Klageänderung

Klageänderung

Fällt dir in der Klausur auf, dass der Kläger am Schluss der mündlichen Verhandlung etwas anderes begehrt als in der Klage, musst du dich wahrscheinlich mit den Voraussetzungen der Klageänderung beschäftigen. Das setzt voraus, dass der Kläger entweder einen neuen Antrag stellt oder seinen bisherigen Antrag auf einen neuen Lebenssachverhalt stützt, sich also der Streitgegenstand geändert hat.

Es geht also um die Frage: Worüber muss ich entscheiden?

I. Relation

In der Relation prüfst du wie immer zunächst den zuletzt gestellten Antrag. Hier geht es vor allem darum, ob du darüber überhaupt in der Sache entscheiden darfst.

Anschließend kommt es darauf an, ob (auch) über den bisherigen Antrag eine Entscheidung in der Sache erforderlich wird.

1. Zuletzt gestellter Antrag

Du prüfst, ob der Kläger den Streitgegenstand zulässigerweise geändert hat. Ist das nicht der Fall, weist du die geänderte Klage als unzulässig ab.

a) Änderung des Streitgegenstands?

Dafür muss es sich überhaupt um eine Änderung des Streitgegenstands handeln.

Das ist bspw. nicht der Fall, wenn der Kläger sein Begehren lediglich auf eine weitere oder neue Anspruchsgrundlage stützt. Auch der Wechsel in der Art der Schadensberechnung ist keine Änderung des Streitgegenstands (Vgl. BGH VII ZR 122/14 für pos./neg. Interesse). In einem solchen Fall geht es nach wie vor um den ursprünglichen Streitgegenstand.

b) Stets zulässige Klageänderung nach § 264 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO

Hat sich der Klageantrag geändert, während der Klagegrund unverändert geblieben ist, liegt eine stets zulässige Klageänderung nach § 264 Nr. 2, 3 ZPO vor.

Beachte: Reduziert der Kläger seinen Antrag, findet nach überwiegender Auffassung § 264 Nr. 2 ZPO keine Anwendung, sondern es gehen die Regeln über Teil-Rücknahme, Teil-Verzicht oder Teil-Erledigung vor. Die Vorschrift hat deshalb vor allem Bedeutung für die Klageerweiterung.

§ 264 Nr. 3 ZPO erfasst vor allem die Fälle, in denen der Kläger seine Klage von Lieferung auf Schadensersatz statt der Leistung oder die Herausgabe des Surrogats umstellt.

c) Einwilligung des Beklagten (§ 263 ZPO); ggf. fingiert (§ 267 ZPO)?

Hat sich (auch) der Klagegrund geändert, ist die Klageänderung zulässig, wenn der Beklagte einwilligt (§ 263 ZPO). Diese Einwilligung wird nach § 267 ZPO fingiert, wenn sich der Beklagte auf die geänderte Klage eingelassen hat – bspw. durch einen Klageabweisungsantrag -, ohne die Unzulässigkeit der Klageänderung zu rügen.

d) Sachdienlichkeit (§ 263 ZPO)?

Ohne die Einwilligung des Klägers ist die Klageänderung zulässig, wenn du sie für sachdienlich hältst.

Sachdienlichkeit liegt vor, wenn der bisherige Prozessstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und die Zulassung die endgültige Beilegung des Streits fördert und einen neuen Prozess vermeidet. Umgekehrt folgt daraus, dass eine Klageänderung dann nicht sachdienlich ist, wenn im Prinzip ein komplett neuer Prozess geführt werden müsste.

2. Ursprüngliche Klage?

Ob du dann auch noch über die ursprüngliche Klage entscheiden musst, hängt davon ab:

  • Bei einem Austausch der ursprüngliche gegen die neue Klage entfällt bei Zulässigkeit der Klageänderung die Rechtshängigkeit der ursprünglichen Klage. Bei der Kostenentscheidung kann § 96 ZPO greifen.

  • Bei Unzulässigkeit der Klageänderung kommt es auf den klägerischen Willen in Bezug auf den ursprünglichen Antrag an (Rücknahme, Erledigung, Verzicht, Hilfsantrag etc.). Erklärt sich der Kläger nicht, kommt auch ein Versäumnis-Teil- und Schlussurteil in Betracht.