Haupt- und Hilfsantrag
Haupt- und Hilfsantrag
Klausuren, in denen der Kläger seine Klage hilfsweise auf einen anderen Antrag stützt bzw. stützen sollte, sind sehr beliebt.
I. Klägerklausur
In der Klägerklausur musst du erkennen, dass der Mandant für den Fall, dass er mit seinem eigentlichen Begehren keinen Erfolg hat, immerhin einen anderen Anspruch geltend machen könnte. In der Klausurkonstellation wird es immer am zweckmäßigsten sein, auch schon diesen Anspruch in den Prozess einzuführen, und zwar als Hilfsantrag unter der innerprozessualen Bedingung, dass der Hauptantrag keinen Erfolg hat. Hierfür sprechen vor allem Kostenargumente, denn selbst wenn der Kläger mit beiden Anträgen verlieren sollte, wäre das immer noch kostengünstiger, als wenn er zwei getrennte Klage erhebt. Das liegt daran, dass die Gerichts- und Anwaltsgebühren nicht linear, sondern degressiv steigen.
Für die Frage nach der sachlichen Zuständigkeit kommt es nur auf den Hauptantrag an, der Wert des Hilfsantrags bleibt unberücksichtigt.
II. Urteilsklausur
1. Relation
In der Relation der Urteilsklausur ist es wichtig, dass du zunächst die Erfolgsaussichten des Hauptantrags prüfst, da der Hilfsantrag unter der Bedingung steht, dass der Hauptantrag unbegründet ist. Das musst du also zuvor festgestellt haben. Hierzu kann es bspw. notwendig sein, eine Beweisaufnahme auszuwerten. Es wäre deshalb falsch, die Frage nach der Begründetheit des Hauptantrags offenzulassen, weil jedenfalls der Hilfsantrag begründet ist.
2. Urteil
a) Begründetheit des Hauptantrags
Ist der Hauptantrag begründet, tritt die Bedingung nicht ein. Du entscheidest nicht über den Hilfsantrag. Er spielt auch keine Rolle bei der Kostenentscheidung und der vorläufigen Vollstreckbarkeit. Im Tatbestand gibst du ihn wieder, in den Entscheidungsgründen weist du am Ende kurz darauf hin, dass über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden war.
b) Begründetheit des Hilfsantrags
Interessanter ist die Variante, dass der Hauptantrag unbegründet ist, aber der Hilfsantrag Erfolg hat.
aa) Tenor
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Im Tenor zu Hauptsache verurteilst du den Beklagten zwar, musst die Klage aber im Übrigen abweisen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich deshalb aus § 92 Abs. 1 ZPO. Hierfür musst du den Kostenstreitwert ermitteln, für den § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG gilt: Haupt- und Hilfsantrag werden addiert. Das gilt aber dann nicht, wenn beide dasselbe Interesse des Klägers betreffen (Satz 3); dann ist nur der höhere Wert maßgeblich. Das ist das der Fall, wenn sich die Ansprüche gegenseitig ausschließen, das Gericht also nur dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag inhaltlich stattgegeben könnte.
Bsp. 1: Der Kläger begehrt die Zahlung von 10.000,00 Euro aus Vertrag A, hilfsweise aus Vertrag B.
Hier schließen sich Haupt- und Hilfsantrag nicht aus, so dass der Kostenstreitwert 20.000,00 Euro beträgt. Da der Kläger nur mit dem Hilfsantrag gewinnt, müssten die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden.
Bsp. 2: Der Kläger begehrt die Lieferung einer Kaufsache im Wert von 1.600,00 Euro. Den Kaufpreis iHv von 2.000,00 Euro hat er bereits bezahlt. Der Beklagte hat die Anfechtung des Kaufvertrages erklärt. Deshalb beantragt der Kläger hilfsweise die Rückzahlung des Kaufpreises.
Hier schließen sich Haupt- und Hilfsantrag aus. Entweder ist der Kaufvertrag wirksam, dann kann der Kläger die Lieferung verlangen, erhält aber auch nicht den Kaufpreis nicht zurück. Oder der Kaufvertrag ist unwirksam, dann erhält er den Kaufpreis zurück, hat aber keinen Anspruch auf Lieferung der Kaufsache.
Der Kostenstreitwert ergibt sich deshalb nicht aus Addition der Werte. Vielmehr ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgeblich (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG). Das ist hier der Hilfsantrag mit 2.000,00 Euro gegenüber den 1.600,00 Euro des Hauptantrags.
Trotz des Teilunterliegens muss der Kläger nur dann Kosten tragen, wenn sein Unterliegen über den Wert des Hilfsantrags hinausgeht, der Hauptantrag also den höheren Wert hat. Ansonsten trägt der Beklagte sämtliche Kosten des Rechtsstreits, und zwar nach § 91 Abs. 1 ZPO.
Im zweiten Beispiel obsiegt der Kläger mit den 2.000,00 Euro, die den Gebührenstreitwert bilden. Also muss der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen. Bei umgekehrten Werten würde das Obsiegen des Klägers iHv 1.600,00 Euro um 400,00 Euro hinter dem Gebührenstreitwert zurückbleiben, so dass der Kläger 1/4 der Kosten tragen müsste.
bb) Tatbestand
Im Tatbestand bietet sich der folgende Aufbau an:
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Unstreitiger Vortrag zu Haupt- und Hilfsantrag
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Streitiger Kl-Vortrag zum Hauptantrag
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Streitiger Kl-Vortrag zum Hilfsantrag
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Anträge
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Hauptantrag
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Hilfsantrag
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Klagabweisungsantrag
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Streitiger Beklagtenvortrag zum Hauptantrag
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Streitiger Beklagtenvortrag zum Hilfsantrag
cc) Entscheidungsgründe
„Die zulässige Klage ist lediglich nach dem Hilfsantrag begründet.“
I. Ausführungen zum Hauptantrag
II. Ausführungen zum Hilfsantrag
„Über den Hilfsantrag war zu entscheiden. Die innerprozessuale Bedingung, unter der er gestellt war – Erfolglosigkeit des Hauptantrags -, ist eingetreten (unter I.).“
III. Nebenentscheidungen