Entstehung von Schuldverhältnissen

Entstehung von Schuldverhältnissen

Ein Schuldverhältnis kann durch Rechtsgeschäft oder kraft Gesetzes entstehen.1

Entstehung durch Rechtsgeschäft

Zur rechtsgeschäftlichen Begründung eines Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag erforderlich (§ 311 I BGB). Dieser kommt durch Angebot und Annahme zustande (§§ 145 ff. BGB).

Nach den Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag ergeben, lassen sich unterscheiden:

  • Gegenseitige Verträge, bei denen die Hauptleistungspflichten im Austauschverhältnis („Synallagma“) stehen (Beispiel: Kaufvertrag, § 433 BGB);

  • Unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, bei denen nur für einen Vertragspartner Leistungspflichten bestehen, sich aber für den anderen Vertragsteil sonstige Verpflichtungen ergeben können (Beispiel: Auftrag, § 662 BGB);

  • Einseitig verpflichtende Verträge, bei denen immer nur ein Vertragspartner zur Leistung verpflichtet ist (Beispiel: Schenkung, § 518 BGB).

Auch durch einseitiges Rechtsgeschäft kann ein Schuldverhältnis begründet werden, soweit sich dies aus dem Gesetz ergibt (§ 311 I BGB a. E.).

Beispiele:2 Stiftungsgeschäft (§ 80 BGB), Auslobung (§ 657 BGB), Vermächtnis (§§ 1939, 2174 BGB).

Nach § 241a I BGB wird durch die Lieferung beweglicher Sachen (§ 90 BGB), die nicht auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden (Waren), oder durch die Erbringung sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer (§ 14 BGB) an einen Verbraucher (§ 13 BGB)3 ein Anspruch gegen den Verbraucher nicht begründet, wenn der Verbraucher die Waren oder sonstigen Leistungen nicht bestellt hat.4 Eine solche unbestellte Leistung ist regelmäßig als Angebot nach § 145 BGB auf Abschluss eines Vertrages anzusehen. Allein dadurch wird weder ein vertraglicher Anspruch noch ein Schuldverhältnis i.w.S. begründet. Dafür bedarf es noch der Annahmeerklärung des Verbrauchers. Dies folgt bereits aus den allgemeinen Vorschriften über den Vertragsschluss (§§ 145 ff. BGB). Relevant wird § 241a I BGB nur in solchen Fällen, in denen gemäß § 151 BGB ein Vertrag schon durch die bloße Betätigung des Annahmewillens zustande kommen würde.

§ 241a I BGB schließt nicht nur vertragliche, sondern grundsätzlich auch gesetzliche Ansprüche, etwa auf Herausgabe der Sache (§§ 985, 812 BGB), auf Nutzungsersatz (§§ 987 f., 818 BGB) oder auf Schadensersatz (§§ 280 I, 311 II, 241 II; §§ 989, 990 BGB) aus. Gesetzliche Ansprüche sind nach § 241a II BGB nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.

Entstehung kraft Gesetzes

Schuldverhältnisse können auch ohne Rechtsgeschäft und damit unabhängig vom Parteiwillen entstehen.

Beispiele: culpa in contrahendo (§ 311 II, III BGB), GoA (§§ 677 ff. BGB), EBV (§§ 987 ff. BGB), unerlaubte Handlung (§§ 823 ff. BGB), ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB), Pflichtteilsanspruch (§§ 2317 ff. BGB).


  1. Hier und zum Folgenden: Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 3 Rn. 1 – 14.
  2. Hk-BGB/Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, Vor § 241 Rn. 17.
  3. Im Rechtsverkehr unter Unternehmern oder unter Privaten ist die Vorschrift nicht anwendbar (Hk-BGB/Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 241a Rn. 2.
  4. Der Verbraucher darf vor der Lieferung weder ein Angebot abgegeben noch in sonstiger Weise die Sendung in zurechenbarer Weise veranlasst haben (Hk-BGB/Schulze, BGB, 10. Aufl. 2019, § 241a Rn. 2.