Sonderfall - Schweigen

Sonderfall – Schweigen

Im Rahmen der Willenserklärung kann das Schweigen als Sonderfall auftauchen. Dabei geht es um die Frage, ob Schweigen im Zivilrecht irgendeine Bedeutung hat, insbesondere ob ein Angebot auch durch Schweigen angenommen werden kann.

I. Grundsatz: Keine Bedeutung

Grundsätzlich bedeutet Schweigen nichts. Schweigen meint somit weder „Ja“ noch „Nein“. Beispiel: Wenn A dem B einen Schönfelder zum Kauf anbietet und B antwortet mit Schweigen, sagt also nichts dazu, dann heißt das weder, dass B das Angebot annimmt, noch dass B es ablehnt. Wenn B den Daumen aufreckt und damit zum Ausdruck bringt, dass er das Angebot annehmen möchte, liegt bereits kein Fall des Schweigens vor, sondern eine Willenserklärung durch schlüssiges Verhalten.

II. Ausnahme: Bedeutung

Ausnahmsweise kann Schweigen auch Bedeutung haben.

1. "Nein"

Wenn Schweigen überhaupt mit Bedeutung belegt ist, dann meistens mit der Bedeutung „Nein“, also im Sinne einer Ablehnung. Beispiel: §§ 108 II, 177 II BGB. Wenn ein Minderjähriger eine Willenserklärung abgibt, die für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, und die Eltern aufgefordert werden, das Rechtsgeschäft zu genehmigen, und diese darauf nicht reagieren, dann fingiert § 108 II BGB mit Ablauf einer bestimmten Zeit, dass dieses Schweigen „Nein“ bedeutet. Ähnliches gilt beim Vertreter ohne Vertretungsmacht. Wenn der Vertragspartner den Vertretenen auffordert, das Geschäft zu genehmigen, und ihm eine bestimmte Frist setzt, innerhalb welcher der Vertretene nicht antwortet, dann wird ebenfalls davon ausgegangen, dass das Schweigen „Nein“ bedeutet.

2. "Ja"

Im Ausnahmefall kann ein Schweigen auch „Ja“ bedeuteten. Dies lässt sich beispielsweise vertraglich vereinbaren. Beispiel: A und B vereinbaren, dass, immer wenn A dem B ein Angebot macht, der B es annimmt. Jetzt bietet A dem B einen Schönfelder zum Kauf an und B schweigt daraufhin, dann bedeutet dies die Annahme des Angebots. Dies setzt jedoch immer eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen den Parteien voraus; eine solche Rahmenvereinbarung kann nicht einseitig vorgegeben werden. Im BGB befindet sich für den Schenkungsvertrag in § 516 II BGB eine Regelung, wonach Schweigen "Ja" bedeutet. Man geht hierbei davon aus, dass ein Schenkungsangebot derart positiv ist, dass im Zweifel ein Schweigen „Ja“ bedeutet. Eine weitere Ausnahme existiert im Handelsrecht nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens. Wenn also ein Kaufmann nach den §§ 1 bis 6 HGB beteiligt ist, dann gelten verschärfte Regeln, da kann ein Schweigen auf ein solches Bestätigungsschreiben auch einmal „Ja“ bedeuten.

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