Fall: Powerless
Sachverhalt:
Die Bastian Solaranlagen GmbH (B) mit Sitz in Hamburg handelt mit Photovoltaikanlagen, die sie auf Wunsch ihrer Kunden auch installiert, ohne hierfür etwas zu berechnen.
Am 31. Januar 2019 installierte B auf dem Dach des Parkhauses auf dem Betriebsgelände der Kieler Ökobau AG (K) eine fest verankerte Photovoltaikanlage, mit der K das Parkhaus mit Strom versorgen, vor allem Strom in das öffentliche Netz einspeisen wollte, um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Bei einer Überprüfung im Oktober 2020 fiel K auf, dass 780 der 1.000 gelieferten Solarmodule statt der vereinbarten Leistung von 100 Watt pro Modul von Beginn an lediglich eine Leistung von 70 Watt erbrachten. Für die Zeit von Februar 2019 bis Oktober 2020 entstand K hierdurch ein Schaden in Höhe von 100.000,00 Euro, weil sie in diesem Umfang weniger Strom verkaufen konnte. B veranlasste den Austausch der mangelhaften Module, weigerte sich aber, die 100.000,00 Euro zu ersetzen.
Am 29. Januar 2021 hat der Anwalt der K beim Landgericht Hamburg eine Klage gegen B auf Ersatz des Schadens eingereicht.
Die zuständige Richterin hat am 4. Februar 2021 die Zustellung an B verfügt. Ein erster Zustellungsversuch am 8. Februar 2021 schlug jedoch fehl, da K in der Klage die falsche Anschrift der B angegeben hat. Nach Mitteilung des Gerichts vom 10. Februar 2021 teilte K die richtige Anschrift am 23. Februar 2021 mit. Die Zustellung erfolgte am 28. Februar 2021.
In der Klageerwiderung hat die anwaltlich vertretene B beantragt, die Klage abzuweisen. B sei für die Fehlerhaftigkeit der Module nicht verantwortlich gewesen, da sie diese bei der Sonnenenergie GmbH (S) beziehe. Zwar sei es in der Vergangenheit schon häufiger zu Leistungsabfällen gekommen. S habe ihr aber versichert, dass das Problem behoben worden sei. Außerdem erhebt B Widerklage gegen K, mit der sie die Zahlung von 5.000,00 Euro begehrt. Diese Widerklageforderung begründet sie zum einen mit der offenen Restforderung aus der Lieferung der Module in Höhe von 4.000,00 Euro, zum anderen begehrt sie die Erstattung der Aufwendungen, die sie im Zusammenhang mit dem Austausch der Module gehabt habe, den sie nur aus Kulanz durchgeführt habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2021 erhebt B die Einrede der Verjährung. Daraufhin erklärt K die Klage für erledigt. B schließt sich nicht an. K beantragt deshalb, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Außerdem beantragt er die Abweisung der Widerklage. Dabei rügt er die Unzuständigkeit des Gerichts. Die Restforderung sei im Übrigen verjährt, der Aufwendungsersatzanspruch bestehe nicht.
Wie wird das Gericht entscheiden?
(Anmerkung: Beide Parteien werden im Prozess durch ihr zuständiges Organ vertreten. In dem Vertrag über die Module haben B und K u.a. eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, wonach für sämtliche Streitigkeiten die Gerichte in Hamburg zuständig sein sollen.)
Zusatzfrage 1:
Angenommen, für die Widerklageforderung über 4.000,00 Euro hätte sich der D selbstschuldnerisch verbürgt. Könnte ihn B dann in den Prozess einbeziehen?
Zusatzfrage 2:
Hätte B eine Möglichkeit gehabt, sicherzustellen, dass sie für den Fall einer Verurteilung zur Zahlung an K den späteren Rückgriffsprozess gegen ihre Lieferantin S gewinnt?
Lösungsvorschlag:
Ausgangsfall
A. Klage
Das Gericht wird der Klage der K stattgeben, wenn sie zulässig und begründet ist.
I. Zulässigkeit
1. Ordnungsgemäße Klageerhebung
K muss die Klage ordnungsgemäß erhoben haben.
Hierfür ist nach § 253 Abs. 1 ZPO erforderlich, dass der Kläger eine Klageschrift einreicht, die vom Gericht dem Beklagten zugestellt wird. Vorliegend ist zusätzlich zu beachten, dass die Klage vor dem Landgericht erhoben werden sollte. Hier ist der Kläger nicht postulationsfähig, sondern muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nach dem Sachverhalt wurde die Klage durch den Anwalt der K eingereicht und vom Gericht an B zugestellt. Damit hat K zunächst ordnungsgemäß Klage erhoben.
