Rechtswidrigkeit des Eingriffs beim (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch

Aufbau der Prüfung - Rechtswidrigkeit des Eingriffs beim (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch

Beim (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch ist die Rechtswidrigkeit des Eingriffs Anspruchsvoraussetzung. Die Rechtswidrigkeit des Eingriffs ist beim (Vollzugs-) Folgenbeseitigungsanspruch dann gegeben, wenn keine Duldungspflicht besteht. An dieser Stelle ist zwischen dem Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch und dem einfachen Folgenbeseitigungsanspruch zu unterscheiden. Je nachdem, ob ein Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch oder ein einfacher Folgenbeseitigungsanspruch vorliegt, kommen unterschiedliche Duldungspflichten in Betracht. 

I. Beim Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch

Beim Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch wird hinsichtlich der Duldungspflicht an den zugrunde liegenden Verwaltungsakt angeknüpft. Hier gibt es drei Möglichkeiten wie die Duldungspflicht entfallen kann und eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs besteht.

1. Verwaltungsakt nichtig

Zunächst kann der Verwaltungsakt nichtig sein. Daraus folgt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs. Beispiel: Es ist Sommer und A hat bereits alle Urlaubsziele dieser Welt bereist. A langweilt sich und entwickelt ein Sozialexperiment. Er möchte gerne wissen, wie es ist, bei den Armen zu leben. B wohnt in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit vier Kindern. A findet einen Mitarbeiter der Sozialbehörde, der in für drei Monate in die Wohnung der B einweist. Dieser Verwaltungsakt ist offenkundig und schwerwiegend fehlerhaft und somit nichtig, sodass die Duldungspflicht entfällt und eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs besteht.

2. Verwaltungsakt erledigt

Weiterhin kann sich der Verwaltungsakt erledigt haben und dadurch eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs entstehen. Beispiel: Es ist Winter und bitterkalt. A und seine Familie sind obdachlos. In der ganzen Stadt gibt es keine freie Obdachlosenunterkunft. A und seine Familie werden für drei Monate in eine zu Spekulationszwecken leer stehende Wohnung des B eingewiesen. Nach Ablauf der drei Monate gefällt es A so gut, dass er mit seiner Familie bleibt. B muss nicht dulden, dass A und seine Familie über den ursprünglichen Einweisungszeitraum in der Wohnung verbleibt. Denn der Verwaltungsakt hat sich mit Zeitablauf erledigt, sodass eine Rechtswidrigkeit des Eingriffs gegeben ist.

3. Verwaltungsakt rechtswidrig und Anfechtung

Zuletzt entfällt die Duldungspflicht, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und erfolgreich angefochten wurde. Auch dann ist die Rechtswidrigkeit des Eingriffs gegeben. Beispielsfall: Wie oben. Jedoch übersieht die Behörde, dass in einem Vorort eine freie Obdachlosenunterkunft existiert. Die Einweisung des A und seiner Familie ist deshalb zwar fehlerhaft, jedoch nicht so schwerwiegend fehlerhaft, dass sie nichtig ist. Sie ist somit rechtswidrig, aber wirksam. B muss folglich zunächst dulden, dass A und seine Familie in der Wohnung verbleiben. Allerdings kann B die Verfügung anfechten. Wird die Einweisungsverfügung aufgehoben, entfällt die Duldungspflicht und B kann aufgrund der Rechtswidrigkeit des Eingriffs verlangen, dass die Behörde die Familie ausweist. Um Die Ausweisung durch die Behörde zu erreichen, muss er einen Annexantrag gemäß § 113 I 2 VwGO stellen. Dies ist ein gesetzlich geregelter Fall der Klagehäufung. Bei einem einfachen Folgenbeseitigungsanspruch kann hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Eingriffs nicht an einen Verwaltungsakt angeknüpft werden. 

II. Beim einfachen Folgenbeseitigungsanspruch

Duldungspflichten ergeben sich bei einem einfachen Folgenbeseitigungsanspruch aus Spezialgesetz oder allgemeinem Gesetz. Besteht keine Pflicht zur Duldung, liegt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs auch bei einem einfachen Folgenbeseitigungsanspruch vor.

1. Spezialgesetzlich

Beispiel für eine spezialgesetzliche Duldungspflicht beim Folgenbeseitigungsanspruch: § 126 BauGB. Danach ist der Eigentümer eines Grundstücks beispielsweise verpflichtet, die Errichtung einer Straßenlaterne auf seinem Grundstück zu dulden.

2. Allgemeingesetzlich

Beispiel für eine Duldungspflicht aus allgemeinem Gesetz beim Folgenbeseitigungsanspruch: § 906 BGB analog. § 906 BGB regelt das private Nachbarschaftsverhältnis. Insbesondere wird geregelt, was der Grundstückseigentümer erdulden muss, wenn es um Einwirkungen seitens des Nachbarn geht. Aus Sicht des Betroffenen macht es keinen Unterschied, ob er von einem privaten Nachbarn oder von einem Hoheitsträger gestört wird. Daraus folgt die analoge Anwendung der Norm im öffentlichen Recht beim Folgenbeseitigungsanspruch. Im Rahmen der Ehrverletzungsfälle kann eine Duldungspflicht beim Folgenbeseitigungsanspruch aus § 193 StGB folgen.
 

 

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