Fall: Maschinenstürmer
“Maschinenstürmer”
Sachverhalt:
D ist persönlich haftender Gesellschafter der K-KG aus Stuttgart, die Halbleiter produziert. Als die Gesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, hilft ihr D mit einem kurzfristigen Darlehen über 200.000,00 Euro, zu dessen Sicherung er sich das Eigentum an einer Maschine übertragen lässt. Trotzdem bleibt die Lage der K prekär. Teilweise kann die Gesellschaft ihre Lieferanten nicht bezahlen. Einer dieser Lieferanten ist die G-GbR mit einer offenen Forderungen über 100.000,00 Euro für eine Lieferung, die bereits zwei Jahre zurückliegt. Deren geschäftsführender Gesellschafter X erwirkt einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid gegen K, aus dem er die Zwangsvollstreckung betreibt. Dabei pfändet der Gerichtsvollzieher auf dem Betriebsgelände der K auch die Maschine, deren Wert laut einem Gutachten 80.000,00 Euro beträgt. K erklärt gegenüber G die Aufrechnung mit einem fünf Jahre alten Schadensersatzanspruch aufgrund der Beschädigung einer Lagerhalle durch eine unsachgemäße Ablieferung durch einen Fahrer der G.
D möchte verhindern, dass die Maschine versteigert wird. Was kann er tun?
Abwandlung:
Nicht D, sondern dessen Ehefrau F – sie ist keine Gesellschafterin der K – hat das Darlehen gewährt. Noch bevor diese reagieren kann, ist die Maschine an E versteigert worden. Nach Abzug der Kosten verblieb ein Erlös von 65.000,00 Euro, den der Gerichtsvollzieher an G überwiesen hat.
F möchte wissen, ob sie von E die Herausgabe der Maschine verlangen kann. Sollte das nicht möglich sein, möchte sie wenigstens den Geldbetrag von G.
Lösungsvorschlag:
Ausgangsfall
D möchte die Versteigerung der Maschine verhindern. Dies könnte ihm mit einer Drittwiderspruchsklage gegen G gemäß § 771 ZPO gelingen, weil im Erfolgsfall die Zwangsvollstreckung vom Gericht für unzulässig erklärt würde.
A. Erfolgsaussichten einer Drittwiderspruchsklage
Es kommt deshalb darauf an, ob eine Drittwiderspruchsklage Aussicht auf Erfolg hätte, also zulässig und begründet wäre.
I. Zulässigkeit
Die Klage müsste zulässig sein.
1. Zuständigkeit
Zunächst ist zu klären, welches Gericht zuständig wäre.
a) sachlich
Die sachliche Zuständigkeit folgt aus den allgemeinen Regeln der §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG. Eine Zuweisung des Rechtsstreits unabhängig vom Streitwert kommt vorliegend nicht in Betracht. Maßgeblich ist deshalb die Höhe des Streitwerts. Liegt dieser über 5.000,00 Euro, ist das Landgericht zuständig, ansonsten das Amtsgericht. Gemäß § 6 Satz 1 ZPO wäre hierfür der Wert der Vollstreckungsforderung maßgeblich, also 100.000,00 Euro. Allerdings bestimmt Satz 2, dass dann, wenn der Wert des Vollstreckungsgegenstandes geringer ist, es auf diesen ankommt. Laut einem Gutachten beträgt der Wert Maschine 80.000,00 Euro, ist also geringer. Das ändert aber nichts daran, dass auch in diesem Fall das Landgericht sachlich zuständig ist.
b) örtlich
Örtlich zuständig ist nach § 771 Abs. 1 ZPO das Landgericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet. Dabei handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit (§ 802 ZPO). Die Pfändung der Maschine erfolgte bei K in Stuttgart. Dort findet die Zwangsvollstreckung statt. Örtlich zuständig ist somit das Landgericht Stuttgart.
