Fall: Gefährliche Pokerrunde

Anton (A), Ben (B) und Fred (F) treffen sich regelmäßig zum Pokern. Meistens gewinnt F. Seine Mitspieler sind darum misstrauisch.

Als sich die drei eines Tages in der Wohnung des F treffen, sieht A, als er von einem Gang zur Toilette zurückkommt, auf der Flurkommode die EC-Karte des F liegen. A steckt die Karte ein. Was genau er damit machen will und ob er die Karte zurückgeben wird, weiß A noch nicht.

Im Verlauf des Abends gewinnt F wieder viele Partien. Als F gerade aus dem Keller kühles Bier holt, zeigt A dem B die „gefundene“ EC-Karte. B schlägt A einen Plan vor, wie man dem F die vielen Niederlagen mit Hilfe der Karte heimzahlen könnte. A ist sofort einverstanden und die beiden setzen den Plan auch gleich in die Tat um:

Als F aus dem Keller zurückkommt und sich wieder auf seinen Stammplatz auf der Couch begibt, setzen sich A und B plötzlich rechts und links neben ihn und nehmen den F so “in die Zange”. A zieht ein langes Messer, das er zwischenzeitlich aus der Küche des F geholt hat, und rammt es in die Tischplatte. Als F die beiden fragend ansieht, sagt B: “Du wirst uns jetzt für die ganzen Niederlagen ein kleines Schmerzensgeld zahlen.”
F nimmt das Ganze zunächst nicht ernst. Erst als A und B ihm beide mehrere heftige Handkantenschläge ins Gesicht verpassen und A ihm mit dem Küchenmesser einen Schnitt am Hals zufügt, erkennt er, dass die beiden es ernst meinen. Deshalb unternimmt er nichts, als B ihm die Brieftasche aus der Hosentasche zieht. B entnimmt der Brieftasche die darin enthaltenen zwei 50 €-Scheine. Einen davon reicht er dem A, den anderen steckt er sich selbst ein. Dann wirft A die EC-Karte des F auf den Tisch und sagt: “Wir hätten gerne noch mehr Geld. Wir brauchen jetzt noch deine Geheimzahl. Los, her damit!” F fürchtet um sein Leben, daher verrät er die Geheimzahl.

Strafbarkeit von A und B?

Bearbeitervermerk:
Die §§ 223, 239, 240, 241, 246, 303 StGB sind nicht zu prüfen.



A. Strafbarkeit des A gem. § 242 I StGB durch Einstecken der EC-Karte
A könnte sich gem. § 242 I StGB wegen Diebstahls strafbar gemacht haben, indem er die EC-Karte des F einsteckte.

I. Tatbestand

1. Fremde bewegliche Sache
Bei der EC-Karte müsste es sich zunächst um eine fremde bewegliche Sache handeln. Eine Sache ist jeder körperliche Gegenstand. Die ec-Karte des F ist ein körperlicher Gegenstand und somit eine Sache. Beweglich ist eine Sache, wenn sie tatsächlich fortgeschafft werden kann. Dies trifft auf die EC-Karte zu. Fremdheit liegt vor, wenn die Sache nicht im Alleineigentum des Täters steht oder herrenlos ist. Die ec-Karte steht entweder im Eigentum des F oder im Eigentum des kartenausgebenden Kreditinstituts. Sie stand somit nicht im Alleineigentum des A. Sie war für ihn also auch fremd. Bei der ec-Karte handelt es sich um eine fremde bewegliche Sache.

2. Wegnahme
A müsste die EC-Karte auch weggenommen haben. Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Gewahrsam ist die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Herrschaftsbeziehung einer Person zu einer Sache.

a) Fremder Gewahrsam
Zunächst müsste fremder Gewahrsam bestanden haben. Die EC-Karte lag auf der Flurkommode in der Wohnung des F. Dort konnte F jederzeit auf die Karte zugreifen. Er hatte somit die tatsächliche Sachherrschaft über sie. Außerdem hat F einen generellen Herrschaftswillen bezüglich aller in seiner Wohnung befindlichen Sachen. Er hatte somit Gewahrsam über die EC-Karte. Fremder Gewahrsam bestand also zunächst.

