundsätzlich dieselben Rechte vermittelt wie ein vertragliches Pfandrecht (Abs. 2 Halbs. 1) und das im Verhältnis zu anderen Pfändungspfandgläubigern nach dem Prioritätsprinzip behandelt wird (Abs. 3).

  • Veräußert ein Schuldner trotz des Verfügungsverbots die gepfändete Sache, kann er sich zwar des Verstrickungsbruchs strafbar machen (§ 136 Abs. 1 StGB), ein gutgläubiger Erwerber wird jedoch trotzdem Eigentümer der Sache (§ 135 Abs. 2 BGB), wenn er keine Kenntnis von der Verstrickung hat. Da ihm dann auch das Pfändungspfandrecht des Gläubigers an der Sache unbekannt ist, erwirbt er sogar lastenfrei (§ 936 Abs. 2 BGB analog).

- Vollstreckung in (bewegliche) Sachen

Die Vollstreckung wegen einer Geldforderung in eine Sache erfolgt durch deren Pfändung und öffentliche Versteigerung zugunsten des Gläubigers. Vollstreckungsorgan ist der Gerichtsvollzieher (§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).

  • Die Pfändung wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher die Sache in Besitz nimmt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Sache im Gewahrsam des Schuldners (§ 808 Abs. 1 ZPO) oder des Gläubigers bzw. eines zur Herausgabe bereiten Dritten (§ 809 ZPO) befindet.

Geld, Kostbarkeiten und Wertpapiere nimmt der Gerichtsvollzieher in Gewahrsam; andere Sachen belässt er grundsätzlich bis zur Verwertung im Gewahrsam des Schuldners, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird (§ 808 Abs. 2 ZPO).

Für die Besitzverhältnisse an der Sache bedeutet das Folgendes:

  • Durch die Pfändung erlangt der Gerichtsvollzieher unmittelbaren Fremdbesitz. Er übt also (zunächst) die tatsächliche Gewalt über die Sache aus gemäß § 854 Abs. 1 BGB aus.

  • Nimmt er die Sache dem Schuldner endgültig weg, bleibt es bei dieser Besitzzuordnung. Schuldner und Gläubiger werden mittelbare Besitzer, der Gläubiger als Fremdbesitzer erster Stufe, der Schuldner als Eigenbesitzer zweiter Stufe.

  • Belässt er sie dagegen im Gewahrsam des Schuldners, erlangt dieser den unmittelbaren Besitz zurück. Gerichtsvollzieher und Gläubiger werden mittelbare Fremdbesitzer erster bzw. zweiter Stufe.

Eine Sache kann für verschiedene Gläubiger mehrfach gepfändet werden (§ 827 Abs. 1 ZPO). Für das Rangverhältnis der Gläubiger gilt das Prioritätsprinzip.

Bestimmte Sachen erklärt das Gesetz in § 811 ZPO für unpfändbar. Sachen, die unter § 811 Abs. 1 Nr. 1, 5 und 6 ZPO fallen, kann der Gläubiger aber aufgrund eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichts im Wege der Austauschpfändung pfänden lassen (§ 811a ZPO).

Bei der Pfändung von Bestandteilen eines Grundstücks ist zu unterscheiden:

  • Wesentliche Bestandteile dürfen nicht gepfändet werden, da sie nicht Gegenstand besonderer Rechte sein können (§ 93 BGB). Ein Bestandteil ist wesentlich, wenn er von der Sache nicht getrennt werden kann, ohne dass er oder die Sache zerstört oder in seinem Wesen verändert wird.

  • Erzeugnisse (= Früchte, § 99 BGB) und die unwesentlichen Bestandteile des Grundstücks können einzeln gepfändet werden, solange sie noch nicht im Rahmen der Vollstreckung in das Grundstück beschlagnahmt wurden (§ 865 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

  • Das Zubehör eines Grundstücks im Sinne der §§ 97, 98 BGB kann nicht einzeln gepfändet werden (§ 865 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

In der Klausur kann es darauf ankommen, ob eine Sache deshalb nicht gepfändet werden darf, weil sie zum Haftungsverband einer Hypothek oder einer Grundschuld gehört. Gemäß § 865 Abs. 1 ZPO werden Gegenstände, auf die sich die Hypothek erstreckt, von den Regeln über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfasst. Dabei ist zu beachten, dass dies allgemein gilt, also auch dann, wenn tatsächlich kein Grundpfandrecht besteht.

Der Gläubiger kann auch eine eigene Sache im Gewahrsam des Schuldners pfänden lassen. Dies kommt vor allem beim Eigentumsvorbehalt in Betracht. Hat der Schuldner den Kaufpreis nicht (vollständig) gezahlt, kann der Gläubiger seinen Zahlungstitel auch über die Pfändung der Kaufsache vollstrecken lassen. Dies gilt selbst dann, wenn die Sache eigentlich nach § 811 Abs. 1 Nr. 1, 4, 5, 6 oder 7 ZPO unpfändbar ist (§ 811 Abs. 2 ZPO).

  • Die Verwertung der gepfändeten Sache erfolgt grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung (§ 814 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO), die vor Ort oder im Internet erfolgen kann (Abs. 2).

Der Meistbietende erhält den Zuschlag. Dies führt zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zwischen ihm und dem Staat, vertreten durch den Gerichtsvollzieher (§§ 817 Abs. 1 Satz 3 ZPO iVm § 156 BGB). Der Meistbietende kann aus diesem Vertrag die Übereignung der Sache (Ablieferung) verlangen, muss aber zuvor bzw. bei Ablieferung das Kaufgeld zahlen (§ 817 Abs. 2 ZPO).

