Problem - Rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt

Problem - Rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt

Im Rahmen der Rücknahme eines Verwaltungsaktes kann sich bei dem Prüfungspunkt „Rechtswidrigkeit des Erst-Verwaltungsaktes“ ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt als Problem stellen. Es geht somit um Verwaltungsakte, die zunächst rechtmäßig sind, später jedoch rechtswidrig werden. Dies ist lediglich bei Dauerverwaltungsakten denkbar, also Verwaltungsakte, die sich in ihrer Wirkung über einen gewissen Zeitraum erstrecken. Beispiel: A bekommt ein Stipendium für die Zeit seines Studiums bewilligt. Nach drei Jahren hört A auf, zu studieren. Der Stipendiumsbewilligungsbescheid läuft jedoch weiter. Dann war der Bescheid einmal rechtmäßig, ist aber mit Aufgabe des Studiums rechtswidrig geworden. Fraglich ist somit, nach welcher Vorschrift ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt aufgehoben werden kann. 

I. Eine Ansicht

Eine Ansicht geht davon aus, dass ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt ein Fall des Widerrufs gemäß § 49 VwVfG sei.

II. Andere Ansicht (h. M.)

Die herrschende Meinung geht hingegen davon aus, dass ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt nach Maßgabe des § 48 VwVfG aufzuheben sei.

III. Stellungnahme

Die erste Ansicht wird damit begründet, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig gewesen sei. Die Aufhebung rechtmäßiger Verwaltungsakte sei jedoch in § 49 VwVfG geregelt. In § 49 II 1 Nr. 3 VwVfG sei geregelt, dass ein Verwaltungsakt widerrufen werden könne, wenn die Voraussetzungen später wegfallen, sich also die Tatsachen nachträglich ändern. Ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt betreffe genau diesen Fall, sodass ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt mittels Widerruf aufgehoben werden müsse, sofern die Behörde ihr Ermessen hinsichtlich einer Aufhebung ausübe. Die herrschende Meinung wird mit dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG, begründet. Der Erst-Verwaltungsakt sei rechtswidrig. Zumindest liege jedoch ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt vor. Sicherlich regele der Normalfall des § 48 VwVfG, dass der Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Wenn der Verwaltungsakt später rechtswidrig werde, spreche das Rechtsstaatsprinzip jedoch dafür, zumindest ab diesem Zeitpunkt eine Rücknahme vorzunehmen, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. An dieser Stelle könnte sich die Frage stellen, ob es nicht dahinstehen könne, ob ein rechtswidrig gewordener Verwaltungsakt zurückgenommen oder widerrufen werde. Dies ist allerdings nicht der Fall. Löst man den Beispielsfall über § 49 VwVfG, kann nur für die Zukunft widerrufen werden. Sind seit dem Studiumsende bereits zwei Monate verstrichen, können die letzten Zahlungen nicht zurückgefordert werden, da der Rechtsgrund für diesen Zeitraum weiterhin besteht. Die Rücknahme kann jedoch auch ex tunc, also für die Vergangenheit, erfolgen, sodass die Rücknahme seit dem Zeitpunkt, in welchem der Verwaltungsakt rechtswidrig geworden ist, gilt und damit das rechtsgrundlos Erlangte abgeschöpft werden kann.

 

Schlagwörter und verwandte Lerneinheiten