Verfahrensrüge (Überblick)

Überblick - Verfahrensrüge

In diesem Exkurs wird die Verfahrensrüge im Überblick dargestellt. Im Rahmen der Verfahrensrüge gilt grundsätzlich ein vierstufiger Aufbau. Liegt eine staatsanwaltschaftliche Revisionsklausur vor ist hingegen ein fünfstufiger Aufbau zu wählen.

1. Gesetzesverletzung

Zunächst kann sich die Verfahrensrüge auf eine Gesetzesverletzung stützen. Diese wird auch Verfahrensverstoß genannt.

a) Absolute Revisionsgründe, § 338 Nr. 1-7 StPO

Unter dem Punkt der Gesetzesverletzung werden zuerst die absoluten Revisionsgründe erörtert. In deren Rahmen ist die Gesetzesverletzung festzustellen bzw. zu prüfen, vgl. § 338 Nr. 1-7 StPO.

b) Relative Revisionsgründe, § 337 StPO

Nach den absoluten Revisionsgründen erfolgt die Prüfung der relativen Revisionsgründe, vgl. §§ 337, 338 Nr. 8 StPO. Einzelheiten zu den absoluten und relativen Revisionsgründen werden in gesonderten Exkursen erläutert.

2. Beweis

In der Verfahrensrüge ist sodann der Beweis der Gesetzesverletzung zu führen.

a) Hauptverhandlungsprotokoll

Wichtigste Beweisquelle ist das Hauptverhandlungsprotokoll, vgl. §§ 273, 274 StPO. Hiermit wird der Beweis üblicherweise zu führen sein. Zu beachten ist dabei, dass das Hauptverhandlungsprotokoll auch negative Beweiskraft entfaltet. Das bedeutet, dass das Fehlen einer Tatsache oder Handlung im Hauptverhandlungsprotokoll dazu führt, dass diese als nicht geschehen gilt. Beispiele: Im Protokoll ist eine Belehrung oder die Verlesung der Anklage nicht aufgeführt. Beides gilt dann als nicht geschehen. Allerdings sind nur wesentliche Förmlichkeiten Gegenstand des Beweises aus dem Urteil. Nicht zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört etwa die Beratung des Gerichts. Umfangreiche Beispiele können dem Kommentar zur StPO entnommen werden.

b) Urteilsgründe

Zweite Möglichkeit, den Beweis der Gesetzesverletzung zu führen, sind die Urteilsgründe. Diese werden in der Regel in der Klausur mit abgedruckt sein.

c) Freibeweis

Hilft dies alles nicht, gilt der Freibeweis. Beispiel: Dienstliche Äußerungen des/der Richter oder des Staatsanwalts.

3. Beruhen

Ist der Beweis der Gesetzesverletzung geführt, ist das sogenannte Beruhen zu prüfen. Danach ist zu fragen, ob das Urteil möglicherweise ohne den Verstoß anders ausgefallen wäre. Das Beruhen wird bei den absoluten Revisionsgründen unwiderleglich vermutet. Bei den relativen Revisionsgründen muss das Beruhen hingegen gesondert geprüft werden. Dies ist auch dem Wortlaut des § 338 StPO zu entnehmen. Dort heißt es „ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen“. Diese Formulierung fehlt in § 337 StPO.

4. Keine Präklusion

Darüber hinaus darf keine Präklusion vorliegen. Die Geltendmachung der Revision darf somit nicht ausgeschlossen sein. Im Hinblick auf die Präklusionsvorschriften wird an dieser Stelle auf die Ausführungen eines gesonderten Exkurs verwiesen.

5. § 339 StPO (bei Revision der Staatsanwaltschaft)

Im Rahmen einer staatsanwaltschaftlichen Klausur ist zudem auf § 339 StPO einzugehen. Legt die Staatsanwaltschaft die Revision zum Nachteil des Angeklagten ein, so kann sie die Revision gemäß dieser Vorschrift nicht auf die Verletzung von Rechtsnormen stützen, die lediglich zugunsten des Angeklagten gegeben sind. Beispiele: §§ 136, 140, 243 V 1 StPO.

 

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