Prozessvergleich
Prozessvergleich
Der Prozessvergleich führt grundsätzlich zur Beendigung des Verfahrens. Werden darin Ansprüche der Parteien begründet, ist er zugleich Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Klausurrelevant ist ein Prozessvergleich in zwei Konstellationen:
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Eine Partei ist der Auffassung, der Vergleich sei unwirksam.
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Der Schuldner einer Verpflichtung aus dem Vergleich versucht, die Vollstreckung zu verhindern.
I. Unwirksamkeit des Vergleichs
Macht eine Partei die Unwirksamkeit des Vergleichs geltend, wird der Prozess fortgesetzt.
1. Anträge und Tenor
Die Partei, die den Vergleich für unwirksam hält, beantragt, einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen (§ 216 Abs. 1 ZPO). Ist sie Schuldnerin einer Vergleichsforderung, sollte zugleich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich ohne, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung beantragt werden (§ 707 ZPO).
Im Prozess würde sie ihren ursprünglichen Antrag stellen, während der Gegner die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich beendet ist. So lautet dann auch der Tenor des Urteils, wenn der Vergleich wirksam ist.
2. Wirksamkeit
a) Zustandekommen
Der Prozessvergleich kann entweder in der mündlichen Verhandlung geschlossen oder nach einem Vorschlag des Gerichts bzw. der Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO durch Beschluss festgestellt werden.
b) Wirksamkeitsvoraussetzungen
Der Prozessvergleich ist nur dann wirksam, wenn sowohl seine materiellen als auch die prozessualen Voraussetzungen erfüllt sind. Man spricht hier von der Doppelnatur des Vergleichs. Allerdings kann bei nur prozessualer Unwirksamkeit die Auslegung des Vergleichs ergeben, dass die Parteien für diesen Fall die materiell-rechtliche Wirksamkeit erhalten wollten.
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Die Wirksamkeit des Prozessvergleichs, der in einem Verhandlungstermin abgeschlossen wird, hängt zunächst davon ab, dass der Vergleichstext protokolliert wird (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Parteien ihn nach Vorlesen bzw. Abspielen genehmigen (§ 162 Abs. 1 Sätze 1, 2 ZPO). Ob der Protokollvermerk hierüber („v.u.g.“, § 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO) ebenfalls eine Wirksamkeitsvoraussetzung bildet, ist streitig; der BGH lehnt das ab (V ZR 40/98).
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Haben sich die Parteien im Vergleich den Widerruf vorbehalten, wird der Vergleich erst mit Ablauf der vereinbarten Frist wirksam. Eine Verlängerung vor Ablauf ist auch ohne Mitwirkung des Gerichts zulässig, die nachträgliche Vereinbarung ohne Mitwirkung des Gerichts dagegen prozessual unwirksam (BGH IX ZR 222/17).
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Materiell kommt es neben der Anfechtung häufig vor allem auf die Formwirksamkeit des Vergleichs an. Gemäß § 127a BGB ersetzt der gerichtliche Vergleich die notarielle Beurkundung. Das gilt auch für den Vergleichsbeschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO (BGH XII ZB 71/16). Eine Auflassung ist dagegen nur im Termin möglich, da die gleichzeitige Anwesenheit der Parteien vorausgesetzt wird (§ 925 Abs. 1 BGB).
II. Nachträgliche Einwendungen
Mit Einwendungen, die erst nach Abschluss des Vergleichs entstanden sind, kann die Fortsetzung des Prozesses nicht mit Erfolg beantragt werden. Vielmehr muss die Partei, die sich auf solche Einwendungen beruft, eine neue Klage anstrengen. In aller Regel wird das eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO sein.
Die häufigsten Einwendungen sind Unmöglichkeit, Erfüllung oder Störung der Geschäftsgrundlage. Nur in Verbindung mit einer solchen nachtäglichen Einwendung darf auch im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage die anfängliche Unwirksamkeit des Vergleichs gerügt werden.
Die Präklusionsvorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO spielt dabei schon deshalb keine Rolle, weil es keinen Schluss der mündlichen Verhandlung gab, bis zu dem die Einwendungen hätten vorgebracht werden können.