Teil- und Schlussurteil
21) Teil- und Schlussurteil
Bis hierher ging es immer um ein „normales“ Urteil im ordentlichen Verfahren. Es gibt aber viel mehr.
Mit dem Teil- und Schlussurteil kannst du in der Klausur in drei Konstellationen in Berührung kommen:
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Nur ein Teil des Rechtsstreits ist entscheidungsreif. Es geht also um den Erlass eines Teilurteils.
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In der Akte befindet sich bereits ein Teilurteil. Nunmehr ist auch der noch offene Teil des Rechtsstreits entscheidungsreif. Hier geht es um ein Schlussurteil. Bestes Beispiel ist hier die Stufenklage.
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Der gesamte Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Über einen abgrenzbaren Teil entscheidest du aber nicht durch ordentliches Urteil.
- Teilurteil (§ 301 ZPO)
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Voraussetzungen
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Ein abgrenzbarer Teil eines einheitlichen Streitgegenstands oder einer von mehreren Streitgegenständen ist entscheidungsreif.
Nach § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO muss in der ersten Variante ein Teil- und Grund-Urteil ergehen, wenn Grund und Höhe streitig sind.
Die zweite Variante ist die häufigere und kommt bei Klage und Widerklage sowie bei Klagehäufung in Betracht.
- Es muss sicher sein, dass im weiteren Prozessverlauf keine Entscheidung ergehen kann, die im Widerspruch zum Teilurteil steht, auch nicht im Berufungsverfahren.
Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGH VIII ZR 323/18 Rn. 18). Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche etwa dann, wenn zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht Hierzu kann es auch bei Klagen gegen mehrere Personen (subjektive Klagehäufung) kommen (BGH VIII ZR 323/18 Rn. 19).
Bsp:
- Abfassen des Teilurteils
Beim Abfassen des Teilurteils musst du einige Besonderheiten beachten:
- Rubrum
Im Rubrum ist es wichtig, dass du das Urteil auch als Teilurteil bezeichnest.
- Tenor
Bei der Tenorierung musst du wissen, dass im Teilurteil keine Kostenentscheidung erfolgt. Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Kosteneinheit. Das Gericht entscheidet über die gesamten Kosten des Rechtsstreits einheitlich. Das geht zwangsläufig erst am Ende der Instanz.
Damit auch der Korrektor erkennt, dass du die Kostenentscheidung nicht nur vergessen hast, schreibst du Folgendes:
„Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.“
Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Teilurteils ordnest du natürlich nur an, wenn es einen vollstreckbaren Inhalt hat. Hast du lediglich einen Teil der Klage abgewiesen, ist das nicht der Fall, da es keine Kostenentscheidung gibt, aus der der Beklagte vollstrecken könnte.
- Tatbestand
Dein Tatbestand des Teilurteils bezieht sich auf den Teil der Klage, über den du entschieden hast. Zu den verbleibenden Teilen schreibst du nur dann etwas, wenn es für das Verständnis deiner Entscheidung nötig ist. Ansonsten deutest du diesen Teil nur an.
- Entscheidungsgründe
In den Entscheidungsgründen musst du klarstellen, woraus sich dein Teilurteil bezieht und worauf nicht. Das ist wichtig, um den Umfang der Rechtskraft bestimmen zu können.
- Abfassen des Schlussurteils
Befindet sich ein Teilurteil in der Klausur-Akte und ist der Rechtsstreit vollständig entscheidungsreif, entscheidest du durch Schlussurteil. Dabei bist du grundsätzlich an das Teilurteil gebunden (§ 318 ZPO). Eine Ausnahme gilt aber bspw. für die Stufenklage: Hier erwächst die Verurteilung auf der ersten Stufe nicht in Rechtskraft und entfaltet auch keine Bindungswirkung für den Grund des auf der dritten Stufe verfolgten Herausgabe- oder Zahlungsanspruchs (BGH X ZR 119/15 Rn. 13).
- Rubrum
Auch hier kommt es auf die richtige Bezeichnung des Urteils als Schlussurteil an.
- Tenor
Im Tenor zur Hauptsache musst du ggf. zum Tenor des Teilurteils abgrenzen.
„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 4.000 Euro zu zahlen.“
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie den durch Teilurteil vom … zuerkannten Betrag übersteigt.“
Im Schlussurteil entscheidest du darüber, wer die Kosten des Rechtsstreits trägt. Hier gibt es keine Besonderheiten. Dasselbe gilt für den Tenor zur vorläufigen Vollstreckbarkeit.
- Tatbestand
Im Tatbestand gibst du den Inhalt des Teilurteils in der kurzen Prozessgeschichte vor den Anträgen wieder und führst anschließend die zuletzt gestellten Anträge auf.
„Mit Teilurteil vom … hat das Gericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 5.000,00 Euro zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht mit Urteil vom … zurückgewiesen.
Der Kläger beantragt zuletzt,“
(…)
- Entscheidungsgründe
Für deine Entscheidungsgründe gelten keine Besonderheiten.
- einheitliches Teil- und Schlussurteil
Teil- und Schlussurteil können auch einheitlich ergehen, und zwar immer dann, wenn du über einen Teil des Rechtsstreits durch eine besondere Urteilsart entscheidest.
Die wichtigsten Anwendungsfälle sind:
- Anerkenntnis-Teil- und Schlussurteil
Der Beklagte erkennt einen Teil der Klageforderung an. Hier kombinierst du das Anerkenntnisurteil aus § 307 ZPO mit dem Urteil über den streitigen Rest. Da du einheitlich über die Kosten des Rechtsstreits entscheiden musst, wäre es falsch, zwei getrennte Urteile abzufassen. In der Kostenentscheidung prüfst du, wer die Kosten des Teilanerkenntnisses trägt – denke hier auch an § 93 ZPO – und wer die Kosten des streitigen Teils trägt. Hieraus bildest du einen einheitliche Kostentenor.
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Verzichts-Teil- und Schlussurteil
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Versäumnis-Teil und Schlussurteil.