Allerdings verfolgt K nicht mehr seine ursprüngliche Klage, sondern begehrt nunmehr die Feststellung der Erledigung in der Hauptsache. Diese neue Klage hat er nicht schriftsätzlich erhoben, sondern in der mündlichen Verhandlung. Aus § 261 Abs. 2 ZPO ergibt sich jedoch, dass im laufenden Prozess eine Klage auch durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung erhoben werden kann.
2. Parteibezogene Voraussetzungen
a) Parteifähigkeit
K und B müssen Parteien eines Rechtsstreits sein können. Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist (§ 50 Abs. 1 ZPO). Die Rechtsfähigkeit der K ergibt sich aus § 1 Abs. 1 AktG, die der B aus § 13 Abs. 1 GmbH. Beide sind also parteifähig.
b) Prozessfähigkeit
K und B müssen prozessfähig sein. Nach § 52 Abs. 1 ZPO ist eine Person insoweit prozessfähig, als sie sich durch Verträge verpflichten kann. Ob juristische Personen prozessfähig sind, ist umstritten. Hierauf kommt es aber nicht an, denn selbst wenn man sie als prozessunfähig betrachten würde, würden sie ihre Prozessfähigkeit dadurch erlangen, dass sie von ihren zuständigen Organen im Prozess vertreten werden. Die K als Aktiengesellschaft wird durch ihren Vorstand vertreten (§ 78 Abs. 1 AktG), die B als Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch ihren Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Beide Parteien sind folglich prozessfähig.
3. Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg
Das von K angerufene Landgericht Hamburg muss für den Rechtsstreit sachlich und örtlich zuständig sein.
a) Sachliche Zuständigkeit
Sachlich zuständig sind die Landgerichte grundsätzlich für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind (§ 71 Abs. 1 Satz 1 GVG). Nach § 23 Nr. 1 GVG sind die Amtsgerichte sachlich zuständig für Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt. K macht einen Zahlungsanspruch in Höhe von 100.000,00 Euro geltend. Damit ist die Wertgrenze überschritten. Eine Zuständigkeit der Amtsgerichte ergibt sich auch nicht aus § 23 Nr. 2 GVG, so dass das Landgericht Hamburg für den Rechtsstreit sachlich zuständig ist.
b) Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit könnte sich aus §§ 12,17 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergeben. Nach § 12 ZPO ist dasjenige Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Der allgemeine Gerichtsstand juristischer Personen wird durch ihren Sitz bestimmt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO). B hat ihren Sitz in Hamburg. Ein ausschließlicher Gerichtsstand an einem anderen Ort ist nicht ersichtlich. Das Landgericht Hamburg ist deshalb auch örtlich für den Rechtsstreit zuständig. Auf die Gerichtsstandsvereinbarung kommt es an dieser Stelle nicht an.
4. Zulässigkeit der Klageänderung
Die Klageänderung müsste zulässig sein. Die Änderung der ursprünglichen Zahlungsklage in die Klage auf Feststellung der Erledigung wird allgemein als Beschränkung des Klageanspruchs nach § 264 Nr. 2 ZPO betrachtet. Sie ist damit auch ohne Einwilligung der B zulässig.
5. Feststellungsinteresse
Gemäß § 256 ZPO muss K ein schützenswertes Interesse an der Feststellung der Erledigung haben. Da K anders keine Möglichkeit hat, den Rechtsstreit kostengünstig zu beenden, kommt ihr ein solches Feststellungsinteresse zu.
6. Ergebnis
Die Klage ist zulässig.
II. Begründetheit
Die Klage ist begründet, wenn sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Dies ist der Fall, wenn die ursprüngliche Zahlungsklage zulässig und begründet war und durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist.
1. Ursprüngliche Zulässigkeit der Zahlungsklage
Nach dem unter I. Gesagten war bereits die ursprüngliche Klage zulässig.
2. Ursprüngliche Begründetheit der Zahlungsklage
Die Klage müsste begründet gewesen sein.
a) Anspruchsgrundlage
Welche Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, richtet sich nach der von K begehrten Rechtsfolge. K verlangte die Zahlung von Schadensersatz wegen der mangelhaften Lieferung der Solarmodule, wobei der Schaden in einem Mindererlös aus dem Stromverkauf besteht (Betriebsausfallschaden).
K könnte deshalb gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 281 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB haben. Allerdings hat B die fehlerhaften Module bereits ausgetauscht und damit die Leistung nunmehr vertragsgemäß erbracht. K macht deshalb auch keinen Schadensersatz statt, sondern neben der Leistung geltend. Die einschlägige Anspruchsgrundlage ist somit § 280 BGB.
b) Voraussetzungen des § 280 BGB
Die Voraussetzungen des § 280 BGB müssten vorgelegen haben.
aa) Schuldverhältnis
Zwischen K und B müsste ein Schuldverhältnis über die Solarmodule vorliegen. Nach dem Sachverhalt hat B die Module geliefert und bei K installiert. In Betracht kommt also ein Kaufvertrag oder ein Werkvertrag. Entscheidend ist insoweit, wo der Schwerpunkt des Vertrages liegt. Bei einem Kaufvertrag ist dies grundsätzlich die Verschaffung von Eigentum und Besitz, bei einem Werkvertrag die Herstellung eines Werkes.