2. Richtiger Beklagter
Die Drittwiderspruchsklage richtet sich gegen den Gläubiger, der die Zwangsvollstreckung betreibt. Das ist G. Fraglich ist, ob G als GbR verklagt werden kann oder ob sich die Klage gegen deren Gesellschafter richten muss. Dies betrifft die Parteifähigkeit gemäß § 50 Abs. 1 ZPO. Danach ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Außen-GbR, also eine BGB-Gesellschaft, die werbend am Markt tätig wird, beschränkt rechtsfähig.1 G ist als Lieferantin der K werbend am Markt tätig und damit beschränkt rechtsfähig. Sie kann deshalb Partei eines Rechtsstreits sein.
Im Prozess muss G vertreten werden. Vertretungsberechtigt sind ihre Geschäftsführer (§§ 714, 709 Abs. 1 BGB). Geschäftsführer ist X.
D müsste seine Drittwiderspruchsklage gegen G, vertreten durch X, richten.
3. Rechtsschutzbedürfnis
D bräuchte ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Drittwiderspruchsklage. Das hat er solange, wie die Zwangsvollstreckung andauert. Vorliegend ist die Maschine bislang nur gepfändet, aber noch nicht versteigert worden. Die Zwangsvollstreckung dauert also an, so dass D ein Rechtsschutzbedürfnis für die Drittwiderspruchsklage hat.
4. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen
Schließlich müssten auch alle weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage vorliegen.
a) Ordnungsgemäße Klageerhebung
Die Klageerhebung erfolgt durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO). D muss deshalb eine Klageschrift bei Gericht einreichen.
b) Postulationsfähigkeit
Vor dem Landgericht kann D nicht selbst auftreten, sondern muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
5. Ergebnis
Eine Drittwiderspruchsklage gegen G wäre zulässig.
II. Begründetheit
Die Klage müsste begründet sein. Die Drittwiderspruchsklage ist begründet, wenn D ein die Veräußerung hinderndes Recht an der Maschine (Interventionsrecht) zusteht und G gegen den Anspruch keine Einreden erheben könnte.
1. Interventionsrecht
D müsste also zunächst ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehen. In Betracht kommt das Eigentum an der Maschine. Allerdings bietet selbst das Eigentum kein die Veräußerung hinderndes Recht, da es von Dritten gutgläubig erworben werden kann. Bei einem solchen Verständnis gäbe es jedoch überhaupt kein Interventionsrecht iSv § 771 Abs. 1 ZPO. Es ist deshalb allgemein anerkannt, dass „ein die Veräußerung hinderndes Recht“ so zu verstehen ist, dass der Vollstreckungsgegenstand nicht zum Vermögen des Schuldners gehören darf, sondern dem Kläger zusteht. D hätte also ein Interventionsrecht, wenn er der Eigentümer der Maschine wäre.
a) Eigentumserwerb
Dazu müsste D das Eigentum an der Maschine von K erworben haben. Grundsätzlich erfolgt die Übereignung einer beweglichen Sache durch Einigung und Übergabe (§ 929 Satz 1 BGB).
aa) Einigung
Nach dem Sachverhalt ist davon auszugehen, dass sich D und K einig waren, dass D neuer Eigentümer der Maschine sein sollte.
bb) Übergabe
Fraglich ist, ob es zu einer Übergabe gekommen ist. Hierunter wird die Verschaffung der tatsächlichen Sachherrschaft vom Veräußerer an den Erwerber verstanden. Die Maschine hätte also in den unmittelbaren Besitz des D übergehen müssen. Nach dem Sachverhalt verblieb die Maschine jedoch auf dem Betriebsgelände der K, wo sie später für G gepfändet wurde. Eine Übergabe lag nicht vor.
D könnte jedoch trotzdem Eigentümer geworden sein, nämlich nach § 930 BGB. Dazu müsste zwischen D und K ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart worden, vermöge dessen D mittelbarer Besitzer der Maschine wurde. Ein solches Verhältnis läge dann vor, wenn K gegenüber D auf Zeit zum Besitz berechtigt wäre (§ 868 BGB).