b) Begründung neuen Gewahrsams
A müsste auch neuen Gewahrsam an der EC-Karte begründet haben. Bei kleinen beweglichen Gegenständen liegt eine Begründung neuen Gewahrsams bereits dann vor, wenn der Gegenstand in die körperliche Tabusphäre des Täters verbracht wird. A steckte die EC-Karte ein. Hierdurch verbrachte er sie in seine körperliche Tabusphäre. A hat also neuen Gewahrsam an der EC-Karte begründet.

c) Bruch
Die Gewahrsamsverschiebung müsste auch durch Bruch erfolgt sein. Dies ist der Fall, wenn die Gewahrsamsverschiebung gegen oder ohne den Willen des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers erfolgt ist. F wusste nicht, dass A sich die EC-Karte einsteckte. Die Gewahrsamsverschiebung erfolgte somit ohne den Willen des ursprünglichen Eigentümers. Die Gewahrsamsverschiebung erfolgte durch Bruch.

d) Ergebnis
A hat die EC-Karte weggenommen.

3. Vorsatz
A müsste auch vorsätzlich gehandelt haben. Vorsatz ist Wissen und Wollen im Hinblick auf die Verwirklichung sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale. A wusste, dass es sich bei der EC-Karte um eine fremde bewegliche Sache handelt und wollte sie dem F wegnehmen. Er handelte also vorsätzlich.

4. Absicht rechtswidriger Zueignung
A müsste auch in der Absicht rechtswidriger Zueignung gehandelt haben. Diese besteht aus der Aneignungsabsicht, dem Enteignungsvorsatz, der Rechtswidrigkeit der Zueignung und dem Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Zueignung. A müsste zunächst mit Aneignungsabsicht gehandelt haben. Diese liegt vor, wenn es dem Täter darauf ankommt, den Gegenstand zumindest vorübergehend in sein eigenes Vermögen oder das eines Dritten einzuverleiben. A machte sich keine Gedanken darüber, was er mit der Karte machen wollte. Es kam ihm also nicht darauf an, die EC-Karte in sein Vermögen einzuverleiben. Er hatte keine Aneignungsabsicht. Er handelte somit nicht in der Absicht rechtswidriger Zueignung.

5. Ergebnis
Der Tatbestand ist nicht erfüllt.

II. Ergebnis
A hat sich nicht gem. § 242 I StGB strafbar gemacht.

B. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB bezüglich der Geldscheine durch das „In die Zange nehmen“, das Rammen des Messers in die Tischplatte, den Hinweis, F habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, die Schläge, die Schnitte und das Nehmen des Geldes
A und B könnten sich bezüglich der Geldscheine gem. § 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB wegen schweren Raubes in Mittäterschaft strafbar gemacht haben, indem sie den F „in die Zange nahmen“, das Messer in den Tisch rammten, den F darauf hinwiesen, er habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, diesen schlugen und mit dem Messer schnitten und das Geld des F an sich nahmen.

I. Tatbestand

1. Grunddelikt, §§ 249 I, 25 II StGB
A und B müssten zunächst das Grunddelikt des Raubes in Mittäterschaft gem. §§ 249 I, 25 II StGB verwirklicht haben.

a) Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
A und B müssten ein qualifiziertes Nötigungsmittel eingesetzt haben.

aa) Gewalt gegen eine Person
A und B könnten zunächst Gewalt gegen eine Person angewendet haben. Gewalt ist jeder körperlich wirkender Zwang. A und B schlugen den F und A schnitt ihn am Hals. Hiervon geht ein körperlich wirkender Zwang aus. A und B haben Gewalt gegen eine Person angewendet.

bb) Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben
Sie könnten ihm auch mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben gedroht haben. Drohen ist das In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt. Ein Übel ist jede vom Betroffenen als nachteilig empfundene Veränderung der Außenwelt. A rammte das Messer in die Tischplatte, B wies ihn darauf hin, er habe noch ein Schmerzensgeld zu zahlen und beide nahmen den F in die Zange. Durch dieses Verhalten kündigten sie dem F an, ihm körperlichen Schaden zuzufügen. A und B saßen auch direkt neben dem F und konnten diese Ankündigung somit jederzeit in die Tat umsetzen. Sie kündigten F also eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben an. F würde eigene Verletzungen als nachteilige Veränderung der Außenwelt empfinden. A und B stellten ihm somit ein zukünftiges Übel in Aussicht. Auf den Eintritt dieses Übels hatten sie aufgrund der körperlichen Nähe zu F auch Einfluss. A und B haben F mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben gedroht.