Für einen Werkvertrag könnte vorliegend sprechen, dass B die Photovoltaikanlage nicht nur an K geliefert, sondern auch installiert hat. Allerdings hat sie hierfür nichts berechnet. Die Installation war auch nicht aufwändig und erfolgte an einem Tag. Sie hatte also nur untergeordneten Charakter, so dass der Schwerpunkt ihrer Leistung in der Lieferung der Anlage bestand. Der zwischen K und B geschlossene Vertrag ist deshalb als Kaufvertrag einzuordnen.
bb) Pflichtverletzung
B müsste eine Pflicht aus diesem Kaufvertrag verletzt haben.
Gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB musste B der K die Photovoltaikanlage frei von Sachmängeln verschaffen. Fraglich ist, ob ihr das gelungen ist.
Ein Sachmangel liegt vor, wenn der Ist-Zustand der Sache von dem Soll-Zustand negativ abweicht. Ist-Zustand war, dass 220 der gelieferten Module eine Leistung von 100 Watt erbrachten, 780 Module dagegen nur eine Leistung von 70 Watt. Dies hätte nur dann dem Soll-Zustand entsprochen, wenn es so zwischen den Parteien vereinbart worden wäre (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach dem Sachverhalt hatten K und B jedoch vereinbart, dass sämtliche Module eine Leistung von 100 Watt erbringen sollen. Die Lieferung blieb damit hinter dieser Beschaffenheitsvereinbarung zurück und war folglich mangelhaft. Schließlich müsste der Mangel bei Gefahrübergang vorgelegen haben. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Übergabe (§ 446 BGB). Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass die Photovoltaikanlage von Beginn an weniger Strom produzierte. Die verminderte Leistung der meisten Module lag also schon bei der Übergabe an K am 31. Januar 2019 vor.
B hat ihre Pflicht zur mangelfreien Lieferung aus § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt.
cc) Verschulden
B müsste die Pflichtverletzung schuldhaft begangen haben. Dabei wird das Verschulden gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB widerleglich vermutet wird. Es war also die Obliegenheit der B, Gründe vorzutragen, die gegen diese Vermutung sprechen.
B ist der Auffassung, sie sei für die Fehlerhaftigkeit der Module nicht verantwortlich gewesen, da sie diese bei der Sonnenenergie GmbH (S) beziehe. Sie wendet sich damit gegen die Verschuldensvermutung in § 280 Abs.1 Satz 2 BGB.
(1) Haftung für S
Dies wäre ihr schon dann misslungen, wenn sie auch für die fehlerhafte Lieferung der S einstehen müsste, weil diese im Verhältnis zu K ihre Erfüllungsgehilfin war (§ 278 Satz 1 BGB).
Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird.
B müsste sich also bei der Erfüllung einer ihr obliegenden Verbindlichkeit der S als Hilfsperson bedient haben.
Den Verkäufer trifft nur die Verbindlichkeit, die Sache zu liefern, nicht, sie herzustellen. Der Lieferant ist deshalb grundsätzlich kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers.
Wie gezeigt, hatte auch B gegenüber K nur die Verbindlichkeit, eine mangelfreie Photovoltaikanlage zu liefern. Sie war jedoch nicht zur Herstellung der Module verpflichtet. S ist deshalb nicht ihre Erfüllungsgehilfin. Sie muss sich deren Verschulden folglich nicht zurechnen lassen.
(2) Eigenes Verschulden
B könnte jedoch ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen sein, weil sie sich nicht selbst von der Mangelfreiheit der Module überzeugt hat.
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB).
Dabei kommt es nicht darauf an, ob B im Verhältnis zu S eine generelle Untersuchungspflicht – z.B. nach § 377 Abs. 1 HGB – traf und ob eine solche Untersuchung den Mangel überhaupt zu Tage gefördert hätte.
Anknüpfungspunkt des Fahrlässigkeitsvorwurfs ist vielmehr die Kenntnis der B davon, dass es in der Vergangenheit bereits Probleme mit der Leistungsfähigkeit der Module gegeben hatte. Vor diesem Hintergrund durfte sie sich nicht auf die Versicherung der S, nunmehr sei alles in Ordnung, verlassen, sondern hätte die Module vor der Weiterveräußerung einem eigenen Funktionstest unterziehen müssen.
