Redlicher Besitzer - Nutzungsherausgabe

Aufbau der Prüfung - Redlicher Besitzer – Nutzungsherausgabe

I. Grundsatz

Ein redlicher Besitzer haftet grundsätzlich nicht auf Nutzungsherausgabe. Beispiel: A hat ein Auto. B stiehlt dem A das Auto und verkauft und übereignet das Auto an den gutgläubigen C. C fährt mit dem Auto 1.000 km. A verlangt nun neben der Herausgabe des Fahrzeugs von C auch Nutzungsherausgabe, also Ersatz für die gefahrenen Kilometer.

A. § 987 BGB

Ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe könnte sich zunächst aus § 987 BGB ergeben. Diese Norm setzt zunächst eine Vindikationslage voraus. Hier ist A Eigentümer, C ist Besitzer und hat auch aufgrund des Abhandenkommens der Sache kein Eigentum an dem Fahrzeug erlangt. Ebenfalls hat C kein Recht zum Besitz. Jedoch setzt dieser Anspruch auf Nutzungsherausgabe voraus, dass C schon verklagt war und dann 1.000 Kilometer gefahren ist. Dies ist hier jedoch nicht gegeben.

B. § 988 BGB

Ein redlicher Besitzer könnte jedoch nach § 988 BGB auf Nutzungsherausgabe haften. Hiernach muss jedoch die Unentgeltlichkeit des Besitzes vorliegen. C hat das Auto jedoch von B gekauft, sodass auch diese Anspruchsgrundlage scheitert.

C. §§ 990 I, 987 BGB

Weiterhin könnte C als redlicher Besitzer nach den §§ 990 I, 987 BGB auf Nutzungsherausgabe haften. Diese Normen setzen jedoch die Bösgläubigkeit des Besitzers voraus.

D. § 993 I BGB

Nach § 993 I BGB kommt ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe für den Fall, dass ein redlicher Besitzer vorliegt, im Falle von Übermaßfrüchten in Betracht. Solche Übermaßfrüchte sind jedoch nicht gegeben.

E. §§ 812  1 2. Fall, 818 I BGB

Nun könnte man überlegen, ob C als redlicher Besitzer nach dem Bereicherungsrecht zur Nutzungsherausgabe verpflichtet ist. Hier ist jedoch bereits die Anwendbarkeit aufgrund der Sperrwirkung des EBV gemäß § 993 I a.E. BGB zu verneinen. A hat gegen C somit keine Ansprüche auf Nutzungsherausgabe.

II. Ausnahme

Ausnahmsweise haftet auch ein redlicher Besitzer auf Nutzungsherausgabe in den Fällen des unentgeltlichen Besitzes gemäß § 988 BGB und in den Fällen der Übermaßfrüchte. Fall: Wie oben, nur dass C das Auto von B geschenkt bekommen hat.

1. § 988 BGB

I. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

§ 988 BGB setzt zunächst eine Vindikationslage zum Zeitpunkt der Nutzungen voraus.

II. Redlicher Besitzer

Weiterhin muss ein redlicher Besitzer vorliegen.

III. Unentgeltlicher Besitz

Ferner verlangt dieser Anspruch auf Nutzungsherausgabe einen unentgeltlichen Besitz. Hier hat C das Auto geschenkt bekommen und ist damit ein redlicher, unentgeltlicher Besitzer.

IV. Nutzungen

Zuletzt müssen auch Nutzungen i.S.d. § 100 BGB vorliegen. Damit sind auch Gebrauchsvorteile erfasst, wie hier die 1.000 Kilometer Fahrt mit dem Auto.

V. Rechtsfolge: Verweis auf §§ 812 ff. BGB

Als Rechtsfolge verweist § 988 BGB auf die §§ 812 ff. BGB. Dies ist ein Rechtsfolgenverweis, der den Umfang des Anspruchs betrifft.

2. § 993 I BGB

Ebenfalls kann ein redlicher Besitzer auf Nutzungsherausgabe nach § 993 I BGB haften. Beispiel: A hat eine Kuh. B stiehlt die Kuh und verkauft und übereignet die Kuh an C. C melkt die Kuh so ausgiebig, dass mehr Milch als üblich fließt. Auch dieser Anspruch auf Nutzungsherausgabe setzt eine Vindikationslage voraus und fordert, dass ein redlicher Besitzer vorliegen muss. Weiterhin verlangt § 993 I BGB, dass Übermaßfrüchte gezogen wurden. Dies ist hier der Fall, wenn C als redlicher Besitzer mehr Milch erhält, als bei normalem Wirtschaften üblich ist. Auch hier gilt ein Rechtsfolgenverweis auf das Bereicherungsrecht hinsichtlich des Umfangs der Nutzungsherausgabe.

 

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