cc) Ergebnis
A und B haben mit Gewalt gegen eine Person und Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben qualifizierte Nötigungsmittel eingesetzt.

b) Fremde bewegliche Sache
Bei den Geldscheinen müsste es sich auch um fremde bewegliche Sachen handeln. Die Geldscheine sind körperliche Gegenstände, die tatsächlich fortschaffbar sind. Sie stehen im Eigentum des F und damit nicht im Alleineigentum von A und B. Bei den Geldscheinen handelt es sich um fremde bewegliche Sachen.

c) Wegnahme
A und B müssten die Geldscheine auch weggenommen haben.

aa) Fremder Gewahrsam und Begründung neuen Gewahrsams
Zunächst müsste fremder Gewahrsam bestanden haben. Die Geldscheine befanden sich in der Brieftasche des F. F hatte so die tatsächliche Sachherrschaft über sie und diesbezüglich auch einen Herrschaftswillen. Fremder Gewahrsam bestand also zunächst. Es müsste auch neuer Gewahrsam begründet worden sein. B ergriff die Geldscheine und verhinderte so, dass F weiter auf diese zugreifen konnte. B verschaffte sich also die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft über die Geldscheine. Er hat also auch neuen Gewahrsam begründet.

bb) Bruch
Die Gewahrsamsverschiebung müsste auch durch Bruch erfolgt sein. Dies ist der Fall, wenn die Gewahrsamsverschiebung gegen oder ohne den Willen des ursprünglichen Gewahrsamsinhabers erfolgt ist. Der Täter setzt i.R.v. § 249 I StGB das Nötigungsmittel allerdings gerade deshalb ein, um den Willen des Opfers zu beugen. Zur Feststellung, ob ein Gewahrsamsbruch vorliegt, muss daher eine Abgrenzung des Raubes zur räuberischen Erpressung gem. §§ 253, 255 StGB erfolgen. Wie diese vorzunehmen ist, ist umstritten.

(1) Eine Ansicht (hL)
Eine Ansicht stellt für die Abgrenzung auf die innere Willensrichtung des Opfers ab. Hierbei wird darauf abgestellt, ob das Opfer davon ausgeht, eine Verhaltensalternative zu haben. Sieht es die Gewahrsamsverschiebung als von seinem Verhalten abhängig an, so sei kein Gewahrsamsbruch, sondern eine Vermögensverfügung gegeben. Dann liege keine Wegnahme und somit kein Raub, sondern eine räuberische Erpressung vor. Erscheine es dem Opfer dagegen in der konkreten Zwangslage gleichgültig, wie es sich verhält, weil die Gewahrsamsverschiebung unabhängig von seiner Mitwirkung eintritt, liege hingegen ein Gewahrsamsbruch vor. Dann sei eine Wegnahme und somit ein Raub gegeben. Hier waren A und B gegenüber F in der Überzahl und hatten zudem ein Messer dabei. Es ist daher davon auszugehen, dass es aus Sicht des F nicht darauf ankam, ob er sich wehren würde, weil B sich das Geld sowieso nehmen würde. Es erschien F also gleichgültig, wie er sich verhielt, weil die Gewahrsamsverschiebung unabhängig von einer Mitwirkung eintreten würde. Nach dieser Ansicht läge also ein Gewahrsamsbruch und somit eine Wegnahme vor.

(2) Weitere Ansicht (BGH)
Nach einer weiteren Ansicht ist für die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung auf das äußere Erscheinungsbild abzustellen. Liege ein „Nehmen“ durch den Täter vor, handele es sich um einen Gewahrsamsbruch und somit um eine Wegnahme. Dann käme ein Raub in Betracht. Liege dagegen ein „Geben“ durch das Opfer vor, so sei kein Gewahrsamsbruch und demnach auch keine Wegnahme im Sinne des Raubes gegeben. Es handele sich dann um eine räuberische Erpressung. Hier hatte B dem die Brieftasche aus der Hose gezogen und dann die darin enthaltenen Geldscheine entnommen. Nach dem äußeren Erscheinungsbild liegt demnach ein „Nehmen“ durch den Täter vor. Auch hiernach würde also ein Gewahrsamsbruch und somit eine Wegnahme vorliegen.

