Problem - Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften ("Ehe für alle")
Problem - Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften ("Ehe für alle")
Im Rahmen des Schutzes von Ehe und Familie kann sich das Problem der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft stellen. Dies betrifft die Frage, ob Art. 6 I GG auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften schützt, was unter dem Schlagwort „Ehe für alle“ diskutiert wird. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob die einfachgesetzlichen Regelungen der §§ 1309, 1353 BGB verfassungsgemäß sind.
I. Eine Ansicht
Nach einer Ansicht sind gleichgeschlechtliche Ehen nicht von Art. 6 erfasst, sodass die einfachgesetzlichen Regelungen, die auch die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften umfassen verfassungswidrig seien. Begründet wird dies zum einen mit dem Sinn und Zweck des Art. 6 GG. Dieser sei es, solche Lebensgemeinschaften zu schützen, aus denen Kinder hervorgehen können, was nur bei Ehegatten unterschiedlichen Geschlechts möglich ist. Außerdem wird mit dem „Abstandsgebebot“ argumentiert, da die Ehe gemäß Art. 6 I GG unter dem („besonderen Schutze“) des Grundgesetzes stehe, woraus folge, dass die Ehe im Vergleich zu anderen Lebensformen wie der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft besonders geschützt werden müsse. Ergänzend dazu spreche auch die Entstehungsgeschichte gegen ein Erfassen gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Demnach sei zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Grundgesetzes (23.05.1949) die homosexuelle Verbindung ein Straftatbestand gewesen, woraus sich schließen ließe, dass zumindest der historische Gesetzgeber nur Lebensgemeinschaften unterschiedlichen Geschlechts als von Art. 6 I GG erfasst angesehen habe.
II. Andere Ansicht (h.M.)
Die (wohl) herrschende Meinung schließt dagegen auch die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vom Schutz von Ehe und Familie, Art. 6 I GG ein. Diese Ansicht argumentiert zunächst mit einer dynamischen Auslegung des Grundgesetzes. D.h. die im Grundgesetz enthaltenen Begriffe seien nicht auf das historische Verständnis der Begriffe festgelegt, sondern vielmehr danach auszulegen, wie sie nach einem gesellschaftlichen Wandel verstanden werden. Dieser Ansicht nach sei das bei der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft der Fall, zumindest aber sei diese gesellschaftlich akzeptiert. Weiterhin wird mit dem Wortlaut des Art. 6 GG argumentiert, welcher offen sei. Aus diesem ergebe sich, dass die „Ehe“ nicht definiert werde, sondern bereits vorausgesetzt werde, sodass der Begriff „Ehe“ auch dynamisch ausgefüllt werden könne. Weiterhin wird mit der Systematik argumentiert. Demnach schütze das Grundgesetz auch andere Positionen, die mit der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft verbunden seien, wie beispielsweise Art. 3 III, I GG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I, 1 I GG, welches auch die geschlechtliche Identität erfasse. Schließlich argumentiert die (wohl) herrschende Meinung ebenfalls mit der Entstehungsgeschichte. Dieser sei es nämlich nicht zu entnehmen, dass ein Ausschluss gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften gewollt sei. Vielmehr sei der vom „Abstandsgebot“ umfasste Gegenbegriff zur Ehe das Konkubinat, also die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Daraus folge, dass nicht ein Ausschluss gleichgeschlechtliche Ehen ging, sondern nichteheliche Gemeinschaften schlechter zu behandeln.