Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen

Aufbau der Prüfung - Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen

Im Rahmen der Ordnungspflichtigkeit stellt sich auch die Frage nach der Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung und stirbt kurz darauf. Nun stellt sich die Frage, ob sein Rechtsnachfolger R das Haus abreißen muss. Die Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen setzt zwei Dinge voraus, den Übergangstatbestand und die Übergangsfähigkeit.

I. Übergangstatbestand

Ein Beispiel für einen Übergangstatbestand ist die Gesamtrechtsnachfolge im Todesfalle des § 1922 BGB. Nicht erfasst ist dagegen der Fall der Einzelrechtsnachfolge, beispielsweise die Übertragung von beweglichem und unbeweglichem Eigentum nach den §§ 929 ff., 873, 925 BGB. Beispiel: Wird A Adressat einer Abrissverfügung und verkauft sodann sein Haus, so soll er es nicht in der Hand haben, die Verpflichtung zum Abriss mit dem Verkauf an jemand anderen zu übertragen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass öffentlich-rechtliche Pflichten nicht disponibel sind.

II. Übergangsfähigkeit

Ob auch die Übergangsfähigkeit gegeben ist, hängt davon ab, ob die Pflicht höchstpersönlich ist oder nicht. Ist die Pflicht nicht höchstpersönlich, so geht sie auf den Rechtsnachfolger über. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Zudem wird ihm angedroht, dass sein Haus abgerissen werde, wenn er nicht alsbald der Abrissverfügung nachkomme. Nun stirbt A. Es stellt sich somit die Frage, ob die Maßnahmen, die gegenüber A ergangen sind, auf seinen Rechtsnachfolger übergehen. Hierzu ist anzumerken, dass die Androhung des Zwangsmittels nicht auf den Rechtsnachfolger des A übergeht, da ihr ein höchstpersönlicher Hinweis- und Beugecharakter innewohnt. Ob die Abrissverfügung auf den Rechtsnachfolger übergeht, hängt hingegen davon ab, ob der A Zustands- oder Verhaltensstörer war.

1. Zustandsstörer

Zustandsstörer ist der Eigentümer der Sache, von der die Gefahr ausgeht. Im obigen Fall ist der A Eigentümer des Hauses. Trotz seines Todes verbleibt die Verfügung gewissermaßen an dem Haus, da die Verfügung objektgebunden ist. Damit geht eine Verfügung, die an die Zustandsverantwortlichkeit eines Rechtsvorgängers anknüpft, ohne weiteres auf den Rechtsnachfolger über. Der R muss somit der Verfügung nachkommen; eine neue Verfügung gerichtet gegen den R ist nicht erforderlich. Auch wenn der R nun Eigentümer des Hauses ist und damit selbst Adressat einer Verfügung werden könnte, ist es für die Behörde einfacher, wenn die bereits erlassene Abrissverfügung nunmehr automatisch auch gegenüber dem Rechtsnachfolger gilt.

2. Verhaltensstörer

Ist der Rechtsvorgänger hingegen Verhaltensstörer, könnte der Gedanke entstehen, dass die Verfügung, die an dieses Verhalten anknüpft, höchstpersönlich ist. Dem ist jedoch nicht so. Auch hier liegt Übergangsfähigkeit vor, sofern das abgeforderte Verhalten vertretbar und damit nicht höchstpersönlich ist. Mithin wird nicht auf das Verhalten abgestellt, welches die Verfügung ausgelöst hat, sondern auf das Verhalten, das erforderlich ist, um die Störung zu beseitigen. Beispiel: Begeht A eine Straftat und verstirbt im Gefängnis während der Verbüßung seiner Haftstrafe, so muss sein Rechtsnachfolger natürlich nicht die Haftstraße des A absitzen. Denn die Strafe knüpft an die individuelle Vorwerfbarkeit an und verfügt daher über einen höchstpersönlichen Charakter. Im öffentlichen Recht steht hingegen die Effektivität der Gefahrenabwehr im Mittelpunkt, sodass der Verfügung gegen den Verhaltensstörer kein Strafcharakter innewohnt. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass der Verhaltensstörer effektiv die Gefahr beseitigen kann. Aus diesem Grund ist die Verhaltensstörerschaft per se nicht höchstpersönlich. Allerdings gibt es Fälle, in denen das abgeforderte Verhalten höchstpersönlich ist und die Verfügung aus diesem Grund nicht übergehen kann. Beispiel: A wird Adressat einer Verfügung, in welcher er aufgefordert wird, bestimmte Informationen preiszugeben, die nur A selbst kennt. Nun stirbt A. Da R die Informationen nicht hat, kann die Verfügung auch nicht auf ihn übergehen. Der Abriss eines Hauses kann hingegen auch durch den Rechtsnachfolger vorgenommen werden, sodass eine solche Verfügung mangels höchstpersönlicher Pflicht unproblematisch übergehen kann.

Beachte: Es gibt Sondervorschriften, welche die Übergangsfähigkeit ausdrücklich regeln, wie zum Beispiel § 4 III BBodSchG. Dort ist geregelt, dass auch der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers eine Altlast beseitigen muss.

III. Abgrenzung

Zu beachten ist ferner, dass der Fall der Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen abzugrenzen ist von der Rechtsnachfolge in die Ordnungspflichtigkeit. Die Rechtsnachfolge in Ordnungsverfügungen betrifft die Frage, ob der Rechtsnachfolger einer Verfügung Folge leisten muss, die gegenüber dem Rechtsvorgänger ergangen ist. Die Rechtsnachfolge in die Ordnungspflichtigkeit betrifft hingegen die Frage, ob die Ordnungspflichtigkeit im Todesfall, ohne dass bereits eine Verfügung ergangen ist, auf den Rechtsnachfolger übergeht. Beispiel: A hat ein Haus, das schief steht. Er ist, wenn er es selbst gebaut hat, nicht nur Zustandsstörer, sondern auch Verhaltensstörer. A stirbt. Nun stellt sich die Frage, ob sein Rechtsnachfolger gewissermaßen die Ordnungspflichtigkeit des A erbt. Dies ist zu verneinen, denn die Pflichtigkeit als solche ist sehr wohl höchstpersönlich. Zudem ist eine solche Konstruktion nicht erforderlich, da der Rechtsnachfolger ohne weiteres originär als Zustandsstörer ordnungspflichtig wird. 

 

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