(3) Stellungnahme
Beide Ansichten kommen zum selben Ergebnis. Eine Stellungnahme ist damit entbehrlich. Ein Gewahrsamsbruch liegt vor.

cc) Ergebnis
Somit ist eine Wegnahme gegeben.

d) Zurechnung gem. § 25 II StGB
Die einzelnen Tathandlungen müssten A und B auch gem. § 25 II StGB gegenseitig zuzurechnen sein. Dafür sind ein gemeinsamer Tatplan sowie eine gemeinschaftliche Begehungsweise erforderlich. Hier handelten A und B aufgrund eines gemeinsamen Tatplans. Sie handelten zudem arbeitsteilig und hätten jederzeit auf das Handeln des anderen einwirken können. Auch eine gemeinschaftliche Begehung ist damit gegeben. Die Tathandlungen sind A und B gem. § 25 II StGB gegenseitig zuzurechnen.

e) Vorsatz
A und B müssten auch vorsätzlich gehandelt haben. Sie wollten gegenüber F Gewalt anwenden und ihm mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben drohen. Auch wollten sie ihm die Geldscheine wegnehmen. Der die Zurechnung gem. § 25 II StGB begründenden Umstände waren sie sich bewusst. Sie handelten vorsätzlich.

f) Finalität
Es müsste auch Finalität vorliegen. Finalität ist gegeben, wenn in objektiver Hinsicht erst die Nötigung und dann die Wegnahme erfolgt und in subjektiver Hinsicht der Täter nötigt, um wegzunehmen. Hier setzten A und B erst die qualifizierten Nötigungsmittel ein und nahmen dem F erst dann das Geld weg. Sie setzten die Nötigungsmittel zudem auch ein, um dem F das Geld wegzunehmen. Finalität ist also gegeben.

g) Absicht rechtswidriger Zueignung
A und B müssten auch in der Absicht rechtswidriger Zueignung gehandelt haben. Sie müssten zunächst mit Aneignungsabsicht gehandelt haben. Es kam ihnen darauf an, sich die Geldscheine in ihr Vermögen einzuverleiben. Sie handelten mit Aneignungsabsicht. Enteignungsvorsatz liegt vor, wenn der Täter zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Eigentümer dauerhaft aus seiner Eigentümerstellung verdrängt wird. A und B wollten, dass F dauerhaft aus seiner Eigentümerstellung verdrängt wird. Sie hatten somit auch Enteignungsvorsatz. Die Zueignung ist rechtswidrig, wenn der Täter keinen fälligen, einredefreien Anspruch auf die Sache hat. Ein solcher Anspruch von A und B auf das Geld des F lag nicht vor. Die Zueignung war also rechtswidrig. Dies war A und B auch bewusst. Sie handelten somit auch vorsätzlich bezüglich der Rechtswidrigkeit der Zueignung. A und B handelten in der Absicht rechtswidriger Zueignung.

h) Ergebnis
A und B haben das Grunddelikt des Raubes in Mittäterschaft gem. §§ 249 I, 25 II StGB verwirklicht.

2. Qualifikation, § 250 II Nr. 1 StGB
A und B könnten auch den Qualifikationstatbestand des § 250 II Nr. 1 StGB verwirklicht haben. Dann müssten sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet haben. Gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 II Nr. 1 StGB ist jeder Gegenstand, der in der konkreten Art der Anwendung geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Das Küchenmesser ist in seiner konkreten Art der Anwendung dazu geeignet, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Es ist somit ein gefährliches Werkzeug. Verwenden i.S.d. § 250 II Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter das Werkzeug als Nötigungsmittel einsetzt. Hier wurde das Messer sowohl zur Drohung als auch zur Gewaltanwendung und somit als Nötigungsmittel eingesetzt. Ein Verwenden i.S.d. § 250 II Nr. 1 StGB liegt also ebenfalls vor. A und B haben ein gefährliches Werkzeug verwendet. Sie müssten hinsichtlich der Verwirklichung des Qualifikationsmerkmals auch vorsätzlich gehandelt haben. A und B wollten ein gefährliches Werkzeug als Nötigungsmittel einsetzen. Sie handelten somit vorsätzlich. A und B haben den Qualifikationstatbestand des § 250 II Nr. 1 StGB verwirklicht. Die ebenfalls verwirklichten Qualifikationen des § 250 I Nr. 1a und Nr. 1c treten im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 250 II Nr. 1 StGB zurück.

3. Ergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.

II. Rechtswidrigkeit
Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. A und B handelten rechtswidrig.

III. Schuld
Schuldausschließungs- oder Entschuldigungsgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich. A und B handelten somit auch schuldhaft.

IV. Ergebnis
A und B haben sich gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB strafbar gemacht.

C. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB bezüglich der Geldscheine durch das „In die Zange nehmen“, das Rammen des Messers in die Tischplatte, den Hinweis, F habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, die Schläge, die Schnitte und das Nehmen des Geldes
Durch dieselben Handlungen könnten A und B sich auch gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB wegen schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft strafbar gemacht haben. Aus dem Problem der Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung resultiert auch die Frage, ob die beiden Delikte gleichzeitig verwirklicht sein können. Nach einer Ansicht (hL) liegt entweder eine Wegnahme oder eine Vermögensverfügung vor (s.o.). Raub und räuberische Erpressung stehen hiernach deswegen in einem Exklusivitätsverhältnis. Hier haben A und B bereits den Tatbestand des schweren Raubes gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB verwirklicht. Eine Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung käme nach dieser Ansicht demnach nicht in Betracht. Nach einer weiteren Ansicht (BGH) hingegen ist der Raub lediglich spezieller gegenüber der räuberischen Erpressung. Eine räuberische Erpressung käme hier also grundsätzlich in Betracht, würde jedoch im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter dem spezielleren Raub zurücktreten. Beide Ansichten kommen somit zu dem Ergebnis, dass eine eigenständige Strafbarkeit von A und B wegen schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft nicht gegeben ist. Eine Stellungnahme ist somit nicht erforderlich. A und B haben sich nicht gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB strafbar gemacht.




D. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB durch das „In die Zange nehmen“, das Rammen des Messers in die Tischplatte, den Hinweis, F habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, die Schläge, die Schnitte und das Herausverlangen der PIN
A und B könnten sich weiterhin gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB wegen schwerer räuberischer Erpressung in Mittäterschaft strafbar gemacht haben, indem sie den F „in die Zange nahmen“, das Messer in die Tischplatte rammten, F darauf hinwiesen, er habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, diesen schlugen und schnitten und die PIN von ihm herausverlangten.

I. Tatbestand

1. Grundelikt, §§ 253 I, 255, 25 II StGB
A und B müssten zunächst das Grunddelikt der räuberischen Erpressung in Mittäterschaft gem. §§ 253 I, 255, 25 II StGB verwirklicht haben.

a) Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels
A und B haben Gewalt gegen eine Person angewendet und mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben gedroht (s.o.). Sie haben qualifizierte Nötigungsmittel eingesetzt.

b) Zurechnung gem. § 25 II StGB
A und B handelten aufgrund eines gemeinsamen Tatplans. Auch eine gemeinsame Begehung liegt vor. Die einzelnen Tathandlungen sind ihnen somit gegenseitig gem. § 25 II StGB zuzurechnen.

c) Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB
Es müsste auch ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB gegeben sein. Aus dem Problem der Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung ergibt sich die Frage, welche Anforderungen an ein solches Opferverhalten zu stellen sind.

aa) Eine Ansicht (hL)
Eine Ansicht fordert für ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB eine Vermögensverfügung wie beim Betrug gem. § 263 I StGB (s.o.). Eine solche ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt. Hier hat der F seine PIN an A und B verraten. Hierdurch erlangten diese noch nicht das Geld auf dem Konto. Allerdings hat der F keine Möglichkeit, seine EC-Karte sperren zu lassen, da er von A und B festgehalten wird. Auch ist nach lebensnaher Auslegung davon auszugehen, dass A und B in kurzer Zeit bei einem Geldautomaten sein und das Geld des F dann abheben können. Durch das Verraten der PIN ist das Vermögen des F also bereits konkret gefährdet. F hat also eine Handlung vorgenommen, die sich unmittelbar vermögensmindernd für ihn auswirkt. Eine Vermögensverfügung liegt somit vor. Nach dieser Ansicht läge damit ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB vor.

