Teilweise Klagerücknahme

Teilweise Klagerücknahme

Nimmt der Kläger die Klage wirksam zurück, entfällt ihre Rechtshängigkeit (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO) und der Kläger muss grundsätzlich die Kosten des Rechtsstreits tragen (Satz 2). Nur auf Antrag des Beklagten entscheidet das Gericht hierüber durch Beschluss. Die vollständige Klagerücknahme hat deshalb allenfalls Klausurrelevanz im Zusammenhang mit der Kostenregelung in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO. Hierzu wird auf die Exkurse zur Erledigung des Rechtsstreits verwiesen.

Ganz anders sieht das aus, wenn der Kläger die Klage nur teilweise zurücknimmt.

I. Relation

In der Relation stellt sich zunächst die Frage: Worüber ist (noch) zu entscheiden.

1. Streitiger Teil

Du prüfst zunächst Zulässigkeit und Begründetheit der Klage in Bezug auf den weiterhin streitigen Teil.

2. Teilrücknahme

Über den vom Kläger zurückgenommenen Teil ergeht nur dann noch eine Sachentscheidung, wenn die Rücknahme unwirksam ist. Das ist dann der Fall, wenn der Kläger sie erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache erklärt hat und der Beklagte seine Einwilligung verweigert (§ 269 Abs. 1 ZPO). § 269 Abs. 1 ZPO geht insoweit der stets zulässigen Klageänderung durch Beschränkung des Antrags nach § 264 Nr. 2 ZPO, nach dem eine Einwilligung gerade nicht erforderlich wäre (str.).

Die mündliche Verhandlung des Beklagten beginnt mit dem Stellen des Klageabweisungsantrags (§ 137 Abs. 1 ZPO).

Die Einwilligung wird nach Absatz 2 fingiert, wenn die Klagerücknahme schriftlich erfolgt ist, dieser Schriftsatz dem Beklagten zugestellt wurde und der Beklagte nicht binnen einer Notfrist von zwei Wochen der Rücknahme widersprochen hat – vorausgesetzt, das Gericht hat ihn über diese Rechtsfolge belehrt.

Vielleicht hat der Kläger für den Fall der Unwirksamkeit der Rücknahme, also hilfsweise, den Verzicht auf den Anspruch erklärt. Auch dann würde eine Sachentscheidung ergehen, nämlich die Klageabweisung durch Verzichts-Teil- und Schlussurteil (§ 306 ZPO).

II. Urteil

1. Tenor

a) Hauptsachetenor

Ist die Teilrücknahme wirksam, ist insoweit die Rechtshängigkeit der Klage entfallen. Gewinnt der Kläger mit dem verbliebenen Antrag vollständig, wäre es deshalb falsch, die Klage im Übrigen abzuweisen.

b) Kosten

Daran, dass der Kläger die Kosten der Rücknahme tragen muss, ändert sich auch bei der Teilrücknahme nichts. Obsiegt er ansonsten, ist also eine Kostenquote zu bilden. Wie das zu geschehen hat, wird nicht einheitlich beantwortet.

Eine Auffassung orientiert sich schlicht am Streitwert der Klage.

Die Gegenansicht wendet das sog. Mehrkostenprinzip an. Danach muss der Kläger die Kosten des Rechtsstreits nur im Verhältnis der Mehrkosten, die durch die ursprünglich höhere Klageforderung entstanden sind, zu den Gesamtkosten des Rechtsstreits tragen.

Bsp.: Die Klägerin verklagt die Beklagte auf Zahlung von 20.000,00 Euro. In der Replik nimmt die Klägerin die Klage in Höhe von 15.000,00 Euro zurück. Die reduzierte Klage ist erfolgreich.

Ausgehend von einem Streitwert von 20.000,00 Euro müsste nach der ersten Auffassung die Kläger 75 Prozent und die Beklagte 25 Prozent der Kosten des Rechtsstreits tragen.

Die Gegenauffassung würde im ersten Schritt die Gesamtkosten des Rechtsstreits errechnen (5.973,50 Euro), im zweiten Schritt prüfen, wie hoch die Kosten wären, wenn die Klägerin von Anfang an nur 5.000,00 Euro eingeklagt hätte (2.517,90 Euro), und im dritten Schritt die entstandenen Mehrkosten (3.455,60 Euro) ins Verhältnis zu den Gesamtkosten setzen. Hieraus würde sich eine Kostenquote von 58 Prozent zur 42 Prozent zulasten der Klägerin ergeben.

Auch wenn mehr für die Anwendung des Mehrkostenprinzips spricht, weil es die Gebührendegression berücksichtigt, solltest du in der Klausur aus Praktikabilitätserwägungen der ersten Ansicht folgen.

b) Vorläufige Vollstreckbarkeit

Die vorläufige Vollstreckbarkeit kann sich nach §§ 708, 709 ZPO richten.

In Betracht kommt aber auch, § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO anzuwenden. Die Kostentragungspflicht des Klägers folgt aus § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und wäre bei vollständiger Rücknahme durch Beschluss ausgesprochen worden (§ 269 Abs. 4 ZPO). In diesem Fall könnte der Beklagte ohne Sicherheitsleistung und ohne Abwendungsbefugnis des Klägers vollstrecken (§§ 794 I Nr. 3, 269 V ZPO). Ein Beschluss nach § 269 Abs. 4 ZPO ergeht vorliegend deshalb nicht, weil über die Kosten des Rechtsstreits einheitlich entschieden werden muss.

2. Tatbestand

Im Tatbestand gibst du die Teilrücknahme in der kurzen Prozessgeschichte vor den zuletzt gestellten Anträgen im Indikativ Perfekt wieder.

3. Entscheidungsgründe

In den Entscheidungsgründen führst du einleitend aus, worüber du entschieden hast.

„Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom … die Klage in Höhe von 15.000,00 Euro mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen hat, war nur noch über den zuletzt gestellten Antrag in Höhe von 5.000,00 Euro zu entscheiden, denn im Übrigen ist der Rechtsstreit als nicht anhängig anzusehen (§ 269 III 1 ZPO).“