Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Art. 45 ff. AEUV

Aufbau der Prüfung - Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Art. 45 ff. AEUV

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, auch Bestandteil der Personenverkehrsfreiheit, ist in den Art. 45 ff. AEUV geregelt. Auch bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gilt der allgemeine Aufbau für Grundfreiheiten. Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wird somit in drei Schritten geprüft: Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung.

I. Schutzbereich

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer setzt zunächst voraus, dass der Schutzbereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer betroffen ist.

1. Kein spezielles Sekundärrecht

Hier darf zunächst kein spezielles Sekundärrecht greifen. Regelt beispielsweise eine Verordnung diesen speziellen Fall, wäre diese vorrangig anzuwenden. Man würde somit nicht auf die Art. 45 ff. AEUV zurückgreifen.

2. Unmittelbare Anwendbarkeit

Zudem müsste die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auch unmittelbar anwendbar sein. Das Primärrecht ist nur unmittelbar anwendbar, wenn es hinreichend bestimmt ist, es also keines weiteren Umsetzungsaktes bedarf („self-executing“). Für die Grundfreiheiten - und damit auch für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer - ist dies allgemein anerkannt.

3. Grenzüberschreitender Sachverhalt

Auch bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist es erforderlich, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. An dieser Stelle erfolgt gegebenenfalls die Abgrenzung zur reinen Inländerdiskriminierung.

4. Persönlicher Schutzbereich

In persönlicher Hinsicht schützt die Freizügigkeit der Arbeitnehmer Angehörige der Mitgliedsstaaten, also Unionsbürger. Darüber hinaus schützen die Art. 45 ff. AEUV nur Arbeitnehmer. Dies wird ähnlich wie im deutschen Recht verstanden. Arbeitnehmer ist danach jede Person, die während einer bestimmten Zeit einem anderen nach dessen Weisung Leistungen gegen Vergütung erbringt. Entscheidend ist somit die Weisungsgebundenheit.

5. Sachlicher Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ergibt sich aus Art. 45 III AEUV. Geschützt ist das gesamte Spektrum, also nicht nur die Beschäftigung als solche, sondern auch die Bewerbung und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gilt die Bereichsausnahme des Art. 45 IV AEUV. Dieser regelt, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer nicht im Bereich der öffentlichen Verwaltung gilt.

II. Eingriff

Sodann ist zu prüfen, ob ein Eingriff in die Freizügigkeit der Arbeitnehmer vorliegt. Der Eingriff wird in Art. 45 II AEUV konkretisiert. Hier sind sämtliche Diskrimierungen in Bezug auf die Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen erfasst.

III. Rechtfertigung

1. Schranke

Auch bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer müssen im Rahmen der Rechtfertigung zunächst die Schranken ermittelt werden.

a) Ausdrücklich, Art. 45 III AEUV

Ausdrückliche Schranken finden sich in Art. 45 III AEUV. Daraus ergibt sich, dass Gründe der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit oder der Gesundheit Einschränkungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer rechtfertigen können.

b) Ungeschriebene

Zudem gelten auch bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer ungeschriebene Schranken, wenn verdeckte Diskrimierungen oder Beschränkungen vorliegen. Ein Eingriff kann nach der „Cassis de Dijon“ Entscheidung dann gerechtfertigt sein, wenn zwingende Erfordernisse des betreffenden Mitgliedsstaates gegeben sind.

2. Schranken-Schranke

Zuletzt erfordert die Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Prüfung der Schranken-Schranken.

a) Verhältnismäßigkeit

Dies beinhaltet zum einen eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, in welcher die Freizügigkeit der Arbeitnehmer den gegenläufigen Belangen gegenübergestellt wird, und zum anderen die Beachtung sonstigen Primärrechts. Beispiel: Art. 6 EUV in Verbindung mit der Grundrechtscharta.

b) Sonstiges Primärrecht

 

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