bb) Weitere Ansicht (BGH)
Eine weitere Ansicht lässt für ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen ausreichen. Das Verraten der PIN ist eine Handlung. Auch nach dieser Ansicht läge also ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB vor.

cc) Stellungnahme
Beide Ansichten kommen zum selben Ergebnis. Eine Stellungnahme ist somit entbehrlich. Ein Opferverhalten i.S.d. §§ 253, 255 StGB liegt vor.

d) Vermögensnachteil
Es müsste auch zu einem Vermögensnachteil gekommen sein. Durch das Verraten der PIN ist das Vermögen des F konkret gefährdet (s.o.). Hierfür hat er auch keinen Ausgleich erlangt. Ein Vermögensnachteil liegt vor.

e) Vorsatz
A und B müssten auch vorsätzlich gehandelt haben. A und B wollten dem F unter Einsatz der qualifizierten Nötigungsmittel die Preisgabe der PIN abnötigen und hierdurch einen Vermögensnachteil bei ihm verursachen. Der die Zurechnung gem. § 25 II StGB begründenden Umstände waren sie sich bewusst. Sie handelten vorsätzlich.

f) Absicht rechtswidriger Bereicherung
A und B müssten auch in der Absicht rechtswidriger Bereicherung gehandelt haben.
Die Absicht rechtswidriger Bereicherung besteht aus der Absicht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, der Stoffgleichheit, der Rechtswidrigkeit der Bereicherung sowie dem Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung.

aa) Absicht bezüglich Vermögensvorteil
A und B wollten sich die Möglichkeit verschaffen, unter Verwendung der PIN und der EC-Karte des F auf dessen Konto zugreifen zu können. Die faktische Zugriffsmöglichkeit auf das Konto stellt einen Vermögensvorteil dar. Auf dessen Verschaffung kam es A und B auch an. Sie handelten also in der Absicht, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

bb) Stoffgleichheit
Stoffgleichheit bedeutet, dass der Vermögensvorteil die Kehrseite des Vermögensnachteils darstellen muss. Dies ist der Fall, wenn der Vermögensvorteil und der Vermögensnachteil auf demselben Opferverhalten beruhen. Die faktische Zugriffsmöglichkeit auf das Konto sowie die konkrete Vermögensgefährdung des F beruhen auf der Preisgabe der PIN durch F. Vermögensvorteil und Vermögensnachteil beruhen also auf demselben Opferverhalten. Der Vermögensvorteil stellt somit die Kehrseite des Vermögensnachteils dar. Stoffgleichheit ist gegeben.

cc) Rechtswidrigkeit der Bereicherung
Die Bereicherung ist rechtswidrig, wenn der Täter keinen fälligen und einredefreien Anspruch auf den Vermögensvorteil hat. Einen solchen Anspruch hatten A und B hier nicht. Die Bereicherung ist rechtswidrig.

dd) Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung
A und B wussten, dass sie keinen fälligen, durchsetzbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil hatten. Sie hatten also Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit der Bereicherung.

ee) Ergebnis
A und B handelten in der Absicht rechtswidriger Bereicherung.

g) Ergebnis
A und B haben das Grunddelikt der räuberischen Erpressung in Mittäterschaft gem. §§ 253, 255, 25 II StGB verwirklicht.

2. Qualifikation, § 250 II Nr. 1 StGB
Sie könnten auch den Qualifikationstatbestand des § 250 II Nr. 1 StGB verwirklicht haben. A und B haben bei der Tat ein gefährliches Werkzeug verwendet (vgl. o.). Dies wollten sie auch. Sie handelten also auch vorsätzlich. A und B haben den Qualifikationstatbestand des § 250 II Nr. 1 StGB verwirklicht.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
Sie handelten auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Ergebnis
A und B haben sich gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB strafbar gemacht.

E. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 239a I, 1. Fall, 25 II StGB durch das „In die Zange nehmen“, das Rammen des Messers in die Tischplatte, den Hinweis, F habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, die Schläge, die Schnitte und das Herausverlangen der PIN
Durch dieselben Handlungen könnten A und B sich auch gem. §§ 239a I, 1. Fall, 25 II StGB wegen erpresserischen Menschenraubes in Mittäterschaft strafbar gemacht haben.

