Konkurrenzen

Aufbau der Prüfung - Konkurrenzen

Die Konkurrenzen werden grundsätzlich am Ende der Klausur gebildet, sollten jedoch auch bereits nach jedem Handlungsabschnitt erörtert werden. Konkurrenzen werden in zwei Schritten geprüft. In einem ersten Schritt ist nach der Anzahl der Handlungen zu fragen. In einem zweiten Schritt muss darauf eingegangen werden, ob Gesetzeskonkurrenzen vorliegen.

I. Wieviele Handlungen

Zunächst stellt sich somit die Frage, wie viele Handlungen vorliegen, also eine oder mehrere.

1. Handlungseinheit

Innerhalb der Konkurrenzen besteht vorerst die Möglichkeit der Handlungseinheit. Handlungseinheit liegt immer dann vor, wenn entweder eine Handlung im natürlichen Sinne, eine natürliche Handlungseinheit oder eine rechtliche Handlungseinheit vorliegt.

a) Handlung im natürlichen Sinne

Eine Handlung im natürlichen Sinne ist immer dann gegeben, wenn ein Handlungsentschluss zu einer Willensbetätigung führt. Beispiel: Ein Schuss, ein Schlag oder ein Spruch.

b) Natürliche Handlungseinheit

Natürliche Handlungseinheit sind dagegen mehrere Willensbetätigungen, also mehrere Handlungen, die aber zeitlich und räumlich zusammenhängen und von einem einheitlichen Willen getragen werden. Beispiel: Der Täter schlägt mehrfach auf sein Opfer ein und tritt danach noch einmal zu. Oder der Täter entwendet ein Gemälde, nachdem er zuvor den Inhaber des Hauses zusammengeschlagen hat und liefert sich danach eine Verfolgungsjagd mit der Polizei.

c) Rechtliche Handlungseinheit

Außerdem existiert im Bereich der Konkurrenzen die sogenannte rechtliche Handlungseinheit. Sie kennt drei Unterfälle.

aa) Zusammengesetzte / mehraktige Delikte

Zum einen gehören hierzu die zusammengesetzten Delikte bzw. mehraktigen Delikte, welche aus zwei Straftatbeständen und somit auch aus zwei Handlungen bestehen. Beispiel: Raub (Nötigung und Wegnahme).

bb) Dauerdelikte

Weiterhin sind auch die Dauerdelikte erfasst. Diese liegen immer dann vor, wenn jemand einen rechtswidrigen Zustand schafft, diesen über einen längeren Zeitraum aufrecht erhält und das Delikt erst dann abgeschlossen ist, wenn er diesen Zustand nicht mehr aufrecht erhält. Dies erfüllt dann nur einen Straftatbestand. Beispiel: Freiheitsberaubung, § 239 StGB.

cc) Verklammerung

Zuletzt kennen die Konkurrenzen im Rahmen der rechtlichen Handlungseinheit noch die sogenannte Verklammerung oder Klammerwirkung, welche dann gegeben ist, wenn zwei an sich selbständige Handlungen durch einen Straftatbestand, der die ganze Zeit vorliegt, zusammengefasst werden. Beispiel: Jemand fährt fahrlässig einen anderen Menschen zu Tode (§ 222 StGB), entfernt sich anschließend unerlaubt vom Unfallort (§ 142 StGB) und fährt die ganze Zeit über mit einem Fahrzeug, das er nicht benutzen darf (§ 248b StGB). Der Straftatbestand des § 248 b StGB fasst hierbei als Dauerdelikt die anderen beiden Straftatbestände zu einer Handlung zusammen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass das Unrecht dieses Straftatbestandes mindestens an das Unrecht eines der anderen Delikte heranreicht.

2. Handlungsmehrheit

Zweite Möglichkeit im Bereich der Konkurrenzen ist die Handlungsmehrheit, welche dann besteht, wenn mehrere Handlungen vorliegen.