Indem sie das unterließ, handelte sie fahrlässig.
dd) Haftungsbegründende Kausalität/Schaden
K müsste durch die Pflichtverletzung der B ein Schaden entstanden sein. Sie konnte aufgrund der verminderten Leistung der meisten Module weniger Strom in das öffentliche Netz einspeisen, als es bei mangelfreier Lieferung der Fall gewesen wäre.
ee) Verzug
Teilweise wird vertreten, dass ein Betriebsausfallschaden nur als Verzögerungsschaden nach §§ 280 Abs. 3, 286 BGB geltend gemacht werden könne, da in der mangelhaften Lieferung eine Verzögerung der mangelfreien Lieferung liege. K hatte B nicht vor Oktober 2019 in Verzug gesetzt, so dass ihr Anspruch ausgeschlossen wäre.
Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden.
Gegen sie spricht schon die Systematik des Gesetzes. Die Ansprüche des Käufers infolge einer mangelhaften Leistung ergeben sich aus § 437 BGB, dessen Nr. 3 u.a. auf § 280 BGB verweist, nicht jedoch auf § 286 BGB. Auf die Verweisung in § 280 Abs. 2 BGB kann es nicht ankommen, denn Abs. 3 verweist auch auf die §§ 281 und 283 BGB, die jedoch in § 437 Nr. 3 BGB ausdrücklich aufgeführt sind.
Auch der Sinn und Zweck des § 437 Nr. 3 BGB, den Käufer nicht das Risiko einer mangelhaften Lieferung tragen zu lassen, spricht gegen die Anwendung des § 286 BGB. Könnte der Käufer einen Betriebsausfallschaden erst ab dem Zeitpunkt verlangen, in dem sich der Verkäufer mit der Nacherfüllung in Verzug befindet, trüge er allein das Risiko zunächst unentdeckt gebliebener Mängel. Ein Betriebsausfallschaden zeigt sich jedoch regelmäßig erst nach einiger Zeit. Zudem knüpft § 286 BGB an eine noch nicht erbrachte Leistung an und überlässt es dem Gläubiger, wann er diese einfordern will. Dagegen ist der Verkäufer von vornherein zur mangelfreien Lieferung verpflichtet.
Es kam also nicht darauf an, dass sich B bis Oktober 2019 nicht im Verzug befunden hat.
ff) Haftungsausfüllende Kausalität/Schadenshöhe
Gemäß § 249 Abs. 1 BGB ist der Schädiger grundsätzlich verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Hätte B der K sofort mangelfreie Module geliefert, hätte K mehr Strom in das öffentliche Netz einspeisen können. Dieser Zustand lässt sich nachträglich jedoch nicht mehr herbeiführen. Die Naturalrestitution ist also unmöglich.
Für diesen Fall bestimmt § 251 BGB, dass der Schädiger Schadensersatz in Geld zu leisten hat. Hiervon ist auch der entgangene Gewinn erfasst (§ 252 BGB). K hätte mit der höheren Einspeisung 100.000,00 Euro mehr verdient. In dieser Höhe ist ihr also ein Gewinn entgangen.
K ist durch die mangelhafte Lieferung der B ein Schaden in Höhe von 100.000,00 Euro entstanden.
c) Ergebnis
Die ursprüngliche Zahlungsklage war begründet.
3. Erledigung im Rechtssinne
Zu prüfen ist, ob die Klage dadurch, dass B am 18. Oktober 2021 die Einrede der Verjährung erhoben hat, durch ein Ereignis nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden ist.
a) Leistungsverweigerungsrecht
Wäre der Schadensersatzanspruch des K verjährt, könnte B die Zahlung verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Die Klage wäre dann unbegründet.
aa) Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB
Die Verjährung des Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB richtet sich nach § 438 BGB. Danach tritt die Verjährung grundsätzlich zwei Jahre nach Ablieferung ein (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2).
(1) Rechnerischer Verjährungseintritt
B hat die mangelhafte Photovoltaikanlage am 31. Januar 2019 abgeliefert. Die Frist begann daher am 1. Februar 2019 (§ 187 Abs. 1 BGB) und wäre am 31. Januar 2021 abgelaufen (§ 188 Abs. 2 BGB).
(2) Hemmung durch Klageerhebung
K könnte den Ablauf der Verjährung durch Klageerhebung gehemmt haben (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Klageerhebung bedeutet Zustellung der Klage (§ 253 Abs. 1 ZPO). Die Klage ist B jedoch erst am 28. Februar 2021 und damit nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt worden.