I. Tatbestand

1. Entführen oder Sichbemächtigen
Dann müssten sie einen Menschen entführt oder sich ihm bemächtigt haben. Entführen eines Menschen ist das Herbeiführen einer Ortsveränderung gegen den Willen des Opfers. Eine Ortsveränderung liegt hier nicht vor. Ein Entführen ist nicht gegeben. A und B könnten sich des F jedoch bemächtigt haben. Der Täter bemächtigt sich eines Menschen, wenn er die physische Herrschaft über ihn erlangt. Hier wendeten A und B Gewalt gegen den F an und drohten ihm. Es ist davon auszugehen, dass F keine Handlungen mehr ohne entsprechende Anweisung von A und B vorgenommen hätte. A und B haben also die physische Herrschaft über F erlangt. Sie haben sich somit des F bemächtigt.

2. Zurechnung gem. § 25 II StGB
Die einzelnen Tathandlungen sind A und B gegenseitig gem. § 25 II StGB zuzurechnen (s.o.).

3. Vorsatz
A und B müssten auch vorsätzlich gehandelt haben. Sie wollten sich des F bemächtigen. Sie handelten also vorsätzlich.

4. Erpressungsausnutzungsabsicht
A und B müssten auch in der Absicht gehandelt haben, die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zur Erpressung auszunutzen. A und B kam es darauf an, die Sorge des F um sein Wohl zur Begehung einer schweren räuberischen Erpressung auszunutzen. Hiernach läge eine Erpressungsausnutzungsabsicht also vor. Die Erpressung tritt stets hinter dem erpresserischen Menschenraub zurück. Würde man in allen Fällen, in denen ein „Sich bemächtigen“ und eine Erpressung gegeben sind, eine Erpressungsausnutzungsabsicht annehmen, würde der Tatbestand der Erpressung daher im Ergebnis leerlaufen. Zudem erscheint ein solches Ergebnis aufgrund des hohen Strafrahmens des § 239a StGB nicht sachgerecht. Der § 239a StGB muss daher in den genannten Fällen dahingehend teleologisch reduziert werden, dass eine Stabilisierung der Opferlage erforderlich ist. Eine solche ist gegeben, wenn der Täter neben der Erpressungshandlung noch eine weitere Nötigungshandlung vornimmt. Hier bemächtigten A und B sich erst des F, um ihn dazu zu bringen, die Herausnahme des Geldes zu dulden. Diese schon gefestigte Lage nutzten sie später dann nochmals aus, um F die Preisgabe der PIN abzunötigen. Sie nahmen also neben der Erpressungshandlung des Sichbemächtigens noch eine weitere Nötigungshandlung vor. Eine stabilisierte Opferlage war also gegeben. Eine Erpressungsausnutzungsabsicht liegt also vor.

5. Ergebnis
Der Tatbestand ist erfüllt.

II. Rechtswidrigkeit und Schuld
A und B handelten auch rechtswidrig und schuldhaft.

III. Ergebnis
A und B haben sich gem. §§ 239a I, 1. Fall, 25 II StGB strafbar gemacht.

F. Strafbarkeit von A und B gem. §§ 239b I, 1. Fall, 25 II StGB durch das „In die Zange nehmen“, das Rammen des Messers in die Tischplatte, den Hinweis, F habe ein Schmerzensgeld zu zahlen, die Schläge, die Schnitte und das Herausverlangen der PIN
Durch dieselben Handlungen haben sich A und B auch gem. §§ 239b I, 1. Fall, 25 II StGB wegen Geiselnahme in Mittäterschaft strafbar gemacht. Dieses Delikt tritt jedoch im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter §§ 239a I, 1. Fall, 25 II StGB zurück.

G. Konkurrenzen
A und B haben sich gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II StGB sowie gem. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II StGB und gem. §§ 239a I, 1. Fall, 25 II StGB strafbar gemacht. Diese Delikte stehen gem. § 52 StGB in Tateinheit. A und B haben sich also gem. §§ 249 I, 250 II Nr. 1, 25 II; 253, 255, 250 II Nr. 1, 25 II; 239a I, 1. Fall, 25 II; 52 StGB strafbar gemacht.