Teilanerkenntnis (Behandlung im Gutachten)

Aufbau der Prüfung - Teilanerkenntnis (Behandlung im Gutachten)

Dieser Exkurs behandelt das Teilanerkenntnis im Gutachten. Hierbei sind in der Klausur zwei Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass bereits ein Teil-Anerkenntnisurteil erlassen worden ist. Zum anderen ist es möglich, dass ein solches Teil-Anerkenntnisurteil noch nicht erlassen wurde. Welche Konstellation vorliegt, ist daran zu erkennen, ob sich das Teil-Anerkenntnisurteil bereits in den Akten befindet oder nicht.

A. "Teil-Anerkenntnisurteil und Schlussurteil"

Ist ein Teil-Anerkenntnisurteil noch zu erlassen, lautet die Überschrift „Teil-Anerkenntnisurteil und Schlussurteil“. Der Titel kennzeichnet, dass das Urteil ein Teil-Anerkenntnisurteil enthält und ebenfalls ein Schlussurteil. Es ist auch möglich, das Ganze als „Teil-Anerkenntnisurteil und Urteil zu bezeichnen, um damit zu verdeutlichen, dass beide Urteile gleichzeitig ergehen. In der Klausur ist es unerheblich, für welche Bezeichnung sich der Verfasser entscheidet. Das Gutachten beim Teil-Anerkenntnisurteil gliedert sich in sechs Prüfungspunkte: Auslegung der Anträge, Zulässigkeit der Klageänderung, Zulässigkeit der Klage, objektive Klagehäufung, Begründetheit der Klage und Nebenentscheidungen.

(I. Auslegung der Anträge)

Zunächst sind gegebenenfalls die Anträge auszulegen.

(II. Zulässigkeit der Klageänderung)

Weiterhin ist die Zulässigkeit der Klageänderung zu prüfen, sofern der Fall Veranlassung dazu gibt. Hierzu wird auf die gesonderten Exkurse zur Klageänderung verwiesen.

III. Zulässigkeit der Klage

Erster regelmäßiger Prüfungspunkt im Relationsgutachten ist die Zulässigkeit der Klage. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage ist zwischen dem anerkannten Teil und dem Rest zu unterscheiden. Beispiel: A verklagt B auf Zahlung von 1.000 Euro. B erkennt von diesen 1.000 Euro einen Teilbetrag von 300 Euro an. Bezüglich der Restklage ergeht dann ein Teil-Anerkenntnisurteil. Hinsichtlich der Restklage erfolgt eine Begründetheitsprüfung. In der Zulässigkeit muss insoweit zwischen dem anerkannten Teil unterschieden werden, da auch denkbar ist, dass zwei unterschiedliche Ansprüche bestehen - ein Anspruch auf Herausgabe und ein Anspruch auf Zahlung – und nur einer der beiden Ansprüche anerkannt wird. Hieran ist zu erkennen, dass beide Ansprüche eventuell unterschiedliche Zulässigkeitsvoraussetzungen haben können.

1. Bezüglich anerkannten Teils

In der Zulässigkeit wird somit zunächst der anerkannte Teil geprüft. Die Zulässigkeitsprüfung hat insofern trotz Anerkenntnis zu erfolgen. Beachte: Durch das Anerkenntnis wird auf die verzichtbaren Prozessvoraussetzungen verzichtet. Verzichtbare Prozessvoraussetzungen sind die sachliche und die örtliche Zuständigkeit, soweit sie nicht ausschließlich sind. Die meisten Prozessvoraussetzungen sind nicht verzichtbar, wie beispielsweise die entgegenstehende Rechtskraft. Für die sachliche Zuständigkeit ist der Betrag des Teilanerkenntnisses mit dem Wert der Restklage zu addieren. Dies gilt, um unterschiedliche Zuständigkeiten für das Teilanerkenntnis und die Restklage zu vermeiden.

2. Bezüglich Rest-Klage

Bezüglich der Restklage erfolgt die übliche Zulässigkeitsprüfung.

(IV. Objektive Klagehäufung, § 260 ZPO)

Gegebenenfalls schließt sich an die Zulässigkeitsprüfung die objektive Klagehäufung nach § 260 ZPO an.

V. Begründetheit der Klage

Sodann erfolgt die Begründetheitsprüfung. Auch hier ist zwischen anerkanntem Teil und Restklage zu unterscheiden.