Das Besitzmittlungsverhältnis könnte hier in einer Sicherungsabrede liegen. Nach dem Sachverhalt sollte die Übereignung zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs des D gegen K erfolgen. In einem solchen Fall erwirbt der Sicherungsnehmer, hier D, vom Sicherungsgeber, hier K, das Volleigentum. Der Sicherungsgeber darf die Sache zwar weiterhin nutzen, muss sie jedoch an den Sicherungsnehmer herausgeben, wenn er den Darlehensrückzahlungsanspruch nicht bedienen kann. Dies erfüllt die Voraussetzungen eines Besitzmittlungsverhältnisses.2
D ist damit Eigentümer der Maschine geworden.
b) Sicherungseigentum als Interventionsrecht
Teilweise wird vertreten, dass das Sicherungseigentum kein Interventionsrecht gewähre, da es seinem Wesen nach eher einem besitzlosen Pfandrecht entspreche. Das Interesse des Sicherungsgebers beschränke sich auf die Möglichkeit, das Sicherungsgut wirtschaftlich zu verwerten. Insoweit genüge es aber, ihm das Recht auf vorzugsweise Befriedigung am Veräußerungserlös nach § 805 ZPO einzuräumen.
Gegen diese rein wirtschaftliche Betrachtung spricht jedoch, dass es sich auch beim Sicherungseigentum um vollwertiges Eigentum handelt, das den Sicherungsgeber über die Möglichkeit der Verwertung eben auch das Recht einräumt, andere vom Zugriff auszuschließen. Auch das Sicherungseigentum gibt dem Inhaber deshalb ein Interventionsrecht.3
c) Zwischenergebnis
D hat ein die Veräußerung hinderndes Recht an der Maschine.
2. Einrede der G
G könnte jedoch eine Einrede gegen die Drittwiderspruchsklage zustehen. In Betracht kommt hier Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB. Eine Drittwiderklage ist u.a. dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger selbst Schuldner der Vollstreckungsforderung ist.4
Der Vollstreckung liegt ein Anspruch der G auf Kaufpreiszahlung gemäß § 433 Abs. 2 BGB zugrunde. Dieser Anspruch richtet sich allerdings gegen K. Jedoch ist zu beachten, dass gemäß § 128 Satz 1 HGB auch die (persönlich haftenden) Gesellschafter der KG für deren Verbindlichkeiten haften. D ist deshalb als Komplementär der K ebenfalls Schuldner der Vollstreckungsforderung, so dass die Drittwiderspruchsklage rechtsmissbräuchlich sein könnte.
Die Frage ist, ob sich hieran etwas durch die von K erklärte Aufrechnung ändert. Diese könnte zum Erlöschen der Forderung geführt haben (§ 389 BGB). Nach dem Sachverhalt hatte K gegen G einen Schadensersatzanspruch. Dieser könnte jedoch verjährt gewesen sein, da er bereits seit fünf Jahren bestand (§ 195 BGB). Allerdings würde gemäß § 215 BGB die Verjährung die Aufrechnung nicht ausschließen, wenn sich die Forderungen in unverjährter Zeit aufrechenbar gegenüberstanden. Die Forderung der G ist zwei Jahre alt, die der K fünf. Der Anspruch der K folgt aus § 280 Abs. 1 BGB und verjährt nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB in drei Jahren. Das bedeutet, dass bei Entstehung der Forderung der G die Gegenforderung noch unverjährt bestand. Die Aufrechnung hätte deshalb zum Erlöschen der Forderung der G führen können, obwohl zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung die Gegenforderung verjährt war.