Die Hemmung wäre jedoch bereits mit dem Eingang der Klage in unverjährter Zeit, nämlich am 29. Januar 2021, eingetreten, wenn die Klage demnächst zugestellt worden wäre (§ 167 ZPO). Eine Demnächst-Zustellung liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die Zustellung ohne Verzögerung erfolgt. Hier hat sich die Zustellung jedoch verzögert, denn statt am 8. Februar 2021 konnte sie eben erst am 28. Februar 2021 ausgeführt werden. Beträgt die Verzögerung – wie hier – mehr als 14 Tage, kann von einer Demnächst-Zustellung nur dann ausgegangen werden, wenn die Ursache in der Sphäre des Gerichts liegt, während der Kläger alles dafür getan hat, um eine umgehende Zustellung zu gewährleisten. Dagegen sind dem Kläger solche Verzögerungen zuzurechnen, die er oder sein Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Vorliegend beruhte die Verzögerung allein darauf, dass in der Klage zunächst eine falsche Anschrift der B angegeben war. Einen solchen Mangel der Klageschrift muss sich ein Kläger jedoch zurechnen lassen. Die Zustellung der Klage am 28. Februar 2021 erfolgte deshalb nicht mehr demnächst.
K hat den Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB nicht rechtzeitig gehemmt. Die Verjährungsfrist ist abgelaufen.
bb) Verjährung nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB
Nicht verjährt wäre der Anspruch des K dagegen dann, wenn statt der allgemeinen Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB einschlägig wäre, die auch noch nicht abgelaufen wäre.
Hierfür müsste es sich bei der Photovoltaikanlage um ein Bauwerk (a) oder um eine Sache handeln, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat (b).
Bauwerk iSv § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine unbewegliche, durch Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Von der Vorschrift erfasst sind nicht nur Neuerrichtungen von Bauwerken, sondern auch Erneuerungs- und Umbauarbeiten an einem errichteten Gebäude, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und wenn die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind.
Die Photovoltaikanlage ist nicht mit dem Erdboden verbunden und deshalb kein Bauwerk. In Betracht kommt deshalb nur § 438 Abs. 1 Nr. 2b BGB. Die Module müssten dann für das Parkhaus verwendet worden sein.
Ob eine auf dem Dach eines Bauwerks fest installierte Photovoltaikanlage (auch) für das Gebäude verwendet wird, wird in der Rechtsprechung des BGH unterschiedlich beantwortet.
Der für das Kaufvertragsrecht zuständige VIII. Zivilsenat stellt maßgeblich darauf ab, ob die Anlage eigenen Zwecken dient, nämlich der Verschaffung einer eigenen Einnahmequelle durch die Einspeisung von Strom in das öffentliche Netz. Ist dies der Fall, diene sie nicht dem Gebäude, auf dem sie installiert ist, da sie auch auf jedem anderen Gebäude des Eigentümers angebracht werden könnte. Dass die Anlage auch der Energieversorgung des Gebäudes dient, sei dann unerheblich und ändere nichts daran, dass sie für Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes nicht von wesentlicher Bedeutung sei.
Der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat vertritt in Bezug auf die inhaltsgleich angewendete Vorschrift des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB die gegenteilige Auffassung. Der Einbau einer zur dauernden Nutzung fest verbundenen Photovoltaikanlage stelle eine grundlegende Erneuerung des Gebäudes dar. Zudem diene die Anlage auch dem Gebäude, weil sie für dieses eine Funktion erfülle. Es komme nicht darauf an, ob das Gebäude auch ohne die Installation funktionstüchtig geblieben wäre, sondern darauf, ob der Einbau der geschuldeten Photovoltaikanlage bei der Neuerrichtung eines Gebäudes als Arbeit an einem Bauwerk zu qualifizieren sei. Dies sei zu bejahen, weil das Gebäude unabhängig von sonstigen Zwecken jedenfalls auch als Trägerobjekt der Anlage gedient hätte. Für die nachträgliche Installation könne nichts anderes gelten, da diese zu einer Erweiterung der Funktion des Gebäudes führen würde. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Photovoltaikanlage auch der Stromversorgung des Gebäudes diene.
Folgt man dem VIII. Zivilsenat, wäre § 438 Abs. 2 Nr. 2b BGB nicht einschlägig, da die Photovoltaikanlage vorrangig dazu dient, K eine zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. Folgt man dem VII. Zivilsenat, käme man zu einem anderen Ergebnis, da mit der festen Installation der Anlage die Funktion des Parkhauses erweitert worden wäre.
