Vollständige einseitige Erledigungserklärung (Behandlung im Urteil)

Aufbau der Prüfung - Vollständige einseitige Erledigungserklärung (Behandlung im Urteil)

In diesem Exkurs wird die vollständige einseitige Erledigungserklärung im Urteil behandelt. Beispiel: A klagt gegenüber B 3.500 Euro ein. Die Klage wird dem B zugestellt, sodass Rechtshängigkeit eintritt. B entscheidet sich, den vollen Betrag an A zu zahlen. Dadurch ist die ursprünglich begründete Klage unbegründet geworden, da durch die Zahlung gemäß § 362 BGB Erfüllung eingetreten ist. A reagiert hierauf, indem er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. B widerspricht der Erledigungserklärung des A.

I. Rubrum

Das Urteil beginnt mit dem Rubrum. An diesem ändert sich durch die einseitige Erledigungserklärung nichts.

II. Tenor

Der Tenor gliedert sich dann in Hauptsacheentscheidung, Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit.

1. Hauptsachetenor

Im Hauptsachetenor ist zu berücksichtigen, dass die einseitige Erledigungserklärung dazu führt, dass sich die ursprüngliche Leistungsklage in eine Feststellungsklage umwandelt. Der Antrag des A ist mithin darauf gerichtet, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Dementsprechend lautet der Hauptsachetenor bei Stattgabe: „Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.“ Wird die Klage abgewiesen, lautet der Tenor: „Die Klage wird abgewiesen.“

2. Kostentenor

Bei der Kostenentscheidung ergeht wie üblich nach den §§ 91 ff. ZPO.

3. Vorläufige Vollstreckbarkeit

Auch die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich wie üblich nach den §§ 708 ff. ZPO. Allerdings sind nur die Kosten vollstreckbar.

III. Tatbestand

Der Tatbestand wird in seiner Grundstruktur wie üblich aufgebaut. Der Tatbestand beginnt mit dem Einleitungssatz. Hierbei kann auf den Umstand der einseitigen Erledigungserklärung hingewiesen werden. Das Unstreitige und der streitige Klägervorbringen werden wie üblich dargestellt. Hieran schließt sich die antragsbezogene Prozessgeschichte an, in deren Rahmen die einseitige Erledigungserklärung berichtet werden muss. In die antragsbezogene Prozessgeschichte sind die ursprünglichen Anträge, die Zustellung der Klage, das tatsächlich erledigende Ereignis und die Erledigungserklärung aufzunehmen. Formulierungsbeispiel: „Mit der Klage, bei Gericht eingegangen am (Datum), dem Beklagten zugestellt am (Datum), hat der Kläger ursprünglich beantragt (Wiedergabe des alten Antrags, NICHT eingerückt). Der Beklagte hat hierauf an den Kläger (erledigendes Ereignis). Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.“ Auf die antragsbezogene Prozessgeschichte folgen die Anträge, die eingerückt werden. Formulierungsbeispiel: „Der Kläger beantragt nunmehr festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.“ Nun kann an dieser Stelle, oder zuvor in der kleinen Prozessgeschichte, geschildert werden, dass der Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat. Formulierungsbeispiel: „Der Beklagte hat der Erledigung widersprochen und beantragt, die Klage abzuweisen.“ Dabei wird der Klagabweisungsantrag eingerückt. Auf die Anträge folgt der streitige Beklagtenvortrag. Der Tatbestand endet sodann mit der großen Prozessgeschichte.

IV. Entscheidungsgründe

1. Gesamtergebnis

Die Entscheidungsgründe beginnen mit dem Gesamtergebnis.

2. Zulässigkeit der Klageänderung

Da die einseitige Erledigungserklärung stets eine Klageänderung darstellt, ist nach dem Gesamtergebnis die Zulässigkeit der Klageänderung im Urteilsstil zu prüfen.

3. Zulässigkeit der Feststellungsklage

Hieran schließt sich die Zulässigkeit der Feststellungsklage an. Insbesondere ist im Rahmen der Feststellungsklage das besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO zu berücksichtigen.

4. Begründetheit der Feststellungsklage

Herzstück der Entscheidungsgründe ist die Begründetheit der Feststellungsklage. Die Begründetheit der Feststellungsklage bei der einseitigen Erledigungserklärung prüft man in vier Stufen: Zulässigkeit der ursprünglichen Klage, Begründetheit der ursprünglichen Klage, tatsächlich erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit, das zur nachträglichen Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage führt.

a) Zulässigkeit der ursprünglichen Klage

Zunächst ist somit die Zulässigkeit der ursprünglichen Klage, also der Leistungsklage, nach dem üblichen Schema zu prüfen.

b) Begründetheit der ursprünglichen Klage

Daran schließt sich die Erörterung der Begründetheit der ursprünglichen Klage an. An dieser Stelle ist materiell-rechtlich zu prüfen, ob A gegen B einen Anspruch auf Zahlung der 3.500 Euro hat. Folglich ist die entsprechende Anspruchsgrundlage zu suchen und durchzuprüfen.

c) Tatsächliches erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit

Ferner muss ein tatsächliches erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit gegeben sein. Ein tatsächliches Ereignis ist bei einer Zahlungsklage die Zahlung, bei einer Herausgabeklage die Herausgabe etc. Dieses Ereignis muss zudem nach Rechtshängigkeit eingetreten sein, also zu dem Zeitpunkt, als die Klage dem Beklagten schon zugestellt war.

d) Führt zur Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage

Dieses erledigende Ereignis muss dann zur Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage geführt haben. An dieser Stelle sind dann rechtliche Erwägungen anzustellen. Beispiel: Durch die Zahlung der 3.500 Euro ist die ursprüngliche Klage des A deshalb unbegründet geworden, weil nach § 362 BGB Erfüllung eingetreten ist. Mithin ist der Klageantrag erloschen.

V. Nebenentscheidungen

Im Anschluss sind wie üblich die Nebenentscheidungen zu begründen.

VI. Streitwertbeschluss

Gegebenenfalls hat dann eine Streitwertfestsetzung zu erfolgen.

VII. Unterschrift(en)

Das Urteil schließt mit den Unterschriften der Richter ab.

 

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