Rechtsanwaltsgebühren
Überblick - Rechtsanwaltsgebühren
Dieser Exkurs behandelt die Rechtsanwaltsgebühren im Zivilprozess. Die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Die Gebühren berechnen sich in erster Linie nach den Anlagen 1 und 2. Die Gebühren aus dem RVG sind aufwandsunabhängig. Der Aufwand spielt lediglich im Rahmen des Satzes eine Rolle. Dies führt in der Praxis dazu, dass viele Anwälte nicht nach dem RVG abrechnen. Für das Examen ist das RVG dennoch maßgeblich, weil sich die Gebühren, die man im Falle eines Sieges erstattet bekommt, nach dem RVG richten. Verliert beispielsweise der Beklagte den Rechtsstreit, so muss er dem Kläger nur die Gebühren ersetzen, die nach dem RVG angefallen sind. Insofern ist es unerheblich, ob der Kläger seinem Anwalt mehr gezahlt hat. Im Rahmen der Rechtsanwaltsgebühren sind drei Konstellationen maßgeblich: die rein außergerichtliche Tätigkeit, die rein gerichtliche Tätigkeit und die Kombination von außergerichtlicher und gerichtlicher Tätigkeit.
I. Außergerichtlich
Ist der Rechtsanwalt nur außergerichtlich tätig, erhält er eine sogenannte Geschäftsgebühr. Diese ist in 2300 VV geregelt. Die Geschäftsgebühr erhält der Rechtsanwalt dafür, dass er das Geschäft führt. Das bedeutet, dass der Rechtsanwalt außergerichtlich für den Mandanten tätig wird. Beispiel: Zahlungsaufforderung an die Gegenseite, Kündigungserklärung. In der Anlage 1 ist der Satz zu finden. Unter 2300 VV steht, dass die Geschäftsgebühr eine Rahmengebühr von 0.5-1,5 ist und diese in der Regel 1,3 beträgt. Maßgeblich ist dabei der Gegenstandswert. Der Gegenstandswert ist das, worum wertmäßig gestritten wird. Beispiele: Verlangt A von B einen Hund heraus, der 1.000 Euro wert ist, beträgt der Gegenstandswert 1.000 Euro. Verlangt A von B die Rückzahlung eines Darlehens i.H.v. 5.000 Euro, beträgt der Gegenstandswert 5.000 Euro. Aus der Anlage 2 ergibt sich, dass eine einfache Gebühr bei einem Gegenstandswert von 5.000 Euro bei 303 Euro liegt. Diese ist mit dem Satz, also 1,3, zu multiplizieren. Daraus ergibt sich eine Gebühr von 393,90 Euro. Hierfür kommt es, wie oben bereits erwähnt, nicht darauf an, welchen Aufwand der Rechtsanwalt betrieben, also wie oft er die Gegenseite angeschrieben hat oder ob er umfangreiche Rechtsrecherchen betreiben musste. Darüber hinaus kann bei einer außergerichtlichen Tätigkeit die sogenannte Einigungsgebühr nach 1000 VV entstehen. Die Einigungsgebühr kommt dann zum Tragen, wenn die Parteien außergerichtlich eine Einigung im Sinne eines Vergleichs erzielen. Diese Gebühr beträgt 1,5. Wird eine Einigung erzielt, erhält der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr und die Einigungsgebühr, also 2,8. Daran ist zu erkennen, dass das Gesetz eine Einigung privilegiert. Zusätzlich zur Geschäftsgebühr erhält der Rechtsanwalt eine Pauschale. Nach 7002 VV beträgt diese in der Regel 20 Euro. Bei sehr kleinen Gebühren kann sie auch geringer ausfallen (20% der Gebühren). Die Zwischensumme beträgt dann 413,90 Euro. Hierzu kommt die Umsatzsteuer i.H.v. 19%. Dass der Rechtsanwalt die Umsatzsteuer erheben muss, ergibt sich aus 7008 VV. Mit der Umsatzsteuer i.H.v. 78, 64 Euro liegt der Rechnungsbetrag nun bei 492,54 Euro.
