Problem - Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Problem – Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann sich das Problem der Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellen. Dieses Problem stellt sich deshalb, weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht gesetzlich geregelt ist. Beispiel: M verliebt sich in F. Beide planen, ein Haus zu bauen. Deshalb wendet M der F 100.000 Euro zu. M und F errichten das Haus, in welchem sie zukünftig gemeinsam leben wollen. Die Liebe zerbricht. M verlangt daher die 100.000 Euro zurück.

Fraglich ist nun, ob M gegen F Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zustehen.

I. § 1378 BGB analog

Zunächst könnten sich Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1378 BGB analog ergeben. Dort geht es um den Anspruch auf Zugewinnausgleich. Allerdings setzt dieser Anspruch eine Eheschließung voraus. Diese liegt hier nicht vor. Für eine analoge Anwendung der Norm bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke. Diese besteht allerdings nicht, da der Gesetzgeber nicht übersehen hat, dass neben der Ehe auch die nichtehelichen Lebensgemeinschaften existieren. Im Übrigen fehlt es an der Vergleichbarkeit, denn Art. 6 I GG stellt die Ehe unter den besonderen Schutz der Rechtsordnung. Danach verbietet sich eine Gleichbehandlung zwischen Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft.

II. § 1298 BGB analog

Weiterhin könnten Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus § 1298 BGB analog folgen. Dieser regelt Schadensersatzansprüche bei Auflösung des Verlöbnisses. Jedoch fehlt es auch hier an einer planwidrigen Regelungslücke für Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, da der Gesetzgeber sehr wohl gesehen hat, dass es Lebensgemeinschaften gibt, die nicht auf die zukünftige Eheschließung gerichtet sind.

III. § 488 I 2 BGB

Möglicherweise folgen Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus dem Darlehensrückzahlungsanspruch des § 488 I 2 BGB. Derartige Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen nach § 488 I 2 BGB allerdings nicht in Betracht, dass es an dem Erklärungswillen mangelt, also dem erkennbaren Willen, sich rechtsgeschäftlich erheblich zu erklären. Hier haben M und F aus Liebe gehandelt, nicht mit Rechtsbindungswillen. Darüber hinaus mangelt es jedoch auch an dem erforderlichen Geschäftswillen, also dem Willen, ein Rechtsgeschäft mit dem Inhalte eines Darlehensvertrags abzuschließen. Es ist nicht erkennbar, dass M und F über den Willen verfügten,  F solle die 100.000 Euro zurückzahlen.

IV. §§ 530, 531 II, 812 ff. BGB

Ferner könnten Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemäß den §§ 530, 531 II, 812 ff. BGB bestehen. Diese regeln den Anspruch auf Rückgewähr des Geschenkes nach Widerruf der Schenkung aufgrund groben Undanks. Solche Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus Schenkungswiderruf scheitern bereits an der Einigung mit dem Inhalt eines Schenkungsvertrags, da kein Erklärungswille vorliegt. Hier wurde nicht in dem Bewusstsein gehandelt, sich rechtsgeschäftlich erheblich zu verhalten. Zumindest liegt jedoch kein grober Undank vor, da die nichteheliche Lebensgemeinschaft darauf angelegt ist, dass sie jederzeit beendet werden kann.

V. §§ 730, 731, 733 II BGB

Zudem könnten Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus den Vorschriften über die GbR folgen. In den §§ 730, 731, 733 II BGB ist der Anspruch auf Rückgewähr der Einlage normiert. Allerdings scheitert auch dieser Anspruch an dem fehlenden Rechtsbindungswillen.

VI. § 812 I 2 1. Fall BGB

Eventuell könnten Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft auf § 812 I 2 1. Fall BGB beruhen. Dies setzt eine Leistung voraus. Leistung ist jede bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens, wobei der Zweck immer auf die Erfüllung einer (vermeintlichen) Verbindlichkeit gerichtet sein muss (solvendi causa). Hier hat M jedoch nicht zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit zugewendet, denn es lag kein Vertrag oder vermeintlicher Vertrag vor. Die Zuwendung geschah vielmehr aus Liebe.

VII. § 812 I 2 2. Fall BGB

Zuletzt könnten Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus § 812 I 2 2. Fall BGB folgen, welcher den späteren Zweckfortfall regelt. Fraglich ist nur, auf welchen Zweck an dieser Stelle abzustellen ist. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft kann nicht der Zweck selbst sein, da sonst eine Rückabwicklung in jeglicher Hinsicht zu erfolgen hätte, obwohl die Zuwendungen aufgrund wechselseitiger Zuneigung erbracht wurden. Es muss somit ein über die Lebensgemeinschaft hinaus gehender, gesondert vereinbarter Zweck vorliegen. Hier könnte auf den Hausbau abgestellt werden. Das Haus wurde jedoch errichtet, sodass der Zweck erfüllt wurde. Jedoch könnte das Wohnrecht, also die Vorstellung, dass man gemeinsam in dem Haus wohnen werde, einen derartigen Zweck darstellen. Der BGH hat hierzu entscheiden, dass dies ein zulässiger Anknüpfungspunkt ist, wenn eine erhebliche Disposition getroffen wird und diese über den Bestand der bloßen nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. Ausgleichsansprüche bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können in diesen Konstellationen somit auf § 812 I 2 2. Fall BGB gestützt werden.

 

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