Vertragsschluss im Internet

Vertragsschluss im Internet

Bei Vertragsschlüssen im Internet ist zwischen Versandhäusern (Beispiel: Amazon) und Internetauktionen (Beispiel: eBay) zu differenzieren.1

Versandhäuser

Der Vertragsschluss bei Internetangeboten von Versandhäusern wirft keine besonderen Probleme auf. Die Angebotsseiten sind mit einem Versandkatalog vergleichbar. Das Ausstellen der Ware oder Dienstleistung auf der Internetseite ist noch kein verbindliches Angebot, sondern lediglich eine invitatio ad offerendum.2 Das Angebot geht erst vom Kunden aus, wenn er die Ware bzw. Dienstleistung zu den angegebenen Bedingungen bestellt. Die Annahme erfolgt durch den Betreiber der Internetseite. Handelt es sich bei diesem um einen Unternehmer (§ 14 BGB), der sich zum Zwecke des Abschlusses des Vertrages der Telemedien bedient, muss er dem Kunden unverzüglich (vgl. § 121 I 1 BGB) auf elektronischem Wege eine Bestellbestätigung zukommen lassen (§ 312i I 1 Nr. 3 BGB). Diese Bestellbestätigung kann bereits durch entsprechende Auslegung (§§ 133, 157 BGB) als Annahmeerklärung anzusehen sein; regelmäßig wird die Annahme aber erst durch eine gesonderte Mitteilung, dass der Versand erfolgt ist,3 oder in der Zusendung der Ware liegen.

Internetauktionen

Deutlich schwieriger ist die rechtliche Behandlung von Vertragsschlüssen bei Internetauktionen. Beispielhaft mag der Anbieter eBay herangezogen werden. Der BGH sieht in der Freischaltung der „Angebotsseite“ ein verbindliches Angebot an denjenigen, der innerhalb der vorgegebenen Zeit das höchste Gebot abgibt und damit die Annahme erklärt.4 Dieses Angebot steht unter dem Vorbehalt einer nach den eBay-Bedingungen berechtigten Angebotsrücknahme.5

Nach § 145 BGB muss das Angebot „einem anderen“ unterbreitet werden. Das Gesetz geht also von einem Vertragsschluss zwischen unterschiedlichen Rechtssubjekten aus. Deshalb kann der Anbietende nicht wirksam unter einem zweiten eBay-Mitgliedskonto auf seinen eigenen Artikel mitbieten, um so den Preis in die Höhe zu treiben (sog. „Shill Bidding“). Derartige Eigengebote bleiben unberücksichtigt, sodass ein regulärer Bieter sie nicht übertreffen muss, um Meistbietender zu sein.6
§ 156 BGB, der sich mit dem Vertragsschluss bei Versteigerungen befasst und in seinem Satz 1 anordnet, dass der Vertrag bei einer Versteigerung erst durch den Zuschlag zustande kommt, findet auf Internetversteigerungen keine Anwendung.7 Bei eBay erfolgt kein Zuschlag im Rechtssinne, auch nicht durch Zeitablauf, weil dieser eine Willenserklärung nicht ersetzen kann.8
Im Rahmen einer eBay-Auktion abgegebene lückenhafte Erklärungen sind grundsätzlich unter Rückgriff auf die eBay-Bedingungen auszulegen, sofern nicht einer der Teilnehmer erkennbar davon abgerückt war.9


  1. Hier und zum Folgenden: Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 5 Rn. 36 – 39.
  2. BGH, Urt. v. 16.10.2012 – X ZR 37/12, Rn. 14 (Internetseite zur Buchung von Flügen).
  3. BGH, Urt. v. 26.01.2005 – VIII ZR 79/04, NJW 2005, 976.
  4. BGH, Urt. v. 24.08.2016 – VIII ZR 100/15, Rn. 20; BGH, Urt. v. 08.01.2014 – VIII ZR 63/13, Rn. 19; BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53, 54; a. A. Hager, JZ 2001, 786, 788: vorweggenommene Annahme des höchsten Gebots (= Angebots) durch den jeweiligen Bieter. Siehe hierzu den Fall: „Auktion bei eBay“.
  5. BGH, Urt. v. 23.09.2015 – VIII ZR 284/14, Rn. 16 ff.; BGH, Urt. v. 10.12.2014 – VIII ZR 90/14, Rn. 14; BGH, Urt. v. 08.01.2014 – VIII ZR 63/13, Rn. 20.
  6. BGH, Urt. v. 24.08.2016 – VIII ZR 100/15, Ls. 1 u. 2 sowie Rn. 21, 23 f. u, 28.
  7. BGH, Urt. v. 24.08.2016 – VIII ZR 100/15, Rn. 19 u. 34 f.; BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53, 54; BGH Urt. v 07.11.2001 – VIII ZR 13/01, NJW 2002, 363, 364.
  8. BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53, 54.
  9. BGH, Urt. v. 15.02.2017 – VIII ZR 59/16, Rn. 12 f. Siehe hierzu den Fall: „Sofort-Kauf bei eBay“.