Problem - Gewaltbegriff
Problem – Gewaltbegriff
Im Rahmen der Nötigung kann sich die Frage nach dem zugrunde zu legenden Gewaltbegriff stellen. Beispiel: A sitzt auf einer Zufahrtsstraße zu einem Bundeswehrgelände/Atomkraftwerk. Er möchte auf die Gefahren, die von der Bundeswehr/dem Atomkraftwerk ausgehen, hinweisen. Dies ist ihm ein besonderes Anliegen. Die Straße ist schmal, und er hindert durch diese Blockade mehrere Fahrer an der Weiterfahrt. Stellt dies eine Nötigung i.S.d. § 240 StGB dar, ist also der Gewaltbegriff der Nötigung erfüllt?
I. Eine Ansicht
Eine Ansicht vertritt einen weiten Gewaltbegriff oder sogenannten vergeistigten Gewaltbegriff. Sie versteht unter Gewalt jede Form der Zwangsausübung, egal ob es sich um physisch oder psychisch wirkenden Zwang handelt. Im vorliegenden Fall käme diese Ansicht aufgrund des weiten Gewaltbegriffs zu einer Bestrafung wegen Nötigung, da der erste Fahrer sich psychisch daran gehindert sieht, über den Blockierenden zu fahren. Als Argument wird angeführt, dass der psychische mit dem physischen Zwang vergleichbar sei. Es spiele insofern keine Rolle, ob körperlicher Zwang ausgeübt oder ein psychisches Hindernis bereitet werde.
II. Andere Ansicht (h.M.)
Die herrschende Meinung legt hingegen einen engen Gewaltbegriff zugrunde. Danach ist Gewalt nur jeder körperlich wirkende Zwang. Argumentiert wird mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 II GG. Die Vorschrift der Nötigung enthalte einen unbestimmten Gewaltbegriff, der verfassungskonform ausgelegt werden müsse. Man könne Gewalt jedoch nicht mit Zwang gleichsetzen. Diese Ansicht würde – beruhend auf dem engen Gewaltbegriff - somit bezüglich des ersten PKW-Fahrers keine Gewalt annehmen, da nur ein psychischer Zwang vorliegt. Jedoch könnte sich der auf der Straße Sitzende wegen Nötigung in mittelbarer Täterschaft gegenüber der PKW-Fahrer strafbar gemacht haben, die auf das erste Fahrzeug folgen, da das erste stehende Auto für die folgenden Fahrzeuge ein körperliches Hindernis bildet.