Hilfsaufrechnung (Behandlung im Gutachten)

Aufbau der Prüfung - Hilfsaufrechnung (Behandlung im Gutachten)

In diesem Exkurs wird die Hilfsaufrechnung im Gutachten dargestellt. Beispiel: A wird von B auf 10.000 Euro aus einem Darlehen verklagt. A verteidigt sich mit der Einrede der Verjährung. Hilfsweise rechnet er mit einer Forderung auf. Die Hilfsaufrechnung ist nach der Begründetheit der Klage zu prüfen. Denn in der Begründetheit wird zunächst geprüft, ob der Anspruch des B besteht, ob insbesondere auch die von A geltend gemachte Verjährung der Darlehensforderung durchgreift. Greift die Verjährungseinrede nicht, ist dann nach der Begründetheit der Klage die Hilfsaufrechnung zu prüfen. Im Gutachten gliedert sich die Prüfung der Hilfsaufrechnung sodann in drei Schritte: Bedingungseintritt, prozessuale Voraussetzungen und materielle Voraussetzungen der Hilfsaufrechnung.

I. Bedingungseintritt/Zulässigkeit der Hilfsaufrechnung

Hinsichtlich des Bedingungseintritts ist zu erwähnen, dass Prozesshandlungen grundsätzlich bedingungsfeindlich sind. Bei der Hilfsaufrechnung handelt es sich aber um eine zulässige innerprozessuale Bedingung. Denn die Frage, ob über die Hilfsaufrechnung entschieden wird, hängt ausschließlich davon ab, ob die Klage begründet ist. Sie hängt daher nicht von äußeren Umständen ab. Die Bedingung, die eintreten muss, ist die Begründetheit der Klage. Aus diesem Grund muss die Begründetheit komplett zu Ende geprüft worden sein. Weiterhin müssen auch die prozessualen und materiellen Voraussetzungen erfüllt sein, da es sich bei der Hilfsaufrechnung um eine Prozesshandlung und um eine materiell-rechtliche Willenserklärung handelt.

II. Prozessuale Voraussetzungen

Zunächst müssen daher die Prozesshandlungsvoraussetzungen, also Partei-, Prozess-, und Postulationsfähigkeit, gegeben sein. Ferner stellt sich die Frage, ob der gleiche Rechtsweg für die Aufrechnung wie für die Klageforderung gegeben sein muss, ob also beispielsweise in einem Zivilprozess mit einer Forderung aus einem anderen Rechtsweg aufgerechnet werden kann. Nach herrschender Meinung ist die Aufrechnung über rechtswegfremde Gegenforderungen nicht zulässig. Dies spielt in der Klausur regelmäßig keine Rolle, da über die Hilfsaufrechnung aus klausurtaktischen Gründen entschieden werden soll. Die Gegenforderung, mit der aufgerechnet werden soll, muss hinreichend bestimmt sein. Nach herrschender Meinung steht zudem eine anderweitige Rechtshängigkeit der Gegenforderung der Hilfsaufrechnung nicht entgegen, vgl. § 263 III Nr. 1 ZPO. Der Grund hierfür ist, dass die Gegenforderung mangels Antrags nicht zum Streitgegenstand wird, sondern lediglich ein Verteidigungsmittel darstellt.

III. Materielle Voraussetzungen, §§ 387 ff. BGB

Zuletzt müssen auch die materiellen Voraussetzungen der Hilfsaufrechnung vorliegen. Dies richtet sich nach den §§ 387 ff. BGB. Dies erfordert eine Aufrechnungslage, vgl. § 387 BGB, eine Aufrechnungserklärung, vgl. § 388 BGB sowie kein Aufrechnungsverbot, wie es sich beispielsweise aus § 393 BGB ergibt. Liegen all diese Voraussetzungen vor, führt die Hilfsaufrechnung zum Erlöschen der Klageforderung und zur Abweisung der Klage.

Beachte: Die Hilfsaufrechnung ist von der Primäraufrechnung abzugrenzen. Eine Primäraufrechnung ist immer dann gegeben, wenn die Aufrechnung das einzige Verteidigungsmittel des Beklagten darstellt, er also keine anderen Argumente gegen die Klage vorbringt. Die Primäraufrechnung ist deshalb in der Begründetheit zu prüfen. 

 

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