Rechtshindernde Einwendungen

Rechtshindernde Einwendungen

Verortung in der Anspruchsprüfung

Die Prüfung von Ansprüchen erfolgt allgemein in drei Schritten. Es wird danach gefragt, ob der Anspruch (i) entstanden, (ii) untergegangen und (iii) durchsetzbar ist. Dies gilt auch und insbesondere für vertragliche Ansprüche.

Voraussetzung für das Entstehen eines vertraglichen Anspruchs ist zunächst eine Einigung zwischen den Parteien, die durch zwei korrespondierende Willenserklärungen zustande kommt. Wird die Einigung bejaht, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob Nichtigkeitsgründe vorliegen, die dazu führen, dass der Anspruch gar nicht erst entsteht bzw. als nicht entstanden gilt. Man spricht dann von rechtshindernden Einwendungen, weil sie bereits die Entstehung des Anspruchs verhindern.

Berücksichtigung im Zivilprozess

Einwendungen müssen durch das Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden. Derjenige, dem die Einwendung zusteht, muss sich nicht auf sie berufen. Das Gericht muss sie vielmehr von sich aus beachten.

Dies gilt im Zivilprozess aufgrund des dort geltenden Beibringungsgrundsatzes allerdings nur, wenn die einwendungsbegründenden Tatsachen vorgetragen und unstreitig oder bewiesen sind. Es obliegt den Parteien, rechtzeitig alle relevanten Tatsachen vorzubringen, auf deren Grundlage das Gericht eine Entscheidung fällt (§ 282 I ZPO). Aus Sicht des Gerichts heißt es plakativ: „Da mihi factum, dabo tibi ius“ (= „Gib mir die Tatsachen, ich gebe dir das Recht.“)

Materiell-rechtliche Wirkung

Eine rechtshindernde (und auch eine rechtsvernichtende) Einwendung wirkt auf den Bestand des Anspruchs ein. Wird eine Leistung erbracht, obwohl ihr eine Einwendung entgegensteht, so ist die Leistung ohne Rechtsgrund erfolgt und deshalb nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) rückabzuwickeln.1

Überblick über die wichtigsten rechtshindernden Einwendungen

Im Allgemeinen Teil des BGB finden sich folgende rechtshindernde Einwendungen:

  • Geschäftsunfähigkeit, § 105 I i.V.m. § 104 BGB,

  • Bewusstlosigkeit bzw. Störung der Geistestätigkeit, § 105 II BGB,

  • Geheimer Vorbehalt, § 116 S. 2 BGB,

  • Scheingeschäft, § 117 BGB,

  • Mangel der Ernstlichkeit, § 118 BGB,

  • Formmangel, § 125 BGB,

  • Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB,

  • Verstoß gegen die guten Sitten, § 138 I BGB,

  • Wucher, § 138 II BGB,

  • Anfechtung, § 142 I BGB,

  • Nichteintritt einer aufschiebenden Bedingung, § 158 I BGB.


  1. Bitter/Röder, BGB AT, 5. Aufl. 2020, § 3 Rn. 24.