Vorzugswürdig ist die Auffassung des VIII. Zivilsenats. Die längere Verjährungsfrist für Mängel an Bauwerken findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass sich solche Mängel oft erst nach längerer Zeit zeigen. Dies ist aber vor allem auf die Komplexität, das Zusammenwirken mehrerer Gewerke und äußere Gegebenheiten (Wetter etc.) zurückzuführen. Diese Gefahr besteht für den Käufer einer Photovoltaikanlage aber auch dann nicht, wenn die Anlage fest auf einem Gebäude installiert ist. Die Leistungsfähigkeit der Module hängt nicht vom Gebäude und dem Zusammenwirken anderer Gewerke ab. Den äußeren Witterungsbedingungen wäre die Anlage auch ausgesetzt, wenn sie nicht fest installiert, sondern lediglich aufgestellt werden würde. Bei Anwendung der zweijährigen Verjährungsfrist steht K nicht schlechter als jeder andere Käufer einer mangelhaften Sache. Eine Besserstellung ist nach dem zuvor Gesagten nicht erforderlich.
cc) Ergebnis
Der Schadensersatzanspruch des K verjährte nach § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Jahren ab Ablieferung. Diese Frist ist vorliegend abgelaufen.
b) Erledigendes Ereignis
Eine Erledigung im Rechtssinne liegt aber nur vor, wenn die Unbegründetheit der Klage auf einem Ereignis beruht, das nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Dies könnte vorliegend fraglich sein, da, wie gezeigt, der Schadensersatzanspruch der K bei Zustellung der Klage an B bereits verjährt war.
Hierauf kommt es jedoch nicht an. Maßgeblich ist allein die Erhebung der Verjährungseinrede, die hier erst nach Rechtshängigkeit erfolgte. Erst die Einrede führt dazu, dass der Verjährungseintritt wirkt. Es gilt insoweit nichts anderes als bei der Ausübung von Gestaltungsrechten.
c) Zwischenergebnis
Der Rechtsstreit hat sich in Bezug auf die Klage der K in der Hauptsache erledigt.
4. Ergebnis
Die Klage ist auch begründet. Das Gericht würde wie folgt entscheiden:
Es wird festgestellt, dass sich die Klage in der Hauptsache erledigt hat.
B. Widerklage
Die Widerklage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
I. Zulässigkeit
Die Widerklage müsste zulässig sein.
1. Rechtshängigkeit der Klage
Bei Erhebung der Widerklage muss die Klage rechtshängig gewesen sein. Dies war der Fall.
2. Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg
Das Landgericht müsste auch für die Widerklage zuständig sein.
a) Sachliche Zuständigkeit
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts könnte problematisch sein. Grundsätzlich folgt sie wiederum aus §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG. Der Wert der Widerklage beträgt jedoch nicht mehr als 5.000,00 Euro.
Da K sich auch nicht rügelos auf die Widerklage eingelassen, sondern die Unzuständigkeit des Landgerichts Hamburg gerügt hat (§ 39 ZPO), hätte dies zur Konsequenz, dass die Widerklage gemäß § 281 Abs. 1 ZPO auf Antrag des B an das Amtsgericht zu verweisen wäre, was B die Möglichkeit der Widerklage praktisch nehmen würde. Eine Verweisung des gesamten Rechtsstreits an das Amtsgericht wäre nicht in Betracht gekommen, da das Amtsgericht für die Klage sachlich nicht zuständig ist.
Aus diesem Grund ist allgemein anerkannt, dass die Landgerichte auch dann für eine Widerklage sachlich zuständig sind, wenn deren Wert 5.000,00 Euro nicht übersteigt.
b) Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit könnte sich aus der Gerichtsstandsvereinbarung ergeben. Diese müsste wirksam sein.
Nach § 38 Abs. 1 ZPO können sich Kaufleute schon vor der Entstehung des Streits auf einen Gerichtsstand einigen. K und B sind als Gesellschaften dem Wortsinn nach keine Kaufleute. Gemäß § 6 Abs. 1 HGB werden aber Handelsgesellschaften als Formkaufleute betrachtet. K ist als Aktiengesellschaft eine Handelsgesellschaft (§ 3 Abs. 1 AktG), B als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ebenfalls (§ 13 Abs. 3 GmbHG).
Gründe, die gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.
Das Landgericht Hamburg ist für die Widerklage auch örtlich zuständig.
3. Konnexität
Fraglich ist, ob die in § 33 ZPO angesprochene Konnexität auch dann vorliegen muss, wenn sich die Zuständigkeit des Gerichts der Klage schon aus anderen Vorschriften ergibt, wie es hier der Fall ist.
Der BGH hat jedenfalls für die Drittwiderklage entschieden, dass in Bezug auf den Dritten ein rechtlicher Zusammenhang mit der Klage bestehen müsse. Für die Widerklage, die sich nur gegen den Kläger richtet, besteht ein solches Erfordernis nicht. Unabhängig davon stellt § 33 ZPO lediglich eine Zuständigkeitsnorm dar. Dies folgt bereits aus seinem Wortlaut und der systematischen Stellung. Darüber hinaus regelt § 145 Abs. 2 ZPO den Fall der nicht konnexen Widerklage dahin, dass über Klage und Widerklage in getrennten Verfahren zu entscheiden ist.
