Einstweilige Verfügung
Einstweilige Verfügung in der Gerichtsklausur
Die einstweilige Verfügung kann in der Gerichtsklausur in zwei Konstellationen auftauchen:
- Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Hier musst du sehr genau aufpassen, denn die richtige Entscheidungsart hängt davon ab, ob eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder nicht, ob du also ein Verhandlungsprotokoll in der Klausur-Akte findest.
Ohne mündliche Verhandlung entscheidest du durch Beschluss (§§ 922 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 936, 937 Abs. 2 ZPO), nach mündlicher Verhandlung durch Urteil (§§ 922 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 936 ZPO).
- Als zweite Konstellation kommt die Entscheidung nach Widerspruch des Antragsgegners gegen die einstweilige Verfügung in Betracht. Da hierüber immer mündlich verhandelt werden musst, entscheidest du durch Urteil (§§ 925 Abs. 1, 936 ZPO).
I. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
1. Relation
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung muss zulässig und begründet sein.
a) Zulässigkeit des Antrags
Im Rahmen der Zulässigkeit sind zwei Punkte zu beachten:
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Für den Antrag ist ausschließlich das Gericht der Hauptsache zuständig (§§ 937 Abs. 1, 802 ZPO). Du prüfst also, ob das angerufene Gericht zuständig wäre, wenn der Antragsteller keine einstweilige Verfügung beantragen, sondern eine Klage erheben würde.
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Der Antrag unterliegt auch vor dem Landgericht nicht dem Anwaltszwang, da er zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden kann (§§ 920 Abs. 3, 936, 78 Abs. 3 ZPO).
b) Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn der Antragsteller einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft machen kann.
aa) Verfügungsanspruch
Verfügungsanspruch ist der materielle Anspruch, auf den der Antragsteller seinen Antrag stützt. Hier wird regelmäßig der Schwerpunkt der Klausur liegen.
Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht sein (§§ 924, 936 ZPO). Es gilt § 294 ZPO. Der Antragsteller kann sich also sämtlicher Beweismittel und einer eidesstattlichen Versicherung bedienen. Maßstab ist nicht die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptungen, sondern nur die überwiegende Wahrscheinlichkeit.
Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, hatte der Antragsgegner bzw. Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme. Du musst dann prüfen, ob er mit Erfolg Einwendungen und Einreden erhoben hat.
bb) Verfügungsgrund
Verfügungsgrund ist die Eilbedürftigkeit der Sache. Hier geht es um die Frage, warum es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, den Ausgang eines Klageverfahrens abzuwarten. Auch diesen Grund muss er glaubhaft machen. Etwas anderes gilt nur, wenn es um die Eintragung einer Vormerkung ins Grundbuch oder den Widerspruch gegen eine Grundbucheintragung geht (§§ 885 Abs. 1 Satz 2, 899 Abs. 2 Satz 2 BGB).
2. Entscheidung
Liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor, muss du beim Inhalt der Entscheidung unterscheiden:
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Der Grundfall ist die Sicherungsverfügung (§ 935 ZPO). Sie dient der Sicherung eines Anspruchs oder eines Rechts. Dabei musst du vor allem beachten, dass du mit deinem Antrag nicht die Hauptsache vorwegnehmen darfst. Das bedeutet, die Maßnahmen der einstweiligen Verfügung müssen hinter dem zurückbleiben, was in der Hauptsache begehrt wird. Ein typischer Klausurfall ist die Herausgabe an einen Gerichtsvollzieher statt an die Partei.
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Darüber hinaus gibt es die Regelungsverfügung (§ 940 ZPO), mit der ein Rechtsverhältnis vorläufig geregelt wird, bspw. die Geschäftsführungsbefugnisse in einer GmbH.
