Problem - Tat i.S.d. § 127 StPO

Problem – Tat i.S.d. § 127 StPO

Es ist streitig, was unter dem Begriff Tat i.S.d. § 127 StPO zu verstehen ist. Beispiel: Der Eigentümer eines uralten Porsches aus den 70er Jahren parkt diesen nachts um drei in einem Wohngebiet, kommt später angeheitert aus einer Kneipe und stellt fest, dass er seinen Fahrzeugschlüssel verloren hat. Daraufhin versucht er, die Tür des Porsches aufzubrechen, wird allerdings von jemandem gesehen. Der Beobachter denkt, der Porsche soll entwendet werden und rast daher wie ein Irrsinniger aus dem Haus und packt den Eigentümer, um ihn der Polizei zuzuführen. Dies könnte die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der Körperverletzung erfüllen. Es stellt sich folglich die Frage nach der Rechtfertigung des Festnehmenden.

I. Eine Ansicht (BGH)

Der BGH lässt für eine Tat i.S.d. § 127 StPO einen dringenden Tatverdacht ausreichen, sodass im vorliegenden Fall der Festnehmende gerechtfertigt wäre. Als Argument wird herangezogen, es dürfe keine Überforderung des Festnehmenden geben, denn dann würde dieser im Zweifel gar nicht eingreifen. Mithin solle die Zivilcourage gerade gefördert werden. Außerdem wird eine Wertung aus § 127 StPO herangezogen. Denn in Absatz 2 sind erhöhte Anforderungen an den Festnehmenden geregelt, welche in Absatz 1 gerade fehlen.

II. Andere Ansicht (h.L.)

Die Gegenauffassung fordert für eine Tat i.S.d. § 127 StPO hingegen eine Straftat. Im Beispielsfall läge somit keine Rechtfertigung nach dem Festnahmerecht vor. Argumentiert wird damit, dass ansonsten die Rechtfertigungsgründe des Festgenommenen abgeschnitten werden. Denn, wenn der Festnehmende gerechtfertigt sei, könne der Festgenommene nicht seinerseits – wie hier etwa durch Notwehr - gerechtfertigt sein, wodurch ihm Rechtfertigungsgründe abgeschnitten würden. Außerdem könne es, wenn für eine Tat i.S.d. § 127 StPO ein dringender Tatverdacht ausreiche, keinen Erlaubnistatbestandsirrtum geben. Dieser würde leer laufen, wenn man den Festnehmenden bereits objektiv rechtfertigt, obwohl dieser nur denkt, er sei gerechtfertigt.

 

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