1. Bezüglich anerkannten Teils

Hinsichtlich des anerkannten Teils erfolgt keine Begründetheitsprüfung. Erkennt der Beklagte den Anspruch an, kann der Richter nicht von sich aus prüfen, ob der Anspruch vielleicht doch nicht besteht.

2. Bezüglich Rest-Klage

Bezüglich der Restklage wird die Begründetheit wie üblich geprüft.

VI. Nebenentscheidungen

Zuletzt sind die Nebenentscheidungen zu treffen. Die Kostenentscheidung ergeht wie üblich. Beachte: Gegebenenfalls liegt ein sofortiges Anerkenntnis  gemäß § 93 ZPO, sodass insoweit dem Kläger die Kosten aufzuerlegen sind. Der Ausspruch über die sofortige Vollstreckbarkeit hat bezüglich anerkanntem Teil und Restklage getrennt zu erfolgen. Im Hinblick auf das Anerkenntnis ergeht die Entscheidung nach § 708 Nr. 1 ZPO. Bezüglich des Restes ergeht die Entscheidung nach § 708 ZPO oder § 709 ZPO.

B. "Schlussurteil"

Für den Fall, dass das Teil-Anerkenntnisurteil bereits ergangen ist, lautet die Überschrift „Schlussurteil“. Dies mag in manchen Bundesländern variiert gehandhabt werden. Der Aufbau des Gutachtens gleicht dem der Konstellation, in welcher das Teil-Anerkenntnisurteil noch nicht erlassen worden ist.

(I. Auslegung der Anträge)

Gegebenenfalls ist somit zuerst der Antrag auszulegen.

(II. Zulässigkeit der Klageänderung)

Gibt es Veranlassung dazu, ist weiterhin die Zulässigkeit der Klageänderung zu prüfen. Das Anerkenntnis ist keine Klageänderung, sondern eine Prozesshandlung.

III. Zulässigkeit der Klage

Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage ist wiederum zwischen anerkanntem teil und Restklage zu unterscheiden.

1. Bezüglich anerkannten Teils

Insbesondere ist zu erkennen, dass ein Teil-Anerkenntnisurteil bereits ergangen ist, sodass diesbezüglich keine Zulässigkeitsprüfung mehr zu erfolgen hat. Denn im Teil-Anerkenntnisurteil wurde die Zulässigkeit der Klage schon von Amts wegen geprüft.

2. Bezüglich Rest-Klage

Im Hinblick auf die Restklage erfolgt eine normale Zulässigkeitsprüfung.

(IV. Objektive Klagehäufung, § 260 ZPO)

Liegen mehrere Anträge vor, ist ferner die objektive Klagehäufung zu prüfen.

V. Begründetheit der Klage

Auch im Rahmen der Begründetheit ist zwischen anerkanntem Teil und Restklage zu differenzieren.

1. Bezüglich anerkannten Teils

Hinsichtlich des anerkannten Teils erfolgt keine Begründetheitsprüfung, da es bereits ein Teil-Anerkenntnisurteil gibt und bei einem Anerkenntnis ohnehin keine Begründetheitsprüfung erfolgt, da dem Richter das Prüfungsrecht mit dem Anerkenntis genommen wird.

2. Bezüglich Rest-Klage

Die Begründetheit der Restklage wird wie üblich geprüft.

VI. Nebenentscheidungen

Nach Abschluss der Begründetheitsprüfung gelangt der Verfasser zu den Nebenentscheidungen. Die Kostenentscheidung erfolgt wie üblich. Es ist jedoch zu beachten, dass die Kostenentscheidung im Hinblick auf den ganzen Rechtsstreit getroffen wird. Sie umfasst somit die Kosten des gesamten Rechtsstreits. Der Hintergrund ist, dass das Teil-Anerkenntnisurteil keine Kostenentscheidung enthält, damit eine einheitliche Kostenentscheidung gewährt werden kann. Gegebenenfalls ist darüber hinaus § 93 ZPO zu berücksichtigen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit wird nur in Bezug auf die Restklage geprüft. Sie richtet sich nach der Höhe der Klageforderung, vgl. §§ 708, 709 ZPO. Dies liegt daran, dass das vorangegangene teil-Anerkenntnisurteil bereits einen Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit enthält.

 

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