II. Gesetzeskonkurrenzen?

Ferner ist im Rahmen der Konkurrenzen danach zu fragen, ob Gesetzeskonkurrenzen eingreifen, also welches Unrecht verwirklicht wurde bzw. welches Schutzgut betroffen ist. Gesetzeskonkurrenzen liegen immer dann vor, wenn das Unrecht eines Straftatbestandes in dem Unrecht eines anderen Straftatbestands enthalten ist. In einem solchen Fall, wird der erste Straftatbestand von dem zweiten Straftatbestand verdrängt. Im Bereich der Konkurrenzen ist hier wiederum zwischen Handlungseinheit und Handlungsmehrheit zu unterscheiden.

1. Bei Handlungseinheit

Die Handlungseinheit kennt drei Arten von Gesetzeskonkurrenzen: Spezialität, Subsidiarität und Konsumtion.

a) Spezialität

Spezialität ist immer dann gegeben, wenn ein Straftatbestand begriffsnotwendig alle Merkmale eines andere Straftatbestandes enthält, aber mindestens ein Merkmal darüber hinausgeht. Beispiel: Alle Qualifikationen in ihrem Verhältnis zum Grunddelikt (§ 224 zu § 223 StGB) sowie alle Privilegierungen (§ 216 zu § 212 StGB).

b) Subsidarität

Weiterhin ist die Subsidiarität Teil der Gesetzeskonkurrenzen im Rahmen der Handlungseinheit. Sie meint die hilfsweise Anwendung. Ein Straftatbestand kommt somit nur hilfsweise zur Anwendung für den Fall, dass ein anderer nicht eingreift. Hierbei ist zwischen formeller und materieller Subsidiarität zu unterscheiden. Ersterer Fall meint solche Fälle, in welchen die hilfsweise Anwendung ausdrücklich im Gesetz geregelt ist. Beispiel § 246 StGB („Wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwerer Strafe bedroht ist“). Die materielle Subsidiarität ist folglich nicht ausdrücklich geregelt und besteht bei sogenannten Unrechtsstufenverhältnissen. Beispiel: Totschlag durch Unterlassen ist vorrangig vor der unterlassenen Hilfeleistung.

cc) Konsumtion

Letzter Fall der Gesetzeskonkurrenzen im Rahmen der Handlungseinheit ist die Konsumtion. Diese ist erfüllt, wenn ein Tatbestand in einem anderen typischerweise mit verwirklicht wird. Beispiel: Der Wohnungseinbruchsdiebstahl verdrängt den Hausfriedensbruch.

2. Bei Handlungsmehrheit

Die Konkurrenzen im Rahmen der Handlungsmehrheit beschränken sich auf die mitbestrafte Vortat und die mitbestrafte Nachtat. Dies bedeutet, dass das Unrecht einer Handlung weniger gewichtig ist, als das Unrecht der anderen Handlung.

a) Mitbestrafte Vortat

Beispiel mitbestrafte Vortat: Jemand entwendet an einem Montag einen Autoschlüssel und Tage später entwendet er das dazugehörige Auto. Hier tritt der Diebstahl an dem Schlüssel  hinter dem Diebstahl am Auto als mitbestrafte Vortat zurück.

b) Mitbestrafte Nachtat

Beispiel mitbestrafte Nachtat: Auf den Diebstahl eines Autos folgt der Verkauf desselben an einen gutgläubigen Dritten. Dieser Sicherungsbetrug tritt als mitbestrafte Nachtat hinter dem Diebstahl an dem Auto zurück.

III. Ergebnis, wenn keine Gesetzeskonkurrenzen

Zuletzt ist das Ergebnis der Konkurrenzen zu bilden.

1. Bei Handlungseinheit

Für den Fall dass im Bereich der Handlungseinheit keine Gesetzeskonkurrenzen vorliegen, besteht Idealkonkurrenz nach § 52 StGB. Beispiel: A schlägt B und nimmt dabei billigend die Beschädigung des Hemdes des B in Kauf. Körperverletzung und Sachbeschädigung stehen in Tateinheit.

2. Bei Handlungsmehrheit

Besteht Handlungsmehrheit und es liegen keine Gesetzeskonkurrenzen vor, ist Realkonkurrenz gemäß § 53 StGB gegeben. Beispiel: Am Montag begeht der Täter eine Körperverletzung, am Donnerstag zerreißt er einer Person das Hemd (verschiedene Schutzgüter, verschiedene Handlungen).

 

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