Kommunalverfassungsstreitigkeit
Aufbau der Prüfung - Kommunalverfassungsstreitigkeit
Die Kommunalverfassungsstreitigkeit ist nicht mit der Kommunalverfassungsbeschwerde zu verwechseln. Bei der Kommunalverfassungsstreitigkeit geht es darum, dass Organe oder Organteil der Gemeinde aneinander geraten. Beispiel: A ist Gemeindevertreter und fühlt sich in einer Sitzung der Gemeindevertretung durch den Gemeindevertreter B gestört, der dort unentwegt strickt. Dann wendet sich A an den Sitzungsleiter mit der Bitte, dass dieser gegen B vorgeht, also auffordert, das Stricken zu unterlassen. Der Sitzungsleiter sympathisiert aber mit B und nun klagt A darauf, dass der Sitzungsleiter gegen B vorgeht.
A. Zulässigkeit
Die Kommunalverfassungsstreitigkeit müsste zunächst zulässig sein.
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
Der Verwaltungsrechtsweg müsste eröffnet sein. Die streitentscheidenden Normen sind dabei solche der Gemeindeordnung, die auch Kommunalverfassung genannt und in einigen Bundesländer ausdrücklich so genannt wird. Dies hängt damit zusammen, dass die Gemeindeordnung die Verfassung bzw. die „Verfasstheit" der Gemeinde darstellt.
II. Statthafte Klageart
Die Kommunalverfassungsstreitigkeit befasst sich mit Fällen, in denen Streit zwischen Organen oder Organteilen einer Gemeinde besteht. Lange hat man versucht, für diese Fallkonstellationen eine Klage sui generis als statthafte Klageart zu prüfen. Hierfür besteht allerdings kein Bedürfnis. Auch mit den bekannten Klagearten ist eine Prüfung möglich, in der Regel mit der Allgemeinen Leistungsklage oder Feststellungsklage, denn die Handlungen innerhalb der Gemeinde haben keine Außenwirkung und stellen damit keinen Verwaltungsakt dar. Beispiel: A möchte, dass der Sitzungsleiter gegen den B vorgeht. Damit begehrt A ein Tun vom Sitzungsleiter, das kein Verwaltungsakt ist.
III. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
Zudem sind die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen zu prüfen.
1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
Zunächst müsste die Klagebefugnis nach § 42 II VwGO vorliegen. Hier genügt die Möglichkeit der Verletzung von Rechten des Organs aus der Gemeindeordnung. Ob eine tatsächliche Verletzung vorliegt, ist erst in der Begründetheit zu prüfen. Das Berufen auf Grundrechte genügt dabei nicht. Denn als Gemeindevertreter ist A Teil des Staates und dadurch vielmehr Grundrechtsverpflichteter. Deshalb muss sich A auf Rechte aus der Gemeindeordnung berufen, die sich insbesondere unter dem Abschnitt der Gemeindevertretung finden lassen, vgl. § 35 HGO.
2. Klagegegner
Grundsätzlich ist richtiger Klagegegner im Rahmen der Leistungs- oder Feststellungsklage der Rechtsträger, § 78 I VwGO, dies wäre die Behörde selbst. Dies ergibt jedoch keinen Sinn, denn Rechtsträger beider beteiligten Gemeindevertreter A und B wäre jeweils dieselbe Gemeinde und die Gemeinde würde gegen sich selbst klagen. Deshalb wird der Klagegegner modifiziert und dieser richtet sich nach der innenorganisatorischen Kompetenzordnung. Zu prüfen ist damit, wer nach der Gemeindeordnung die Sitzungsgewalt hat, also die Befugnis, einem Gemeindevertreter zu verbieten, zu stricken. Dies ergibt sich nach den jeweiligen Vorschriften.
IV. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen
Bei den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen ist die Besonderheit im Rahmen der Beteiligtenfähigkeit zu beachten. Denn der Gemeindevertreter A fühlt sich nicht als natürliche Person (Nr. 1, 1. Alt.) gestört noch ist er juristische Person (Nr. 1, 2. Alt.) oder Behörde (Nr. 3). Als Teil der Gemeinde soll der Vertreter aber nach § 61 Nr. 3 VwGO analog beteiligtenfähig sein.
B. Begründetheit
Im Rahmen der Begründetheit der Kommunalverfassungsstreitigkeit ist die Verletzung der Rechte des Organs aus der Gemeindeordnung zu prüfen.