Erledigung in der Hauptsache

Überblick - Erledigung in der Hauptsache

Eine besondere Konstellation im Rahmen der gerichtlichen Entscheidungen ist die Erledigung in der Hauptsache. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Im Ergebnis erhebt A gegen diese Verfügung Anfechtungsklage und während des laufenden Anfechtungsprozesses nimmt die Behörde die Abrissverfügung zurück oder reißt das Haus ab.

In diesen Fällen hat der Kläger vier Reaktionsmöglichkeiten: Er kann den Prozess weiterlaufen lassen und keinen Antrag stellen. Er kann einen Antrag nach § 113 I 4 VwGO stellen, also einen Fortsetzungsfeststellungsantrag. Ferner kann der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklären und der Beklagte stimmt zu. Das wäre der Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung. Denkbar ist aber auch, dass der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt, der Beklagte sich diesem jedoch nicht anschließt. Hierbei handelt es sich dann um die sogenannte einseitige Erledigungserklärung. Fraglich ist nun, was in der jeweiligen Konstellation Prüfungsgegenstand ist, wie die gerichtliche Prüfung aussieht, in welcher Form die Entscheidung ergeht und wie die Kostenentscheidung zu treffen ist.

I. Kein Antrag

Wenn der A keinen Antrag stellt, ist der Prüfungsgegenstand der ursprüngliche Verwaltungsakt. Unternimmt der Kläger im obigen Beispielsfall nichts, so prüft das Gericht die Abrissverfügung weiter. Es beginnt dabei mit der Zulässigkeit, die es verneint, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Hat sich ein Verwaltungsakt bereits erledigt, ergibt es keinen Sinn mehr, vom Gericht zu verlangen, dass es diesen aufhebt. Die Klage ist somit unzulässig, sodass ein klagabweisendes Urteil ergeht. Aufgrund seines Unterliegens trägt der A daher auch die Kosten. Es ist mithin eine große Dummheit, in einem derartigen Fall nichts zu unternehmen.

II. Antrag nach § 113 I 4 VwGO

In der zweiten Variante stellt der A seinen Antrag um, gerichtet auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, der sich zwischenzeitlich erledigt hat. Prüfungsgegenstand des Gerichts ist dann immer noch der ursprüngliche Verwaltungsakt. In der Zulässigkeit der Klage wird das Gericht insbesondere prüfen, ob der A über das sogenannte Fortsetzungsfeststellungsinteresse verfügt. Dies sind die Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses und Präjudizinteresse (Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs). Wenn A kein besonderes Interesse an einer solchen Sachfeststellung trotz Erledigung hat, wird das Gericht die Klage als unzulässig abweisen. Ein solcher Umstellungsantrag ist daher nur dann sinnvoll, wenn ein derartiges Fortsetzungsfeststellungsinteresse besteht. Es ergeht im Falle der Umstellung des Antrags nach § 113 I 4 VwGO ein Urteil, wobei die Kostenverteilung davon abhängt, ob A gewinnt oder verliert, vgl. §§ 154 ff. VwGO. Sollte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlen oder der Verwaltungsakt rechtmäßig sein, trägt der A die Kosten. Sollte hingegen das Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehen und der Verwaltungsakt rechtswidrig sein, trägt die Beklagte die Kosten der Rechtsstreits.

III. Übereinstimmende Erledigungserklärungen

Erklärt der A hingegen den Rechtsstreit für erledigt und stimmt die Beklagte dieser Erledigungserklärung zu, liegt also eine übereinstimmende Erledigungserklärung vor, entfällt der Prüfungsgegenstand. Dies ist Ausdruck der Dispositionsmaxime, dass die Beteiligten insbesondere selbst bestimmen können, was Gegenstand der Klage ist und auch in der Lage sind, den Rechtsstreit für erledigt erklären kann. Das Gericht prüft daher nichts mehr. Es ergeht deshalb nur noch ein Beschluss hinsichtlich der Kosten. Die Kostenverteilung ergibt sich aus § 161 II VwGO, der sich speziell mit dem Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung befasst. Das Gericht entscheidet danach nur noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstands. Zur Frage der Kostenverteilung wird folglich geprüft, ob die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war. Diese Feststellungen erwachsen aber nicht in Rechtskraft, sondern werden nur argumentativ zur Begründung der Kostenentscheidung herangezogen.

IV. Einseitige Erledigungserklärung

In der letzten Fallgestaltung erklärt der A den Rechtsstreit für erledigt, die Beklagte schließt sich dem jedoch nicht an. Bei der sogenannten einseitigen Erledigungserklärung geht es um die Feststellung der Erledigung des Prozessrechtsverhältnisses. Es wird mithin darüber gestritten, ob sich der Rechtsstreit erledigt hat. Wie dort die gerichtliche Prüfung genau aussieht, wird im Rahmen eines gesonderten Exkurses besprochen. Am Ende ergeht jedoch ein Urteil und die Kostenverteilung richtet sich nach den §§ 154 ff. VwGO.

 

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