Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis

Erlassvertrag und negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 BGB)

Der Erlass (§ 397 I BGB) und das negative Schuldanerkenntnis (§ 397 II BGB) sind spezielle Formen des vertraglichen Verzichts. Beide führen als Erfüllungssurrogate zum Erlöschen einer Schuld.1

Erlassvertrag, § 397 I BGB

Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt (§ 397 I BGB). Ohne Vertrag ist der Erlass einer Forderung nicht möglich.2 Der Gläubiger kann also nicht einseitig auf seinen schuldrechtlichen Anspruch verzichten.3

Gegenstand des Erlassvertrags ist die einzelne Forderung (= Schuldverhältnis i.e.S.); wollen die Parteien das Schuldverhältnis i.w.S. zum Erlöschen bringen, müssen sie einen Aufhebungsvertrag schließen.4

Parteien des Erlassvertrags müssen der Gläubiger und der Schuldner der Forderung sein.5 Ein Erlass zugunsten Dritter ist nicht möglich. Der Gläubiger muss zudem befugt sein, auf die Forderung zu verzichten. Hinsichtlich unverzichtbarer Ansprüche kann ein Erlassvertrag nicht wirksam geschlossen werden. Verzichtseinschränkungen für Unterhaltsansprüche enthalten die §§ 1360a III, 1614 I, 1615 BGB. Komplette Verzichtsverbote sind beispielsweise in den §§ 9b I 1, 19 II 1, 25, 43 III 2 GmbHG, 50 AktG vorgesehen.

Der Erlassvertrag bedarf grundsätzlich keiner Form und kann insbesondere auch konkludent geschlossen werden.6 Für den konkludenten Vertragsschluss ist aber erforderlich, dass das Verhalten des Gläubigers eindeutig dessen Willen erkennen lässt, seine Forderung aufzugeben. Allerdings wird man in dem Schweigen des Schuldners auf ein Erlassangebot des Gläubigers meist eine konkludente Annahmeerklärung erblicken können, da der Erlass den Schuldner nur begünstigt.7 Die Annahmeerklärung des Schuldners ist in diesen Fällen gemäß § 151 BGB nicht empfangsbedürftig.

Übermittelt der Schuldner dem Gläubiger ein Angebot über einen Teilerlass und sendet er dem Gläubiger gleichzeitig einen Scheck über den Betrag, den er bereit ist zu zahlen, kommt im Falle vorbehaltloser Einlösung des Schecks hinsichtlich des Restbetrags zumindest dann, wenn kein krasses Missverhältnis zwischen unstreitiger Forderung und angebotenem Scheckbetrag besteht,8 ein Teilerlassvertrag in Betracht. Der Gläubiger kann dieser „Erlassfalle“ entgehen, indem er vor der Einlösung des Schecks die Ablehnung des Erlassangebots erklärt.9

Der Erlassvertrag ist ein Verfügungsvertrag. Durch ihn wird das Recht des Gläubigers aufgehoben. Als abstrakter Vertrag ist der Erlassvertrag losgelöst vom zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft.

Negatives Schuldanerkenntnis, § 397 II BGB

Die Forderung erlischt auch, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass die Forderung nicht bestehe (§ 397 II BGB). Bei diesem negativen Schuldanerkenntnis handelt es sich ebenfalls um einen vertraglichen Forderungsverzicht, der – im Gegensatz zum positiven Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) – keiner Form bedarf.10 Da Rechtsfolge das Erlöschen der Forderung ist, handelt es sich um einen abstrakten Verfügungsvertrag.


  1. Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 1.

  2. Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 1.

  3. Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 17 Rn. 1.

  4. Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 17 Rn. 1; Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 2.

  5. Hier und zum Folgenden: Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 2.

  6. Hier und zum Folgenden: Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 3.

  7. Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 17 Rn. 1.

  8. BGH, Versäumnisurt. v. 10.05.2001 – XII ZR 60/99, NJW 2001, 2324.

  9. OLG Koblenz, Urt. v. 21.11.2002 – 5 U 1035/02, NJW 2003, 758.

  10. Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 17 Rn. 2; Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 397 Rn. 5.