Letztlich kann diese Frage aber unbeantwortet bleiben, wenn der rechtliche Zusammenhang zwischen Klage und Widerklage vorliegt. Die Klage der K und die Widerklage der B haben ihren Anlass in der Lieferung der Photovoltaikanlage. Damit ist ein hinreichender Zusammenhang gegeben.
4. Ergebnis
Die Widerklage ist zulässig.
II. Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung
Es muss außerdem zulässig sein, dass B zwei eigenständige Ansprüche in seiner Widerklage verbindet. Dies könnte eine objektive Klagehäufung im Sinne von § 260 ZPO darstellen.
Hierzu müsste es sich zunächst um verschiedene Streitgegenstände handeln. Der Streitgegenstand einer Klage setzt sich aus dem prozessualen Antrag und dem zur Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt zusammen. B stellt zwar einen einheitlichen Zahlungsantrag, begründet diesen aber mit zwei unterschiedlichen Ansprüchen: zum einen der Restkaufpreiszahlung und zum anderen einem Aufwendungsersatzanspruch im Hinblick auf den Austausch der Module. Das sind unterschiedliche Lebenssachverhalte. Verschiedene Streitgegenstände liegen deshalb vor.
Die Ansprüche richten sich mit K gegen dieselbe (Wider-) Beklagte.
Das Landgericht Hamburg ist für beide Ansprüche zuständig.
Für beide Ansprüche ist dieselbe Prozessart zulässig, nämlich das ordentliche Verfahren.
Die objektive Klagehäufung ist zulässig.
III. Begründetheit
Die Widerklage müsste begründet sein.
1. Kaufpreiszahlungsanspruch
B hat gegen K einen Anspruch auf Zahlung von 4.000,00 Euro gemäß § 433 Abs. 2 BGB. K hat gegen das Bestehen dieses Anspruchs nichts vorgetragen.
K könnte jedoch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 214 Abs. 1 BGB zustehen, nachdem er in der mündlichen Verhandlung die Einrede der Verjährung erhoben hat. Zu prüfen ist deshalb, ob der Anspruch der K verjährt ist.
Der Kaufpreiszahlungsanspruch verjährt jedoch nicht innerhalb der zweijährigen Frist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, die mit der Ablieferung beginnt (Abs. 3). § 438 BGB erfasst nur die Gewährleistungsansprüche des Käufers nach § 437 Nr. 1 und Nr. 3 BGB.
Für den Primäranspruch des Verkäufers gilt dagegen die dreijährige Regelverjährung nach § 195 BGB. Diese beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis vom Anspruch und der Person des Schuldners erlangt hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Ein Anspruch ist entstanden, sobald er durchsetzbar ist. Der Kaufpreiszahlungsanspruch entsteht zwar bereits mit dem Vertragsschluss. Bis zur Lieferung steht dem Verkäufer jedoch ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB (Einrede des nicht erfüllten Vertrages). Erst mit der Lieferung erlischt das Zurückbehaltungsrecht und der Anspruch wird fällig. Der Anspruch der B auf Zahlung des Kaufpreises für die Lieferung der Photovoltaikanlage ist folglich mit deren Ablieferung am 31. Januar 2019 entstanden. B kannte zu diesem Zeitpunkt auch bereits ihre Kaufpreisschuldnerin K. Verjährungsbeginn war folglich der 31. Dezember 2019 als Schluss des Jahres 2019.
Mit der Erhebung der Widerklage im Jahr 2021 hat B zudem den Ablauf der Verjährung gehemmt.
Der Anspruch der B ist nicht verjährt. K kann die Zahlung des Restkaufpreises nicht verweigern.
2. Aufwendungsersatzanspruch
Ein Aufwendungsersatzanspruch könnte B nur dann zustehen, wenn sie nicht zur Nacherfüllung verpflichtet war, da sie andernfalls die hierfür erforderlichen Aufwendungen selbst tragen müsste (§ 439 Abs. 2 BGB).
Die Nacherfüllungspflicht der B ergab sich jedoch aus §§ 437 Nr. 1, 439 BGB. Wie bereits gezeigt, hatte B der K mangelhafte Module geliefert.
B hat gegen K einen Aufwendungsersatzanspruch.
3. Ergebnis
Die Widerklage ist nur teilweise begründet.
C. Gesamtergebnis
Klage und Widerklage sind zulässig. Die Klage ist auch begründet, die Widerklage nur zum Teil.