Allerdings ist zu beachten, dass die Forderung der G bereits rechtskräftig tituliert war. Hiergegen ist die Aufrechnung zwar grundsätzlich möglich, sie unterliegt aber den Einschränkungen, denen sie unterläge, wenn sie im Wege der Vollstreckungsabwehrklage eingewendet worden wäre.5 Diese Einschränkungen ergeben sich für den vorliegenden Fall eines Vollstreckungsbescheides aus § 796 Abs. 2 ZPO. Danach sind Einwendungen, die den titulierten Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach Zustellung des Vollstreckungsbescheids entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können. Die Aufrechnung stellt eine Einwendung dar, die den titulierten Anspruch der G selbst betrifft. Die Gegenforderung dürfte aber erst nach der Zustellung des Vollstreckungsbescheides entstanden sein. Dies ist nicht der Fall, da sie bereits mehr als vier Jahre besteht. K hätte also gegen den Mahnbescheid Widerspruch einlegen müssen. Nunmehr ist sie mit ihrer Aufrechnung präkludiert.
Das hat zur Folge, dass nicht nur K, sondern auch D nach wie vor für die Forderung der G haften. Deshalb könnte G einer Drittwiderspruchsklage des D den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB entgegenhalten.
3. Ergebnis
Die Drittwiderspruchsklage wäre damit unbegründet.
B. Gesamtergebnis
Eine Drittwiderspruchsklage des D gegen G hätte keine Aussicht auf Erfolg. Sie wäre zwar zulässig, aber unbegründet.
Abwandlung
A. Anspruch gegen E auf Herausgabe der Maschine
Da F vorrangig die Herausgabe der Maschine begehrt, ist zu prüfen, ob sie einen entsprechenden Anspruch gegen den Ersteigerer E hat.
I. Anspruch aus §§ 667, 681 BGB
F könnte gegen E einen Herausgabeanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag haben. Dies würde voraussetzen, dass es sich bei dem Gebot in der Versteigerung und der Entgegennahme der Maschine um ein für E fremdes Geschäft gehandelt hat. Hierfür müsste es sich (auch) um eine Angelegenheit der F gehandelt haben, wofür sprechen könnte, dass sie Eigentümerin der Maschine war. Die Ersteigerung einer gepfändeten Sache ist jedoch allein ein Geschäft des Ersteigerers. Damit scheidet ein Anspruch aus §§ 667, 681 BGB aus.
II. Anspruch aus § 985 BGB
F könnte einen Herausgabeanspruch als (Sicherungs-) Eigentümerin der Maschine gegen E als deren unmittelbaren Besitzer haben. F könnte ihr Eigentum aber im Zuge der Versteigerung an E verloren haben. Der Eigentumserwerb nach öffentlicher Versteigerung erfolgt durch Ablieferung der Sache an den Meistbietenden (§ 817 Abs. 2 ZPO). Diese ist hier erfolgt.
Allerdings teilt der Sachverhalt nicht mit, ob E davon ausging, dass die Maschine der K gehört, oder ob er das Eigentum der F kannte. Hierauf käme es dann an, wenn für die Ablieferung die §§ 932 ff. BGB gelten würden. Die Ablieferung erfolgt jedoch zur Erfüllung des Übereignungsanspruchs des Erstehers aus einem öffentlichen-rechtlichen Vertrag, der mit dem Zuschlag zwischen dem Staat, vertreten durch den Gerichtsvollzieher, und dem Meistbietenden geschlossen wurde. Hierauf sind materiell-rechtliche Regelungen nicht anwendbar. Ein Eigentumserwerb findet deshalb selbst dann statt, wenn der Ersteher weiß, dass die Sache nicht dem Schuldner gehört. Es kann deshalb offenbleiben, welche Vorstellungen E bei Erteilung des Zuschlags hatte.
Der Eigentumserwerb aufgrund der Ablieferung ist wirksam. Damit hat F ihr Eigentum an der Maschine verloren. Ihr steht deshalb auch kein Herausgabeanspruch gegen E aus § 985 BGB zu.
III. Anspruch aus § 1007 Abs. 1, 2 BGB
Herausgabeansprüche aus § 1007 Abs. 1, 2 BGB scheiden schon deshalb aus, weil E als Eigentümer der Maschine ein besseres Recht zum Besitz hat (Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 1).
