Formunwirksamkeit, § 125 BGB

Aufbau der Prüfung - Formunwirksamkeit, § 125 BGB

Bei den rechtshindernden Einwendungen ist die Formunwirksamkeit nach § 125 BGB zu berücksichtigen. Für eine Formunwirksamkeit muss entweder ein Verstoß gegen gesetzliche Formvorschriften (S. 1) oder ein Verstoß gegen vertraglich vereinbarte Formvorschriften vorliegen (S.2). 

I. § 125 S. 1 BGB

Die Formunwirksamkeit nach § 125 S. 1 BGB wird üblicherweise in drei Schritten geprüft.

1. Verstoß gegen gesetzliche Formvorschrift

Zunächst muss ein Verstoß gegen eine gesetzliche Formvorschrift vorliegen. Beispiele: Nach § 766 S. 1 BGB bedarf die Bürgschaftserklärung der Schriftform. Gemäß § 518 I BGB ist für das Schenkungsversprechen eine notarielle Beurkundung erforderlich. Gleiches gilt für den Grundstückskaufvertrag. Auch hier muss nach § 311b I 1 BGB eine notarielle Beurkundung erfolgen.

2. Heilung

Weiterhin dürfte für eine Formunwirksamkeit § 125 S.1 BGB keine Heilung eingetreten sein. Eine Heilung der unterlassenen Schriftform tritt bei der Bürgschaft gemäß § 766 S. 3 BGB dann ein, wenn der in Anspruch genommene Bürge bereits gezahlt hat. Ebenso tritt Heilung der unterlassenen notariellen Beurkundung nach § 518 II BGB ein, wenn die Leistung bewirkt wird, und nach § 311b I 2 BGB, wenn das Grundstück bereits aufgelassen wurde.

(3. § 242 BGB)

Weiterhin kann es ausnahmsweise nach § 242 BGB gegen die Grundsätze von Treu und Glauben sprechen, sich auf eine Formunwirksamkeit zu berufen. Dies ist jedoch nur zu prüfen, wenn der Fall hierzu Veranlassung gibt. Beispiel: Gezielte Täuschung über die Formbedürftigkeit. A betreibt eine Grundstücksverwaltung und verkauft ein Grundstück an B und sagt, es bedürfe ausnahmsweise keiner Beurkundung, da er ein Kaufmann sei. A täuscht über die Formbedürftigkeit, um sich später auf die Formunwirksamkeit zu berufen, weil er der Meinung ist, dass er später eventuell einen höheren Kaufpreis bei anderen Interessenten erzielen könne. B verlangt nun Übereignung, A beruft sich jedoch auf Formunwirksamkeit nach § 125 S. 1 BGB. Es liegt zwar ein Verstoß gegen eine gesetzliche Formvorschrift, nämlich § 311b I 1 BGB vor. Es ist mangels Auflassung des Grundstücks auch noch keine Heilung, eingetreten. Aufgrund der gezielten Täuschung verstößt das Pochen auf die Formunwirksamkeit aber gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Etwas anderes gilt jedoch in folgendem Edelmann-Fall des Reichsgerichts: A und B schließen einen Kaufvertrag über ein Grundstück und A spricht die Formbedürftigkeit an und sagt, sie könnten den Vertrag auch nur schriftlich abfassen und sich die Notargebühren sparen, und durch die Auflassung würde ohnehin Heilung eintreten. Er, A, sei schließlich ein Edelmann, ein Ehrenmann. Das Versprechen eines Edelmannes sei Gesetz. So geschieht es auch, und B möchte nun die Auflassung des Grundstücks von A. A beruft sich jedoch auf die Formunwirksamkeit. Nun liegt eine Einigung vor, die wegen Formunwirksamkeit unwirksam sein könnte. Es liegt wiederum ein Verstoß gegen § 311 I 1 BGB vor. Eine Heilung ist auch nicht eingetreten. Das Pochen auf die Formunwirksamkeit könnte jedoch gegen Treu und Glauben verstoßen, da A insbesondere versprochen hatte, sein Wort zu halten. Allerdings wurde in diesem Fall nicht über die Formbedürftigkeit getäuscht. Vielmehr wusste B, dass es der Form des § 311b I 1 BGB bedurfte. In diesem Fall gilt: Wer sein Vertrauen beim Edelmann lässt, der soll auch dort sein Recht finden. Man kann nicht darauf vertrauen, dass die Rechtsordnung über den Grundsatz von Treu und Glauben interveniert, um die Wirksamkeit herzustellen. Dies gilt erst recht, wenn die Parteien auf die Form verzichten, um Notarkosten zu sparen.

II. § 125 S. 2 BGB

Die Formunwirksamkeit gemäß § 125 S. 2 BGB sieht hingegen einen Verstoß gegen eine vertraglich vereinbarte Form vor. Nach Satz 2 der Norm ist das Rechtsgeschäft bei Verstoß gegen die vereinbarte Form im Zweifel nichtig, liegt also eine Formunwirksamkeit vor. Es ist somit durch Auslegung zu ermitteln, ob der Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Form zur Nichtigkeit, also zur Formunwirksamkeit führen soll. Beispiel: A und B schließen einen Vertrag und vereinbaren, dass sämtliche weitere Vereinbarungen, welche dieses Rechtsgeschäft betreffen, der Schriftform bedürfen. Danach schließen A und B mündlich eine Vereinbarung. Diese kann wegen der rechtsgeschäftlich beschlossenen Formbedürftigkeit nichtig sein. Sie kann aber auch für den Fall wirksam sein, dass A und B mit der mündlichen Vereinbarung zugleich eine Vereinbarung darüber getroffen haben, dass die frühere Vereinbarung mit dem Schriftlichkeitserfordernis außer Kraft gesetzt werden soll.

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