Das Landgericht Hamburg wird in der Hauptsache tenorieren:
1. Es wird festgestellt, dass sich die Klage in der Hauptsache erledigt hat.
2. Auf die Widerklage wird K verurteilt, an B 4.000,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Zusatzfrage 1
B hätte gegen D einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 4.000,00 Euro aus § 433 Abs. 2 iVm § 765 Abs. 1 BGB. Er muss auch nicht befürchten, dass D die Einrede der Vorausklage nach § 771 Satz 1 BGB erhebt. Diese Einrede ist vorliegend ausgeschlossen, da sich D selbstschuldnerisch verbürgt hat (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Diesen Anspruch könnte sie möglicherweise durch die Erhebung einer Drittwiderklage im laufenden Prozess mit K geltend machen.
Unter welchen Voraussetzungen eine Drittwiderklage zulässig ist, wird nicht einheitlich beantwortet.
Nach einer Auffassung in der Literatur komme es allein darauf an, dass Kläger und Dritter Streitgenossen nach §§ 59, 60 ZPO sind. Hier kommt eine Streitgenossenschaft nach § 59 ZPO in Betracht. Dazu müssten K und D hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen. Allerdings sind Bürge und Hauptschuldner keine Gesamtschuldner. Hierauf kommt es jedoch nicht an. § 59 ZPO wird im Sinne der Prozesswirtschaftlichkeit weit ausgelegt. Nach allgemeiner Auffassung sind deshalb auch Hauptschuldner und Bürge erfasst.
Die Rechtsprechung knüpft die Zulässigkeit der Drittwiderklage dagegen an weitere Voraussetzungen.
Die Drittwiderklage muss mit der Klage in einem rechtlichen Zusammenhang iSv § 33 ZPO stehen. Das ist der Fall, da es um Ansprüche aus demselben Vertragsverhältnis geht.
Es müssen die Voraussetzungen des Parteibeitritts vorliegen. D müsste also in die Drittwiderklage einwilligen (§§ 263, 267 ZPO analog) oder das Gericht Sachdienlichkeit annehmen (§ 263 ZPO analog).
Zumindest letzteres ist hier sehr wahrscheinlich. Sachdienlichkeit ist gegeben, wenn der bisherige Prozessstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und die Zulassung die endgültige Beilegung des Streits fördert und einen neuen Prozess vermeidet. Der Anspruch der B gegen D hängt im Kern von denselben Voraussetzungen abhängt wie derjenige gegen K. Eine einheitliche Entscheidung vermeidet zudem einen späteren Prozess zwischen B und D.
Da auch nach der strengeren Ansicht der Rechtsprechung eine Drittwiderklage zulässig wäre, kann offenbleiben, welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist.
B könnte deshalb seine Widerklage auf D erweitern. Hierzu muss er einen entsprechenden Schriftsatz einreichen, der an D zugestellt wird.
Zusatzfrage 2
B könnte die Möglichkeit gehabt haben, S den Streit zu verkünden, indem sie eine Streitverkündungsschrift einreicht, die S zugestellt wird (§ 73 ZPO).
Unabhängig davon, ob S dem Rechtsstreit beigetreten wäre, hätte dies dazu geführt, dass gegenüber S die Interventionswirkung des § 68 ZPO eingetreten wäre (§ 74 Abs. 3 ZPO). S könnte sich im Regressprozess somit grundsätzlich nicht darauf berufen, dass die Verurteilung der B zur Zahlung an K wegen des Mangels der Solarmodule falsch gewesen sei.
Um diese Interventionswirkung herbeizuführen, hätte eine Streitverkündung zulässig sein müssen. Nach § 72 Abs. 1 ZPO ist das u.a. dann der Fall, wenn eine Partei für den Fall des ihr ungünstigen Ausgang des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt. Hätte B wegen der mangelhaften Lieferung der Module durch S Schadensersatz an K leisten müssen, hätte sie einen Regressanspruch gegen S aus §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 BGB haben können.
Eine Streitverkündung wäre zulässig gewesen.
Sie hätte darüber hinaus auch zur Hemmung der Verjährung des Rückgriffsanspruchs geführt (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB), wobei zu beachten ist, dass die Verjährung nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach Zahlung des B an K hätte eintreten können, es sei denn, seit der Ablieferung der S an B wären bereits mehr als fünf Jahre vergangen (§ 445 b Abs. 2 BGB).
^ Hierzu Exkurs ZPO I 14
BGH (VIII ZR 46/13)
Vgl. BGH (V ZR 93/08)
BGH (VI ZR 198/99) BGHZ 145, 358-366, Rn. 21
BGH a.a.O.
BGH (VII ZR 348/13); BGH (VIII ZR 318/12)
BGH (VIII ZR 318/12)
BGH (VII ZR 348/13)
Hierzu insgesamt BGH (VIII ZR 58/09) BGHZ 184, 128-137 Rn. 23 ff
BGH (II ZR 77/61) BGHZ 40, 185-191; BGH (V ZR 148/73)
Vgl. Althammer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 60 ZPO, Rn. 5
Ausführlich BGH III ZR 221/88
BGH VI ZR 219/98