Prüfungsschema: Polizeirechtliche Generalklausel, § 3 I SOG
I. Ermächtigungsgrundlage
1. Spezialgesetz
a) Versammlungsgesetz
§ 5 VersG (Verbot von Versammlungen in geschlossenen Räumen)
§ 13 VersG (Auflösung von Versammlungen in geschlossenen Räumen)
§ 15 VersG (Verbot und Auflösung von Versammlungen unter freiem Himmel)
§ 18 III VersG (Maßnahmen gegen einzelne Versammlungsteilnehmer)
b) BImSchG
§ 17 BImSchG (genehmigungsbedürftige Anlage)
§ 20 BImSchG
§§ 22, 24 BImSchG (genehmigungsfreie Anlage)
§ 25 BImSchG
c) GewO
§ 15 II GewO (erlaubnispflichtige Gewerbe)
§ 35 I GewO (Unzuverlässigkeit)
§ 51 GewO (Generalklausel) ggf. Entschädigung
d) HBauO
§ 76 HBauO (Abrissverfügung)
§ 58 I 2 HBauO (sonstige Verfügungen)
e) HWegeG
§§ 60, 61 HWegG
Beachte: §§ 16, 19 HWegG
2. Standardmaßnahmen, §§ 11 ff. SOG
Standardmaßnahmen sind ganz besonders bestimmte Ermächtigungsgrundlagen im grundrechtssensiblen Bereich.
3. Generalklausel, § 3 I SOG
II. Formelle Rechtmäßigkeit
III. Materielle Rechtmäßigkeit
1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
a) Schutzgut
aa) Öffentliche Sicherheit
Geschriebenes Recht
Individualgüter
Staat und seine Einrichtungen
Kollektivgüter
bb) Öffentliche Ordnung
Summe aller ungeschriebenen Regeln, die für ein geordnetes Zusammenleben allgemein als unerlässlich angesehen werden und allgemein (ggf. gebietsbezogen) anerkannt sind.
Problem: Bestimmtheit
aA: (-); Arg.: Rechtstaatsprinzip
h.M.: (+), Arg.: Art. 13 VII GG; Konkretisierung durch die Rechtsprechung
Kurzdefinition: Hinreichende Wahrscheinlichkeit der Verletzung eines Schutzguts
Langdefinition: Zum Zeitpunkt des Einschreitens müssen objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit, bei ungestörtem Fortgang die Verletzung eines Schutzguts eintritt, und ex post gesehen muss eine solche Gefahr vorgelegen haben.
bb) Sonderfälle
(1) Anscheinsgefahr
Bei der Anscheinsgefahr bestand ex post gesehen keine Gefahr.
Die Anscheinsgefahr ist polizeirechtlich eine echte Gefahr. Arg.: Effektivität der Gefahrabwehr
(2) Scheingefahr (Putativgefahr)
Bei der Scheingefahr liegen keine objektiven Anhaltspunkte vor.
Die Scheingefahr ist polizeirechtlich keine Gefahr. Das polizeiliche Handeln ist stets rechtswidrig.
(3) Gefahrenverdacht
Bei dem Gefahrenverdacht besteht nur die Möglichkeit eines Schadenseintritts.
Der Gefahrenverdacht ist polizeirechtlich eine echte Gefahr. Arg.: Effektivität der Gefahrabwehr
c) Ordnungspflichtigkeit, §§ 8-10 SOG
aa) Verhaltensstörer, § 8 SOG
Verhaltensstörer ist der unmittelbare Verursacher, also wer die zeitlich letzte Ursache setzt und damit die Gefahrschwelle selbst überschreitet (Unmittelbarkeitstheorie)
Problem: Zweckveranlasser (mittelbarer Störer), der durch sein Verhalten das Verhalten der unmittelbaren Störer überhaupt erst hervorruft.
aA: subjektive Theorie (Überschreitung der Gefahrenschwelle gewollt)
hM: objektive Theorie (Überschreitung der Gefahrenschwelle vorhersehbar); aber: kein Unterlaufen der Grundrechte des Veranlassers.
bb) Zustandsstörer, § 9 SOG
Eigentümer oder der Besitzer der Sache
Problem: Überschreitung der Opfergrenze
h.M.: unbeachtlich; Arg.: Effektivität der Gefahrabwehr; Lösung über die Sekundärebene
Problem: Latenter Störer, bei dem sich erst durch Änderung der Umweltbedingungen die Gefahr realisiert (Bsp. Ahnenbrühefall); Voraussetzung: erhöhte Gefahrentendenz (Vorhersehbarkeit)
cc) Notstandspflichtigkeit, § 10 I SOG
Insbesondere nicht ausreichende eigene Kräfte und Mittel der Behörde