Problem - Fahrlässige Notwehrprovokation

Problem - Fahrlässige Notwehrprovokation

Die Rechtsfolge der fahrlässigen Notwehrprovokation ist umstritten. Beispielsfall des BGH: Jemand parkt regelwidrig sein Fahrzeug auf einem Fahrrad- und Fußgängerweg und sitzt noch im Auto. Ein Fußgänger kommt des Weges, ärgert sich über das Verhalten des Autofahrers und tritt im Vorbeigehen gegen die Beifahrertür. Außer eines dumpfen Knalls ist nichts weiter festzustellen. Insbesondere liegt keine Beschädigung des Wagens vor. Der Autofahrer steigt sodann wutentbrannt aus, läuft dem Fußgänger hinter her, um ihn zu würgen. Der Fußgänger kann sich nicht anders zur Wehr setzen als den Autofahrer zu erschießen, mithin ist die Erforderlichkeit seiner Handlung gegeben.

I. Institut der actio illicita in causa

Eine Minderauffassung stützt sich auf das Institut der actio illicita in causa („Handlung vorwerfbar in der Ursache“). Diese Ansicht nimmt eine Rechtfertigung für die vorsätzliche Tötung an, prüft und bejaht jedoch das Fahrlässigkeitsdelikt. Sie knüpft dabei an das schuldhafte Vorverhalten, also die fahrlässige Notwehrprovokation an. Im folgenden Fall würde die fahrlässige Notwehrprovokation somit zur Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung führen.

II. Andere Ansicht (h.M.)

Die herrschende Meinung, also der überwiegende Teil der Lehre sowie die Rechtsprechung, nehmen im Fall der fahrlässigen Notwehrprovokation eine Einschränkung des Notwehrrechts vor. Eine fahrlässige Notwehrprovokation führt dazu, dass der Täter zunächst ausweichen müsse. Ist ihm dies nicht (mehr) möglich, müsse er Schutzwehr üben, also passiv gegenüber dem Angreifer auftreten (Beispiel: Warnschuss). Sollte dies auch nicht mehr im Rahmen des Möglichen sein, kann er zur Trutzwehr übergehen, sich mithin aktiv verteidigen und damit auch notfalls einen Schuss abgeben. Als Argument führt die herrschende Meinung zunächst eine sachgerechte Beschränkung der Notwehr aus kriminalpolitischen Gründen an. Zudem führt diese Auffassung an, die erste Theorie umgehe die Wertung des § 32 StGB, wenn sie den gerechtfertigt Handelnden wegen eines Fahrlässigkeitsdelikts bestrafe.

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