IV. §§ 861, 869 BGB
F könnte einen Anspruch wegen Besitzentziehung haben. Hierfür musste sie Besitzerin der Maschine gewesen sein. Unmittelbaren Besitz hatte sie nicht. Gemäß § 869 BGB stehen die Ansprüche des unmittelbaren Besitzers aber auch dem mittelbaren Besitzer zu. Wie bereits gezeigt, ist der Sicherungseigentümer mittelbarer Besitzer des Sicherungsgutes.
F müsste aber der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen worden sein. Verbotene Eigenmacht liegt vor, wenn der Besitz dem Besitzer ohne dessen Willen entzogen wird, es sei denn, die Entziehung wird vom Gesetz gestattet (§ 858 Abs. 1 BGB). Die Besitzübertragung durch Ablieferung an E erfolgte ohne den Willen der F. Fraglich ist aber, ob dies widerrechtlich war. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn der Gerichtsvollzieher nicht berechtigt war, die Maschine zu pfänden, weil sie nicht K als Vollstreckungsschuldnerin gehörte. Wie der Wortlaut des § 808 Abs. 1 ZPO zeigt, kommt es jedoch allein auf den Gewahrsam des Schuldners an.6 Nur diesen kann der Gerichtsvollzieher sicher feststellen. Die wahren Eigentumsverhältnisse hat er dagegen nicht zu prüfen. Die Pfändung erfasst folglich auch Sachen, die nicht im Eigentum des Schuldners stehen. Dasselbe gilt für die Verwertung. Eine wirksam gepfändete Sache darf vom Gerichtsvollzieher versteigert werden. Damit war die Besitzübertragung auf E keine verbotene Eigenmacht.
F hat gegen E keinen Anspruch auf Herausgabe der Maschine aus §§ 861, 869 BGB.
V. § 816 Abs. 2 BGB
Ein Herausgabeanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Nach dem zuvor Gesagten ist E jedoch gerade kein Nichtberechtigter.
VI. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB
Ein Herausgabeanspruch aufgrund einer Eingriffskondiktion setzt u.a. voraus, dass E das Eigentum an der Maschine ohne Rechtsgrund erlangt hat. Wie unter II. erläutert, erfolgte die Ablieferung jedoch auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Ein Bereicherungsanspruch scheidet deshalb aus.
VII. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB
Zur Begründung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB müsste die Entziehung des Eigentums rechtswidrig und schuldhaft erfolgt sein. Auch dieser Anspruch scheitert folglich daran, dass E das Eigentum an der Maschine aufgrund eines Hoheitsaktes erworben hat.
VIII. §§ 826, 249 Abs. 1 BGB
Ein Anspruch wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung der F setzt voraus, dass E wusste, dass die Maschine nicht K, sondern F gehört, und trotzdem die Pfändung der Maschine mit Schädigungsvorsatz zulasten der F im Rahmen der Ersteigerung erworben hat. Der Sachverhalt bietet hierfür keine Anhaltspunkte.
IX. Ergebnis
F hat gegen E keinen Anspruch auf Herausgabe der Maschine.
B. Ansprüche gegen G
Zu prüfen bleibt, ob F zumindest einen Anspruch auf Herausgabe des Ersteigerungserlöses gegen G hat.
I. §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB
In Betracht kommt zunächst ein Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung.
Dies setzt ein Schuldverhältnis zwischen F und G voraus. Ein solches liegt in dem Vollstreckungsrechtsverhältnis als gesetzliches Schuldverhältnis, das nicht nur zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner, sondern auch zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer der gepfändeten, schuldnerfremden Sache besteht.7
G müsste eine ihm eine daraus erwachsene Pflicht verletzt haben. Er war insbesondere verpflichtet, erhobene Drittrechte an der Sache sorgfältig zu prüfen und die Sache ggf. freizugeben.8 F hatte jedoch vor der Versteigerung ihr Eigentum an der Maschine G gegenüber nicht mehr anzeigen können. G konnte folglich auch keine Prüfpflicht verletzen.
Ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB scheidet deshalb aus.
II. §§ 687 II, 681, 667, 678 BGB
In Betracht kommt ein Anspruch auf Herausgabe bzw. Schadensersatz wegen angemaßter Eigengeschäftsführung. Hierfür müsste G ein Geschäft der F unberechtigt als eigenes geführt haben.
Die Verwertung einer Sache obliegt grundsätzlich allein dem Eigentümer. Ein Dritter ist hierzu nur dann berechtigt, wenn der Eigentümer diesen Eingriff dulden muss. Dies trifft zwar auf den Vollstreckungsschuldner bezüglich der eigenen Sachen in seinem Vermögen zu, nicht jedoch für den Eigentümer einer sich lediglich im Schuldnergewahrsam befindlichen Sache. Die Verwertung der Maschine oblag danach allein F und war deshalb ein für G fremdes Geschäft.
Fraglich ist, ob G dennoch berechtigt war. Grundsätzlich kann der Gläubiger sein Verwertungsrecht auf das Pfändungspfandrecht stützen, das er mit der Pfändung gemäß § 804 Abs. 1 ZPO erwirbt. G müsste also zunächst ein solches Pfändungspfandrecht an der Maschine erworben haben. Ob der Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an einer schuldnerfremden Sache erwerben kann, wird unterschiedlich beurteilt.
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Nach der sog. öffentlich-rechtlichen Theorie entsteht das Pfändungspfandrecht bereits mit der Verstrickung, bei der es sich um einen Hoheitsakt handelt. Auf die bürgerlich-rechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für den Pfandrechtserwerb soll es deshalb nicht ankommen, so dass es auch keine Rolle spielt, ob die Sache im Eigentum des Schuldners steht.
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Dagegen verlangt die gemischte Theorie, dass neben der wirksamen Verstrickung auch die Voraussetzungen für den Erwerb eines gesetzlichen Pfandrechts nach §§ 1205 ff., 1257 BGB vorliegen. Nach allgemeiner Auffassung ist aber ein Erwerb vom Nichtberechtigten grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Pfändung nicht durch eine rechtsgeschäftliche Verfügung, sondern einen Hoheitsakt erfolgt. Ein Pfändungspfandrecht kann deshalb nicht an einer schuldnerfremden Sache entstehen.
Welcher Auffassung der Vorzug zu geben ist, müsste nur dann entschieden werden, wenn beide Theorien zu unterschiedlichen Ergebnissen im vorliegenden Fall kommen würden. Das ist aber nur scheinbar der Fall. Tatsächlich würden die Vertreter der öffentlich-rechtlichen Theorie von einem Pfändungspfandrecht der G ausgehen, dies würde G jedoch nicht zur Verwertung der schuldnerfremden Sache bzw. zur Entgegennahme des Versteigerungserlöses berechtigen. Nach beiden Theorien handelte G folglich unberechtigt.
G müsste gemäß § 687 Abs. 2 BGB allerdings Kenntnis von dieser Nichtberechtigung gehabt, also gewusst haben, dass die Maschine nicht K gehört. Wie bereits gezeigt, war das nicht der Fall.
Ein Anspruch der F aus angemaßter Eigengeschäftsführung besteht deshalb nicht.
III. §§ 989, 990 BGB
Ein Schadensersatzanspruch nach § 989, 990 BGB setzt voraus, dass die Herausgabe der Maschine an F unmöglich ist. Wie gezeigt, hat F ihr Eigentum an E verloren.
Weitere Voraussetzung ist, dass F bis zu diesem Zeitpunkt einen Herausgabeanspruch nach § 985 BGB hatte (Vindikationslage). Zwar war G Besitzerin der Maschine, nämlich mittelbare Fremdbesitzerin, ohne hierzu berechtigt zu sein. F war auch noch Eigentümerin. Sie hatte jedoch ihr Verwertungsrecht durch die Pfändung an den Gerichtsvollzieher verloren. Damit war ihr Schutz auf die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO beschränkt.9 Eine Vindikationslage bestand deshalb nicht.
