Problem - Raub durch Unterlassen
Problem – Raub durch Unterlassen
Der Raub durch Unterlassen ist ein Problem, dass sich im Rahmen der Finalität stellen kann. Beispielsfall (BGH-Fall): Der A hat sich über den Winter unberechtigterweise in einer Holzhütte einquartiert. Ende März kommt der Eigentümer zum Frühjahrsputz. Der A hört den E und versteckt sich in der Hütte hinter der Eingangstür mit einem Stein in der Hand, um den E niederzuschlagen und zu entkommen. E betritt die Hütte und wird sofort mit dem Stein niedergeschlagen, dann wird er zur Sicherheit an einem Stuhl festgebunden. A bemerkt erst jetzt, dass der E eine Rolex am Handgelenk trägt und draußen ein wertvoller Landrover steht. Er entwendet die Uhr und den Schlüssel für den Wagen und fährt davon. Fraglich ist nun, ob es sich hierbei um einen Raub durch Unterlassen handelt.
I. EIne Ansicht (h.L.)
Die herrschende Lehre verneint einen Raub durch Unterlassen in solchen Fällen, da es an der Finalität fehle. Vorliegend hat der A die Nötigungsmittel nicht eingesetzt, um wegzunehmen, sondern den Entschluss zur Wegnahme erst nach deren Anwendung gefasst. Argumentiert wird mit dem Wortsinn des Begriffs Gewalt. Gewalt suggeriere etwas Aktives, auf den Körper eines anderen Bezogenen und kann deshalb nicht durch Unterlassen erfasst werden. Weiterhin führt diese Ansicht die Entsprechungsklausel aus § 13 I a.E. StGB an. Unterlassen setze danach voraus, dass das Unterlassen einem aktiven Tun entspreche, das bedeute, das Unrecht des Unterlassens müsse dem Unrecht des aktiven Tuns im Grunde gleichkommen. Ein aktives Gewaltanwenden, etwa das Zuschlagen, sei jedoch kriminalpolitisch viel strafwürdiger als das Nichttun, sodass das Nichttun dem aktiven Tun nicht entspreche.
II. Andere Ansicht (BGH)
Der BGH bejaht hingegen in derartig gelagerten Fällen einen Raub durch Unterlassen. Im Rahmen der Finalität steigt er somit nicht aus, sondern führt an, dass die angewendete Gewalt in dem Fesseln fortdauere, sodass der Dauerzustand aufrechterhalten werde und während des Fortdauern der Gewalt die Wegnahme erfolge. Der BGH argumentiert insbesondere mit dem Vermeiden von Zufallsergebnissen. Hätte der Täter bereits vor dem Fesseln den Entschluss zur Wegnahme gefasst, würde man einen Raub annehmen. Es kann somit nicht entscheidend für die Qualifizierung als Raub sein, dass der Entschluss zur Wegnahme erst später gefasst wurde. Es müsse daher auch einen Raub durch Unterlassen geben.