Gutachten bei einseitiger Teil-Erledigungserklärung
Aufbau der Prüfung - Teilweise einseitige Erledigungserklärung (Behandlung im Gutachten)
In diesem Exkurs wird das Gutachten bei der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung dargestellt. Beispiel: A verklagt B auf Zahlung von 1.000 Euro. Die Klage wird dem B zugestellt, sodass Rechtshängigkeit eintritt. Daraufhin zahlt der B an A 600 Euro. A reagiert darauf, indem er den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 600 Euro für erledigt erklärt. B widerspricht dieser Erledigungserklärung. Im Rahmen der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung wird das Gutachten in fünf Schritten geprüft: Auslegung der Erklärung als einseitige Teilerledigungserklärung, Zulässigkeit der Klageänderung, Zulässigkeit der Klagen, Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO, Begründetheit der Klagen.
I. Auslegung der Erklärung als einseitige Teil-Erledigungserkärung
Der Prüfungspunkt der Auslegung der Erklärung als einseitige Teilerledigungserklärung ist nicht zwingend. Er dient lediglich zur Orientierung, damit die prozessuale Situation richtig erkannt wird. Er ist vergleichbar mit dem Prüfungspunkt „Auslegung der Anträge“. In Bezug auf den Beispielsfall ist festzustellen, dass eine Teilerledigungserklärung vorliegt, da von dem Klageantrag von 1.000 Euro nur 600 Euro für erledigt erklärt worden sind. Sodann wird festgestellt, dass die Erledigungserklärung einseitig geblieben ist, da der Beklagte ihr widersprochen hat. Schließlich muss diese Erklärung auch wirksam sein, vgl. §§ 91a, 78 III ZPO. Selbst vor dem Landgericht kann der Kläger die Erledigungserklärung auch ohne seinen Anwalt abgeben, da in den §§ 91a, 78 II ZPO geregelt ist, dass man die Erledigungserklärung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle abgeben kann.
II. Zulässigkeit der Klageänderung
Nach der Auslegung der Erklärung als einseitige Teilerledigungserklärung ist die Zulässigkeit der Klageänderung zu prüfen, da es sich bei der einseitigen Erledigungserklärung um eine Klageänderung in eine Feststellungsklage handelt. Diese ist nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässig. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Feststellungsklage zu prüfen.
III. Zulässigkeit der Klagen
Ferner erfolgt die Prüfung der Zulässigkeit der Klagen. Zur Begründung: Die Erledigungserklärung ist nur teilweise erfolgt, weshalb die Feststellungsklage auch nur bezüglich eines Teils einschlägig. ist Die Restforderung wird von dem Kläger weiterhin als Leistungsklage verfolgt.
1. Bgzl. der Feststellungsklage
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage gliedert sich in die allgemeinen und die besonderen Prozessvoraussetzungen. Besondere Prozessvoraussetzung ist das Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO. Dieses besteht darin, nicht die Kosten des Rechtsstreits tragen zu müssen.
2. Bzgl. der Restklage (Leistungsklage)
Dann wird zur Zulässigkeit der Restleistungsklage bezüglich der 400 Euro übergegangen. Hier sind nur die allgemeinen Prozessvoraussetzungen zu erörtern.
IV. Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung, § 260 ZPO
Hieran schließt sich die Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung gemäß § 260 ZPO an. Da zwei Klagen vorliegen, muss es auch zulässig sein, beide miteinander zu verbinden. Dies richtet sich nach § 260 ZPO. Danach können mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Dieselbe Prozessart meint, dass zwar zwei Klagen vorliegen, aber nicht versucht wird, einstweiligen Rechtsschutz oder einen Urkundenprozess mit einer normalen Klage zu verbinden. Dies ist nicht möglich.
V. Begründetheit der Klagen
In der Begründetheit der Klagen ist wieder zwischen der Feststellungsklage und der Leistungsklage zu unterscheiden.
1. Bzgl. Feststellungsklage
Im Rahmen der Begründetheit der Feststellungsklage sind vier Punkte zu prüfen: Zulässigkeit der ursprünglichen Klage bezüglich des erledigten Teils, Begründetheit der ursprünglichen Klage bezüglich des erledigten Teils, tatsächlich erledigendes Ereignis, das zur Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage geführt hat.
a) Zulässigkeit der ursprünglichen Klage (erledigter Teil)
Zunächst ist somit die Zulässigkeit der ursprünglichen Leistungsklage bezüglich des erledigten Teils (600 Euro) zu prüfen. Hier wird in aller Regel nach oben verwiesen werden können.
b) Begründetheit der ursprünglichen Klage (erledigter Teil)
Daran schließt sich die Begründetheit der ursprünglichen Leistungsklage bezüglich des erledigten Teils an. An dieser Stelle ist zu prüfen, ob der Anspruch bestanden hat. Folglich ist die entsprechende Anspruchsgrundlage zu suchen und durchzuprüfen.
c) Tatsächlich erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit
Ferner muss ein tatsächlich erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit gegeben sein. Ein tatsächliches Ereignis ist bei einer Zahlungsklage die Zahlung, bei einer Herausgabeklage die Herausgabe etc. Dieses Ereignis muss zudem nach Rechtshängigkeit eingetreten sein, also zu dem Zeitpunkt, als die Klage dem Beklagten schon zugestellt war.
d) Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage aufgrund Erledigung
Darüber hinaus muss das tatsächlich erledigende Ereignis zur Unzulässigkeit und/oder Unbegründetheit der ursprünglichen Klage geführt haben. Sind wie im Beispielsfall 600 Euro auf die Klageforderung gezahlt worden, so führt dies nach § 362 BGB zur Erfüllung und damit zum Erlöschen der Klageforderung.
2. Bzgl. Restklage (Leistungsklage)
Zuletzt erfolgt die Prüfung der Begründetheit der Restklage bezüglich der verbliebenen 400 Euro. Es ist somit zu erörtern, ob ein Anspruch auf Zahlung der 400 Euro besteht. In der Regel wird es bei einem einheitlichen Anspruchsgrund so sein, dass nach oben auf die Erörterung der Begründetheit der ursprünglichen Klage verwiesen werden kann. Handelt es sich um unterschiedliche Anspruchsgrundlagen, ist an dieser Stelle eine gesonderte Prüfung erforderlich.