Unabhängig davon würde es mangels Kenntnis vom Eigentum der F auch am Verschulden des G fehlen.
IV. §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet ebenfalls aus.
Zwar stellt die Versteigerung einer Sache, die im (Sicherungs-) Eigentum eines Dritten steht, eine rechtswidrige Eigentumsverletzung dar,10 es fehlt jedoch auch hier am Verschulden des G.
V. § 816 Abs. 1 BGB
Ein Herausgabeanspruch aus § 816 Abs. 1 BGB setzt die Verfügung eines Nichtberechtigten voraus. Hieran fehlt es im Zwangsvollstreckungsrecht von vornherein, da die Eigentumsübertragung nicht rechtsgeschäftlich, sondern hoheitlich erfolgt.
V. §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB
Es bleibt zu prüfen, ob F gegen G einen Anspruch wegen einer Eingriffskondiktion als sog. verlängerte Drittwiderspruchsklage hat.
Hierzu müsste G zunächst etwas erlangt haben. G hat Eigentum und Besitz am Versteigerungserlös erlangt.
Hiermit müsste in sonstiger Weise als durch Leistung in den Rechtskreis der F eingegriffen worden sein. Das ist der Fall, wenn ihr der Erlös zustand. Das Eigentum an der Maschine setzte sich im Wege der dinglichen Surrogation in entsprechender Anwendung des § 1247 Satz 2 BGB am Versteigerungserlös fort, der somit ihr zustand.
G dürfte den Erlös nicht durch eine Leistung erlangt haben. Sie hat ihn nicht durch eine rechtsgeschäftliche Verfügung, sondern aufgrund hoheitlichen Handelns des Gerichtsvollziehers erlangt. Ein Eingriff in sonstiger Weise liegt damit vor.
Dieser müsste rechtsgrundlos erfolgt sein. Wie bereits gezeigt, war G nicht aufgrund eines Pfändungspfandrechts zur Verwertung der Maschine berechtigt. Eine Berechtigung folgt auch nicht daraus, dass F nicht vor der Beendigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens Drittwiderspruchsklage erhoben hat. Dies war ihr schon mangels Kenntnis der Zwangsversteigerung nicht möglich. Nach dem Sachverhalt erfolgte die Versteigerung, bevor sie handeln konnte.
Eventuell könnte sich G auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Dies wäre der Fall, wenn sie infolge der Ablieferung der Maschine an E und des (rechtsgrundlosen) Empfangs des Versteigerungserlöses ihre Forderung gegen K verloren hätte.
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Nach der Ablieferung der Sache an den Ersteigerer setzt sich das Pfändungspfandrecht – wie gezeigt - im Wege der dinglichen Surrogation am Versteigerungserlös fort (§ 1247 Satz 2 BGB analog). Nach § 815 ZPO ist gepfändetes Geld an den Gläubiger abzuliefern. Damit tritt grundsätzlich Erfüllung ein.
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Bei der Versteigerung schuldnerfremder Sachen hat der Gläubiger nach der zutreffenden gemischten Theorie aber kein Pfändungspfandrecht erworben. Die dingliche Surrogation wirkt deshalb nicht zu seinen, sondern nur zugunsten des (vormaligen) Eigentümers der Sache (s.o.). Die Ablieferung des Geldes an den Gläubiger kann folglich nicht einer Leistungsbewirkung des Schuldners gleichgesetzt werden. Damit hat G seine Forderung gegen K noch nicht verloren und kann sich deshalb F gegenüber nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
In der Höhe ist der Anspruch auf Herausgabe des Nettoerlöses gerichtet.11 F hat deshalb gegen G einen Anspruch auf Herausgabe des Ersteigerungserlöses in Höhe von 65.000,00 Euro gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 818 Abs. 2 BGB.
VI. Ergebnis
F kann von G die Herausgabe des Versteigerungserlöses verlangen.