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Nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt, aber in der Rechtsprechung schon lange anerkannt, ist die Leistungsverfügung. Sie gewährt dem Antragsteller ausnahmsweise eine teilweise Befriedigung, wenn er auf die sofortige Erfüllung so dringend angewiesen ist, dass er das ordentliche Verfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen Schaden zu erleiden. Neben Unterhaltszahlungen fallen hierunter bspw. die Räumung von Wohnraum bei verbotener Eigenmacht oder einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben (§ 940a Abs. 1 ZPO).
3. Beschluss
Entscheidest du durch Beschluss, musst du Folgendes beachten:
a) Rubrum
Im Rubrum heißt es: „In dem Verfügungsverfahren“. Die Parteien werden als „Antragsteller/Antragsgegner“ bezeichnet.
b) Tenor
aa) Erfolgreicher Antrag
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Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben…
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Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil sich die Vollstreckbarkeit aus der Natur der Sache ergibt.
bb) Erfolgloser Antrag
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
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Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Auch hier darfst du keine vorläufige Vollstreckbarkeit anordnen (§§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
c) Rechtsbehelfsbelehrung
Der Beschluss muss eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten, und zwar auch bei einer Zuständigkeit des Landgerichts, weil – wie gezeigt – kein Anwaltszwang besteht (§ 232 Satz 2 ZPO).
Hast du die einstweilige Verfügung erlassen, kann der Antragsgegner Widerspruch einlegen (§§ 924 Abs. 1, 936 ZPO). Hast du den Antrag zurückgewiesen, kann der Antragsteller sofortige Beschwerde einlegen (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
4. Urteil
a) Rubrum
Im Rubrum des Urteils kann es sowohl „In dem Verfügungsverfahren“ als auch „In dem Rechtsstreit“ heißen. Das wird regional unterschiedlich gehandhabt, du musst also wissen, wie es in deinem Ausbildungsbezirk gehandhabt wird.
In der ersten Variante bezeichnest du die Parteien als „Antragsteller/Antragsgegner“, in der zweiten als „Verfügungskläger/Verfügungsbeklagter“.
Achte im weiteren Verlauf darauf, dass du die Begriffspaare konsequent einheitlich verwendest.
b) Tenor
Die Tenorierung entspricht im Wesentlichen derjenigen des Beschlusses.
Allerdings musst du dann, wenn du den Antrag durch Urteil zurückweist, auch die vorläufige Vollstreckbarkeit anordnen. Hierfür gelten §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
c) Rechtsbehelfsbelehrung
Für die Rechtsbehelfsbelehrung gelten die allgemeinen Regeln des § 232 ZPO, da sich die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II. Entscheidung nach Widerspruch des Antragsgegners
Du findest in der Klausur-Akte bereits die einstweilige Verfügung, gegen die der Gegner Widerspruch eingelegt hat. Außerdem hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.
1. Relation
Im Rahmen der Relation musst du zunächst beachten, dass der Widerspruch nicht an eine Frist gebunden ist.
In der Begründetheitsprüfung geht es darum, ob die Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung am Schluss der mündlichen Verhandlung noch immer vorliegen.
2. Urteil
a) Rubrum
Im Rubrum des Urteils kann es wiederum sowohl „In dem Verfügungsverfahren“ als auch „In dem Rechtsstreit“ heißen. Auch hier musst du also wissen, was in deinem Ausbildungsbezirk bevorzugt wird. In der ersten Variante bezeichnest du die Parteien als „Antragsteller/Antragsgegner“, in der zweiten als „Verfügungskläger/Verfügungsbeklagter“.
b) Tenor
aa) eV-Antrag noch immer begründet
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Die einstweilige Verfügung vom … wird bestätigt.
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Der Antragsgegner/Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Verfahrens/Rechtsstreits zu tragen.
Nach allgemeiner Auffassung ist auch hier keine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit zu treffen.
bb) eV-Antrag nicht (mehr) begründet
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Die einstweilige Verfügung vom … wird aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
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Der Antragsteller/Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens/Rechtsstreits zu tragen.
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Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller/Verfügungskläger kann die Vollstreckung durch den Antragsgegner/Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsgegner/Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. (§§ 708 Nr. 6, 711)