Übereinstimmende Erledigung
1) Übereinstimmende Erledigung
I. Überblick
Erklärt der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, hängt der weitere Verlauf des Prozesses davon ab, wie der Beklagte hierauf reagiert:
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Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung zu, entfällt die Rechtshängigkeit der Klage (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog) und das Gericht entscheidet nur noch über die Kostenverteilung, und zwar durch Beschluss (§ 91a Abs. 1 ZPO). Ob überhaupt und ggf. wann eine Erledigung eingetreten ist, ist unerheblich; das Gericht ist an die Erklärungen der Parteien gebunden.
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Stimmt der Beklagte nicht zu, liegt eine stets zulässige Änderung der ursprünglichen Klage in eine Klage auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits vor. Hierüber entscheidet das Gericht durch Urteil. Für die Kostenentscheidung gelten §§ 91 ff. ZPO. Die Einzelheiten werden im Exkurs zur einseitigen Erledigung erläutert.
II. Erledigungserklärung und Zustimmung
Du siehst, dass es für die Klausurbearbeitung einen entscheidenden Unterschied macht, ob der Beklagte zugestimmt hat oder nicht. Du musst deshalb genau prüfen, ob eine Einwilligung vorliegt. Hierbei musst du zwei Punkte besonders beachten:
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Für die Erledigungserklärungen beider Parteien gilt auch vor dem Landgericht kein Anwaltszwang, da die Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden kann (§§ 91a Abs. 1 Satz 1, 78 Abs. 3 ZPO).
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Hat der Kläger die Erledigung in einem Schriftsatz erklärt und das Gericht diesen Schriftsatz dem Beklagten zugestellt, muss der Beklagten binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Schriftsatzes der Erledigungserklärung widersprechen. Tut er das nicht, gilt seine Zustimmung als erteilt, wenn ihn das Gericht auf diese Folge hingewiesen hat.
III. Kostenentscheidung
Die Kostenentscheidung erfolgt nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstand. Es kommt also darauf an, wer den Prozess gewonnen hätte, wenn nicht für erledigt erklärt worden wäre. Dabei kann auch der Rechtsgedanke des § 93 ZPO herangezogen werden, wenn der Beklagte die Klageforderung erfüllt und der Kläger daraufhin für erledigt erklärt.
Lässt sich der vermeintliche Ausgang des Verfahrens nicht feststellen, weil ohne Erledigungserklärungen eine Beweisaufnahme hätte stattfinden müssen, werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, wenn die beweisbelastete Partei ein taugliches Beweismittel angeboten hat. Eine antizipierte Beweiswürdigung ist unzulässig. Hat dagegen bereits eine Beweisaufnahme stattgefunden, ist sie zu würdigen.
IV. Kostenbeschluss
Der Kostenbeschluss weist einige Besonderheiten gegenüber einem Urteil auf. Insoweit wird auch auf den Kurs zur Urteilsklausur im Exkurs zur Beschluss-Klausur verwiesen.
1. Rubrum
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Statt „Urteil“ heißt es „Beschluss“.
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Beschlüsse ergehen nicht im Namen des Volkes.
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Statt des Datums der letzten mündlichen Verhandlung wird der Tag genannt, an dem der Beschluss ergeht.
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Statt „für Recht erkannt“ heißt es „beschlossen“.
2. Tenor
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Es gibt keinen Tenor zur Hauptsache, da die Rechtshängigkeit entfallen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
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Der Kostentenor weist keine Besonderheiten auf.
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Der Beschluss ist aus sich heraus vollstreckbar und muss deshalb nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden (§§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 91a Abs. 2 ZPO).
3. Gründe
Statt Tatbestand und Entscheidungsgründe enthält ein Beschluss „Gründe“.
a) „I.“**
Unter „I.“ folgt der sog. Sachbericht, der dem Tatbestand entspricht.
- Da es keinen anhängigen Rechtsstreit mehr gibt, erfolgt der Einleitungssatz als Prozessgeschichte im Indikativ Perfekt:
„Die Klägerin hat von der Beklagten Schadensersatz begehrt.“
- Der unstreitige Parteivortrag wird wie im Urteil auch im Indikativ Präteritum dargestellt.
„Die Parteien schlossen am … einen Mietvertrag.“
- Das streitige Vorbringen beider Parteien wird im Indikativ Perfekt eingeleitet, der streitige Vortrag selbst steht im Konjunktiv Perfekt:
„Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe …“
„Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei …“
- Die ursprünglichen Anträge der Parteien und die Erledigungserklärungen werden im Indikativ Perfekt wiedergegeben:
„Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.000,00 Euro zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom … haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.“
b) „II.“**
Unter „II.“ folgt die Begründung der Kostenentscheidung nach Maßgabe des § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO.
„Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, während die Rechtshängigkeit der Hauptsache entfallen ist (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog). Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte, da diese ohne die Erledigungserklärungen in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre.
Der Klägerin stand gemäß § 280 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte in der ursprünglich beantragten Höhe von 5.000,00 Euro zu. (…)“
Im Amtsgerichtsverfahren bedarf der Beschluss einer Rechtsbehelfsbelehrung (sofortige Beschwerde, § 91a Abs. 2 ZPO).