Schadensersatzpflicht des Anfechtenden, § 122 BGB
Aufbau der Prüfung - Schadensersatzpflicht des Anfechtenden, § 122 BGB
Die Schadensersatzpflicht des Anfechtenden ist in § 122 BGB normiert. Beispiel: A unterbreitet B ein Angebot zum Kauf eines Opel Rekord zum Preis von 10.000 Euro. In Wahrheit hat A jedoch im Sinn, einen Opel Kadett zu kaufen. B stimmt dem Angebot des A zu. Der Wert des Fahrzeugs beträgt 8.000 Euro. B hatte zudem einen Abkäufer X, der 15.000 Euro für den Opel Rekord bezahlt hätte. Nun verlangt B den Kaufpreis von A und dessen Irrtum fliegt auf. Deshalb erklärt A dem B gegenüber die Anfechtung, §§ 142, 119 ff. BGB. B ist verstimmt, da er das Fahrzeug für 15.000 Euro an X hätte verkaufen können, und verlangt daher Schadensersatz von A in Höhe von 7.000 Euro, der Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert des PKW und dem Kaufpreis, welchen der X gezahlt hätte. Die Schadensersatzpflicht des Anfechtenden gemäß § 122 BGB hat vier Voraussetzungen: Scherzerklärung oder Irrtumsanfechtung, Anspruchsberechtigter, Schaden und kein Ausschluss.
I. Scherzerklärung bzw. Irrtumsanfechtung, §§ 118, 119 BGB
Zunächst muss ein Fall vorliegen, in welchem die Willenserklärung von vornherein nichtig ist, vgl. § 118 BGB, oder nichtig geworden ist, vgl. § 119 BGB. Im vorliegenden Fall ist eine Irrtumsanfechtung aufgrund eines Erklärungsirrtums nach § 119 I 2. Fall BGB gegeben.
II. Anspruchsberechtigter
Fraglich ist sodann, wer einen solchen Schadensersatzanspruch geltend machen kann, wer also Anspruchsberechtigter ist. § 122 BGB regelt für den Fall der empfangsbedürftigen Willenserklärung, wie beispielsweise Angebot und Annahme beim Kaufvertrag, dass Anspruchsberechtigter der Erklärungsempfänger ist. Hier hat A dem B ein Angebot zum Kauf eines Opel Kadett gemacht. Erklärungsempfänger und damit Anspruchsberechtigter ist somit der B. Bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung (Testament, Auslobung) ist jeder Dritte Anspruchsberechtigter.
III. Schaden
Weiterhin ist für den Schadensersatzanspruch das Vorliegen eines Schadens erforderlich. Im Rahmen des § 122 BGB besteht die Besonderheit darin, dass das negative Interesse zu ersetzen ist, welches auch Vertrauensschaden genannt wird. Der Anspruchsberechtigte ist danach so zu stellen, als hätte er nie von dem Vertragsschluss gehört. Bezogen auf den hiesigen Fall bedeutet das, dass der B, wenn er nie von dem Angebot des A gehört hätte, ein Fahrzeug im Wert von 8.000 Euro für 15.000 Euro verkauft hätte. Eigentlich hätte B hiernach einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 7.000 Euro. Allerdings ergibt sich aus § 122 BGB, dass das negative Interesse durch das positive Interesse begrenzt wird. Das positive Interesse ist das Interesse, das der Anspruchsberechtigte an dem Vertragsschluss hat. Er ist mithin so zu stellen, als wäre der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden. Wäre der Vertragsschluss nicht von A angefochten worden, so hätte B ein Fahrzeug im Wert von 8.000 Euro für 10.000 Euro verkauft. Das positive Interesse wäre danach auf 2.000 Euro zu beziffern. Mithin hätte B gegen A lediglich einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 2.000 Euro.
IV. Kein Ausschluss
Zuletzt darf der Schadensersatzanspruch nicht ausgeschlossen sein, vgl. § 122 II BGB. Der Anspruch ist immer dann ausgeschlossen, wenn der Anspruchsberechtigte Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Nichtigkeit nach § 118 BGB oder der Anfechtbarkeit nach § 119 BGB hat. Hätte B von dem Irrtum des A gewusst, könnte er nach der Anfechtungserklärung keinen Schadensersatzanspruch nach § 122 BGB geltend machen.
Beachte: § 122 BGB setzt kein Verschulden voraus.