Kommunales Selbstverwaltungsrecht, Art. 28 II GG, Art. 84 SächsVerf
Aufbau der Prüfung - Kommunales Selbstverwaltungsrecht, Art. 28 II GG, Art. 84 SächsVerf
Das kommunale Selbstverwaltungsrecht ist in Art. 28 II GG geregelt. Eine entsprechende landesrechtliche Vorschrift findet sich in Art. 84 SächsVerf bzw. eine einfachgesetzliche Regelung in § 2 I SächsGemO. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht ist eine Art Grundrecht der Gemeinde gegenüber dem Land bzw. dem Bund und entsprechend wird es auch aufgebaut und geprüft: Schutzbereich, Eingriff und verfassungsrechtliche Rechtfertigung.
I. Schutzbereich
1. Persönlich
In persönlicher Hinsicht gilt das kommunale Selbstverwaltungsrecht für Gemeinden (auch Städte) und Gemeindeverbände (Kreise).
2. Sachlich
In sachlicher Hinsicht umfasst das kommunale Selbstverwaltungsrecht alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, Art. 28 II GG. Darunter werden alle Aufgaben verstanden, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder spezifischen Bezug zu ihr haben und von der örtlichen Gemeinschaft bewältigt werden können. Dies ist die historische Betrachtungsweise. Danach werden den Gemeinden historisch bestimmte Aufgaben zugeordnet. Dies betrifft zunächst die Gebietshoheit, die Organisationshoheit, die Personalhoheit und die Finanz- und Abgabenhoheit. Beispiel: Sieht das Landesrecht vor, dass in den Gemeinden hauptamtlichen ein Datenschutzbeauftragter implementiert werden muss und sind zudem inhaltliche Anforderungen an den Datenschutzbeauftragten formuliert, dann sind die Gemeinden gezwungen, einen Datenschutzbeauftragten einzusetzen. Dies beträfe dann zunächst die Organisationshoheit er Gemeinde, da eine Stelle geschaffen werden müsse. Solche Vorhaben seitens des Landesrechts griffe dann in die Organisationshoheit ein. Die inhaltlichen Anforderungen beträfen die Personalhoheit, weil bei der Personalentscheidung geprüft werden müsse, ob der Kandidat nach den geforderten Voraussetzungen einzustellen wäre. Schließlich soll der Beauftragte auch hauptamtlich eingestellt werden, damit müsste ihm ein Lohn gezahlt werden, was dann die Finanz- und Abgabenhoheit der Gemeinde erfasse. Darüber hinaus umfassen die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft die Planungshoheit, die Satzungshoheit (Gemeinden erlassen Baupläne, § 10 I BauGB, oder Satzungen über die Benutzung öffentlicher Einrichtungen), die Daseinsvorsorge und schließlich die Kulturhoheit, d.h. Gemeinden können Schwimmbäder zur Verfügung stellen oder ein Theater einrichten.
II. Eingriff
Ferner müsste ein Eingriff in den Schutzbereich vorliegen. Dies ist so zu verstehen wie bei den Grundrechten. Ein Eingriff ist damit jede Verkürzung des Schutzbereichs. Beispiel: Landesrecht sieht die Implementierung eines Datenschutzbeauftragten vor. Dies stellt zumindest eine Verkürzung der Organisationshoheit dar.
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Der Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn er Ausdruck der Schranke ist.
1. Bestimmung der Schranke
Für das kommunale Selbstverwaltungsrecht gilt ein einfacher Gesetzesvorbehalt, dies folgt aus dem Wortlaut des Art. 28 II GG („im Rahmen der Gesetze“).
2. Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlage
Ist im Landesrecht vorgesehen, dass die Gemeinden einen Datenschutzbeauftragten implementieren müssen, dann ist zu prüfen, ob dies formell sowie materiell verfassungsgemäß ist.
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit
Das Landesrecht müsste zunächst formell verfassungsgemäß sein, Art. 70 ff. GG.
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit
Ferner müsste das Landesrecht materiell verfassungsgemäß sein. Schrankenspezifische Anforderungen gibt es nicht.
aa) Verhältnismäßigkeit
In Art. 28 II GG ist ein einfacher Gesetzesvorbehalt geregelt. Deshalb ist insbesondere die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Das Gesetz, das das kommunale Selbstverwaltungsrecht einschränkt, muss seinerseits verhältnismäßig sein. Beispiel: Sieht das Landesrecht vor, dass in den Gemeinden hauptamtlichen ein Datenschutzbeauftragter implementiert werden muss, wäre es unverhältnismäßig, wenn das Landesrecht z.B. nicht nach der Größe der Gemeinden differenziert. Unverhältnismäßig wäre es, wenn ein Dorf mit 20 Einwohnern einen Beauftragten implementieren müsste und dies den gesamten Jahreshaushalt beanspruchen würde. Der zulässige Zweck, die Geeignetheit, die Erforderlichkeit wie die Zumutbarkeit sind dann im Einzelfall zu prüfen.
bb) Sonstige Anforderungen
Bei den sonstigen Anforderungen, die im Normalfall keine Rolle spielen, ist ggf. das Rechtsstaatsprinzip zu prüfen, da die Staatsfunktion gerade bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit nicht zu vernachlässigen sind, z.B. bei einer unzulässigen Rückwirkung.
3. Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
Für den Fall, dass es einen Einzelakt gibt, ist auch die Verhältnismäßigkeit des Einzelaktes zu prüfen.