Das Kaufgeld nimmt der Gerichtsvollzieher als Versteigerungserlös in Empfang. Gemäß § 819 ZPO geht damit die Gefahr auf den Gläubiger über; teilweise wird auch vertreten, dass damit die titulierte Forderung des Gläubigers bereits erfüllt sei im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB. In jedem Fall muss der Gerichtsvollzieher den Titel und eine Quittung über den Empfang des Versteigerungserlöses an den Schuldner herausgeben (§ 757 Abs. 1 ZPO).

Vom Erlös zieht der Gerichtsvollzieher die Vollstreckungskosten ab. Den verbleibenden Betrag kehrt er an den Gläubiger bis zur Höhe der gesicherten Forderung aus. Dies folgt aus § 815 Abs. 1 ZPO, denn das Pfändungspfandrecht setzt sich im Wege der dinglichen Surrogation am Erlös fort (§ 1247 Satz 2 BGB analog). Macht ein Dritter an der Sache ein Interventionsrecht nach § 771 ZPO geltend, wird das Geld zunächst hinterlegt; der Dritte ist jedoch verpflichtet, binnen zwei Wochen ab Pfändung eine Drittwiderspruchsklage zu erheben (§ 815 Abs. 2 ZPO).

Bei mehreren Gläubigern entscheidet deren Rangverhältnis über die Erlösverteilung. Ein möglicher Restbetrag steht dem Schuldner zu.

- Vollstreckung in Rechte

Die Vollstreckung in Rechte, insbesondere in Geldforderungen, erfolgt ebenfalls durch Pfändung und Verwertung. Dabei können alle Forderungen gepfändet werden, die übertragbar sind (§ 851 Abs. 1 ZPO), auch künftige oder bedingte.

Vollstreckungsorgan ist das Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners als Vollstreckungsgericht (§ 828 Abs. 1 ZPO). Ausführende Person ist wiederum der Rechtspfleger (§ 20 Abs. 1 Nr. 17 RPflG).

Bsp.: G betreibt gegen S die Zwangsvollstreckung aus einem Zahlungstitel. S verfügt über ein Guthaben auf seinem Girokonto bei der B-Bank.

S hat gegen B einen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens aus dem Girovertrag aufgrund eines abstrakten Schuldversprechens der B im Zusammenhang mit der Gutschrift auf dem Konto. Dieser Anspruch kann Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein.

  • Pfändungsbeschluss (§ 829 ZPO)

Die Pfändung erfolgt auf Antrag des Gläubigers durch Beschluss, mit dem

  • dem Drittschuldner (Schuldner des Schuldners) verboten wird, an den Schuldner zu zahlen, und

  • dem Schuldner geboten wird, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten; insbesondere, sie einzuziehen.

Sie ist bewirkt, sobald der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wurde (§ 829 Abs. 3 ZPO).

Im Bsp. erlässt das Vollstreckungsgericht auf Antrag des G einen Pfändungsbeschluss, mit dem der B verboten wird, das Guthaben auf dem Girokonto an S auszahlen. B wird als Drittschuldnerin bezeichnet, weil sie außerhalb des Vollstreckungsverhältnisses zwischen G und S steht und dem S die Erfüllung einer Forderung schuldet. Gleichzeitig ergeht an B das Gebot, nicht über das Guthaben zu verfügen, also es bspw. auf ein anderes Konto zu überweisen.

  • Überweisungsbeschluss (§ 835 ZPO)

Die Vollziehung der Vollstreckung erfolgt durch Erlass eines Überweisungsbeschlusses, der in der Praxis meistens mit dem Pfändungsbeschluss verbunden wird (Pfändungs- und Überweisungsbeschluss – PfÜB). Der Gläubiger muss sich dabei entscheiden, ob er sich die Forderung zur Einziehung beim Drittschuldner überweisen lässt oder sie an Zahlungs statt erwirbt.

  • Im ersten Fall hat er einen Auszahlungsanspruch gegen den Drittschuldner. Seine Vollstreckungsforderung gegen den Schuldner erlischt, sobald er Zahlung vom Drittschuldner erlangt hat. Ggf. kann er hierbei eine Einziehungsklage erheben.

  • Im zweiten Fall gilt der Gläubiger bereits als befriedigt (§ 835 Abs. 2 ZPO), selbst wenn er die Forderung beim Schuldner nicht liquidieren kann. In der Praxis kommt die Überweisung an Zahlungs statt deshalb nur selten vor.

- Vollstreckung in das Anwartschaftsrecht an einer Sache

Die Vollstreckung in das Anwartschaftsrecht des Schuldners an einer Sache erfolgt im Wege der Doppelpfändung.

  • Als Recht des Schuldners unterliegt es zunächst der Rechtspfändung, durch die ein Pfändungspfandrecht an der Sache entsteht.

  • Mit dem Vollrechtserwerb des Schuldners gibt es das Anwartschaftsrecht als solches nicht mehr, so dass auch das Pfändungspfandrecht erlöschen würde. Um das zu verhindern, muss der Gläubiger die Sache selbst pfänden lassen, denn dann setzt sich das Pfändungspfandrecht daran fort.

Im Verhältnis zu anderen Vollstreckungsgläubigern ist für den Rang des Pfändungspfandrechts der Zeitpunkt der Rechtspfändung maßgeblich.


  1. Hierzu Exkurs ZPO II 4.

  2. Hierzu Exkurs ZPO II 4.

  3. BGH IV ZR 184/53