Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
AUfbau der Prüfung - Erfolgloses Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
Ein erfolgloses Vorverfahren gehört zu den besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Anfechtungsklage. Ein erfolgloses Vorverfahren ist in den §§ 68 ff. VwGO geregelt.
I. Erforderlichkeit
Grundsätzlich ist vor Erhebung der Anfechtungsklage erforderlich, dass ein erfolgloses Vorverfahren bei der Behörde durchgeführt wurde, vgl. § 68 I 1 VwGO. Ein erfolgloses Vorverfahren dient der Entlastung der Gerichte. Zudem soll die Behörde die Gelegenheit haben, sich selbst zu kontrollieren. Ein erfolgloses Vorverfahren ist nach § 68 I 2 Nr. 1 VwGO jedoch nicht erforderlich, wenn der Bescheid von einer obersten Landes- oder Bundesbehörde erlassen wurde. Nach § 68 I 2 Nr. 2 VwGO ist ein erfolgloses Vorverfahren darüber hinaus entbehrlich, wenn eine Verböserung im Widerspruchsverfahren vorliegt (reformatio in peius). Beispiel: A erhält eine Gaststättenerlaubnis mit der Auflage, noch weitere Toiletten einzubauen. A legt Widerspruch gegen den Zusatz ein. Im Widerspruchsbescheid ordnet die Behörde darüber hinaus an, dass A Schallschutzmaßnahmen ergreifen solle. Diese Maßnahmen muss A nicht wiederum mit einem Widerspruch angreifen, sondern kann gleich Klage erheben, da ein erfolgloses Vorverfahren vorliegend entbehrlich ist. Zudem kann ein erfolgloses Vorverfahren auch dann entbehrlich sein, wenn dies nach § 68 I 2 VwGO aus Landesgesetzen folgt. Bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten ist § 54 II BeamtStG zu beachten, da hiernach in bestimmten Fällen, in denen ein Vorverfahren sonst entbehrlich wäre, in diesem Rahmen dennoch erforderlich ist. Hintergrund ist dabei die Treuepflicht des Beamten, sodass derartige Streitigkeiten möglichst intern behördlich geregelt werden sollen.
II. Form, Frist, § 70 VwGO
Zudem muss das Vorverfahren auch ordnungsgemäß durchgeführt worden sein. Dies betrifft insbesondere Form und Frist gemäß § 70 VwGO. Hiernach gilt grundsätzlich eine Monatsfrist ab Bekanntgabe des Verwaltungsaktes. § 41 II VwVfG regelt allerdings eine 3-Tages-Fiktion für den einfachen Brief. Beispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. Diese Verfügung datiert vom 02.03 und wurde am selben Tag bei der Post aufgegeben. Die Verfügung geht dem A am 03.03 zu. Fristende ist somit der 05.04 24 Uhr. Unbeachtlich ist der tatsächliche frühere Zugangszeitpunkt. Gleiches gilt für den eingeschriebenen Brief nach § 4 II VwZG. Nach den §§ 70 II, 58 II VwGO verlängert sich die Frist auf ein Jahr, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung im Ausgangsbescheid fehlt oder fehlerhaft ist. Weiterhin bestimmt § 222 II ZPO, dass sich die Frist bis zum Ablauf des nächsten Werktags verlängert, wenn das Fristende auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt. Zuletzt kann die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß den §§ 70 II, 60 VwGO beantragt werden, wenn die Frist ohne Verschulden versäumt wurde. Dann wird der Betroffene so behandelt, als hätte er fristgerecht Widerspruch eingelegt. Bei dem Prüfungspunkt erfolgloses Vorverfahren ist im Übrigen das Problem der Sachentscheidungen trotz Verfristung angesiedelt. Beispiel: A ist Adressat einer Abrissverfügung und legt verspätet Widerspruch ein. Die Behörde entscheidet trotzdem in der Sache über den Widerspruch, anstatt ihn unter Verweis auf die Unzulässigkeit zurückzuweisen. Fraglich ist hier, ob die Behörde dies darf.
III. Erfolglosigkeit
Zuletzt muss das Vorverfahren auch erfolglos sein. Ein erfolgloses Vorverfahren ist gegeben, wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen wird. Fallbeispiel: A wird Adressat einer Abrissverfügung. A legt fristgerecht Widerspruch ein. Die Behörde tut über einen längeren Zeitraum nichts. Insbesondere ergeht kein Widerspruchsbescheid. Dennoch kann A nach § 75 VwGO klagen. Dies wird auch „Untätigkeitsklage“ genannt, obwohl die „Untätigkeitsklage“ keine Klageart ist, sondern nur eine Bezeichnung des Phänomens, dass man, bei welcher Klageart auch immer, ohne erfolglos durchgeführtes Vorverfahren klagen darf. Nach § 75 S. 2 VwGO kann dies regelmäßig nach Ablauf von drei Monaten geschehen.