Niederlassungsfreiheit, Art. 49 ff. AEUV

Aufbau der Prüfung - Niederlassungsfreiheit, Art. 49 ff. AEUV

Die Niederlassungsfreiheit ist in den Art. 49 ff. AEUV geregelt. Auch die Niederlassungsfreiheit wird wie üblich in drei Schritten geprüft: Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung.

I. Schutzbereich

Die Niederlassungsfreiheit setzt zunächst voraus, dass der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit betroffen ist.

1. Kein spezielles Sekundärrecht

Hier darf zunächst kein spezielles Sekundärrecht greifen. Regelt beispielsweise eine Verordnung diesen speziellen Fall, wäre diese vorrangig anzuwenden. Man würde somit nicht auf die Niederlassungsfreiheit zurückgreifen.

2. Unmittelbare Anwendbarkeit

Zudem müsste die Niederlassungsfreiheit auch unmittelbar anwendbar sein. Das Primärrecht ist nur unmittelbar anwendbar, wenn es hinreichend bestimmt ist, es also keines weiteren Umsetzungsaktes bedarf („self-executing“). Für die Grundfreiheiten - und damit auch für die Niederlassungsfreiheit - ist dies allgemein anerkannt.

3. Grenzüberschreitender Sachverhalt

Auch bei der Niederlassungsfreiheit ist es erforderlich, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. An dieser Stelle erfolgt gegebenenfalls die Abgrenzung zur reinen Inländerdiskriminierung.

4. Persönlicher Schutzbereich

In persönlicher Hinsicht schützt die Niederlassungsfreiheit zunächst selbständig erwerbstätige Unionsbürger. Dies ergibt sich aus Art. 49 I, II AEUV. In der Selbständigkeit liegt auch die entscheidende Abgrenzung zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer, denn diese werden weisungsabhängig tätig. Weiterhin schützt die Niederlassungsfreiheit auch Gesellschaften. Einzelheiten ergeben sich aus Art. 54 AEUV.

5. Sachlicher Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit wird in Art. 49 II AEUV konkretisiert. Daraus ergibt sich, dass die Aufnahme und die Ausübung der selbständigen Tätigkeit sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen geschützt sind. Für beides gilt, dass die Tätigkeiten von gewisser Dauer sein müssen. Sollte dies nicht der Fall sein, kommt lediglich die Dienstleistungsfreiheit in Betracht. Für die Niederlassungsfreiheit gilt die Bereichsausnahme des Art. 51 AEUV. Dieser regelt, dass, sofern die Tätigkeit eine Ausübung von öffentlicher Gewalt erfasst, dies nicht von der Niederlassungsfreiheit erfasst wird.

II. Eingriff

Sodann ist zu prüfen, ob ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit vorliegt. Auch im Rahmen der Niederlassungsfreiheit kommen als Eingriffe offene und verdeckte Diskriminierungen in Betracht, wobei bei Beschränkungen die Dassonville-Formel, präzisiert durch die Keck-Formel, berücksichtigt werden müssen.

III. Rechtfertigung

1. Schranken

Liegt ein Eingriff vor, sind im Rahmen der Rechtfertigung zunächst die Schranken zu ermitteln.

a) Ausdrücklich, Art. 52 AEUV

Ausdrückliche Schranken finden sich in Art. 52 AEUV. Danach kann ein Eingriff in die Niederlassungsfreiheit aufgrund der Belange der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit oder der Gesundheit gerechtfertigt sein.

b) Ungeschriebene

Zudem gelten auch bei der Niederlassungsfreiheit ungeschriebene Schranken, wenn verdeckte Diskrimierungen oder Beschränkungen vorliegen.

2. Schranken-Schranke

Zuletzt erfordert die Niederlassungsfreiheit die Prüfung der Schranken-Schranken.

a) Verhältnismäßigkeit

Dies beinhaltet zum einen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, in welcher die Niederlassungsfreiheit mit gegenläufigen Belangen abgewogen wird, und zum anderen die Beachtung sonstigen Primärrechts. Beispiel: Art. 6 EUV in Verbindung mit der Grundrechtscharta.

b) Sonstiges Primärrecht

 

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