II. Gerichtlich (ohne außergerichtliche Tätigkeit)
Neben der rein außergerichtlichen Tätigkeit besteht auch die Möglichkeit, dass der Mandant den Rechtsanwalt direkt mit einer gerichtlichen Wahrnehmung ohne vorherige außergerichtliche Tätigkeit beauftragt. Beispiele: Der Mandant möchte sofort klagen. Der Adressat eine Klage möchte sich gegen diese verteidigen. Hierbei entsteht zunächst die Verfahrensgebühr. Diese ist in 3100 VV geregelt. Die Verfahrensgebühr erhält der Rechtsanwalt dafür, dass er als Anwalt im Verfahren aktiv wird, mithin Schriftsätze an das Gericht richtet (Klage, Klageerwiderung). Der Satz beträgt dabei 1,3. Bei einem Gegenstandswert von 5.000 Euro beträgt die Verfahrensgebühr somit 393,90 Euro. Zu dieser Verfahrensgebühr tritt häufig die Terminsgebühr hinzu, welche in 3104 VV normiert ist. Die Terminsgebühr erhält der Rechtsanwalt in der Regel dafür, dass er einen Termin wahrnimmt. Es gibt darüber hinaus gesetzlich geregelte Konstellationen, in welchen die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn der Rechtsanwalt keinen Termin wahrnimmt. Die Terminsgebühr beträgt 1,2. Bei einem Gegenstandswert von 5.000 Euro ergibt sich ein Betrag von 363,60 Euro. Auch im gerichtlichen Verfahren besteht die Möglichkeit einer Einigung. Dies ist in der Regel ein Prozessvergleich. In diesen Fällen erhält der Rechtsanwalt zusätzlich eine Einigungsgebühr. Diese ist in 1000 und 1003 VV geregelt und beträgt 1,0. Zusätzlich erhält der Rechtsanwalt die pauschale nach 7002 VV i.H.v. 20 Euro oder 20% der Gebühren. Die Zwischensumme beträgt somit 770,50 Euro. Hierzu kommt wiederum die Umsatzsteuer i.H.v. 147,73 Euro, sodass sich ein Endbetrag von 925,23 Euro ergibt.
III. Gerichtlich (mit außergerichtlicher Tätigkeit)
Wird der Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig, erhält er zunächst die üblichen außergerichtlichen Gebühren. Fraglich ist jedoch, wie es sich mit den Gerichtsgebühren verhält. Der Rechtsanwalt kann in jedem Fall die Verfahrensgebühr nach 3310 VV mit einem Satz von 1,3 geltend machen. Bei einem Gegenstandswert von 5.000 Euro sind dies 393,50 Euro. Hierauf ist jedoch anteilig die Geschäftsgebühr anzurechnen. Dies ergibt sich aus der Vorbemerkung 3 IV RVG. In der Regel ist dies die hälftige Geschäftsgebühr, im vorliegenden Fall mithin 0,65 bezogen auf 303 Euro. Hieraus ergibt sich ein Betrag von 196,95 Euro. Hintergedanke dabei ist, dass der Rechtsanwalt dies schon über die Geschäftsgebühr vergütet bekommen hat. Darüber hinaus erhält der Rechtsanwalt die Terminsgebühr 3104 VV mit einem Satz von 1,2. Dies führt zu einem Betrag von 363,60 Euro. Gegebenenfalls kann zusätzlich eine Einigungsgebühr nach 1000, 1003 VV mit einem Satz von 1,0 entstehen. Zuletzt fällt die Pauschale nach 7002 VV i.H.v. 20 Euro oder 20% der Gebühren an. Daraus ergibt sich eine Zwischensumme von 580,55 Euro. Zusammen mit der Umsatzsteuer nach 7008 i.H.v. 110,30 Euro erhält man einen Betrag von 690,85 Euro. Wird der Rechtsanwalt sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich tätig, bekommt er die außergerichtlichen Gebühren (492,54 Euro) und zusätzlich für das gerichtlicher Verfahren die durch die Anrechnung etwas reduzierte Gebühren (690,85 Euro).