Einspruch gegen ein VU - Zweckmässigkeit
10) Einspruch gegen ein Versäumnisurteil – Materielles Gutachten und Zweckmäßigkeitserwägungen
C. Materielles Gutachten
Ob tatsächlich Einspruch eingelegt werden sollte, hängt davon ab, ob das Versäumnisurteil materiell falsch ist.
Beachte: Für die Frage, ob der Einspruch in der Sache Erfolg hat, spielt es keine Rolle, ob das Versäumnisurteil ergehen durfte.
Das materielle Gutachten unterscheidet sich im Aufbau nicht von dem der anderen Beklagtenklausuren. Auf die dortigen Darstellungen kann deshalb verwiesen werden.
D. Zweckmäßigkeitserwägungen
In den Zweckmäßigkeitserwägungen geht es wieder darum, ob es der effektivste Weg für die Mandantin ist, Einspruch einzulegen.
1. Wie sind die Erfolgsaussichten für einen Einspruch?
Das ist zunächst davon abhängig, wie sich nach dem materiellen Gutachten die Erfolgsaussichten eines Einspruchs darstellen. Ist es überwiegend wahrscheinlich, dass das Versäumnisurteil Bestand haben wird, ist aus Kostengründen nicht zum Einspruch zu raten.
2. Sollte der Einspruch beschränkt werden?
Hat der Einspruch nur teilweise Erfolg, könnte es angezeigt sein, ihn auf diesen Teil zu beschränken. Das hätte Auswirkungen auf die Terminsgebühren der Anwälte, die dann nur auf den geringeren Streitwert anfallen würden, da über den Rest nicht mehr verhandelt werden muss. Auf der anderen Seite behält der Kläger dann insoweit einen Titel, aus dem er ohne Sicherheitsleistung und ohne Abwendungsbefugnis vorläufig vollstrecken kann.
3. Soll ein Gegenanspruch geltend gemacht werden?
Hier kann auf die Ausführungen zur Beklagtenklausur verwiesen werden.
4. Soll einem Dritten der Streit verkündet werden?
Hier gilt ebenfalls das zur Beklagtenklausur Gesagte.
5. Soll für den Mandanten PKH beantragt werden?
Auch für einen PKH-Antrag gibt es keine Besonderheiten zu beachten.
6. Sollte gegen die Kostentragungslast aus § 344 ZPO vorgegangen werden?
Nach § 344 ZPO hat die säumige Partei selbst dann die Kosten ihrer Säumnis zu tragen, wenn sie den Rechtsstreit gewinnt. Hierunter fallen eine 0,5-Terminsgebühr für den Anwalt des Klägers (Nr. 3105 VV RVG) und seine mögliche Reisekosten.
Das gilt nur dann nicht, wenn das Versäumnisurteil gemäß §§ 335, 337 ZPO unzulässig war, was du bei entsprechenden Anhaltspunkten an dieser Stelle prüfen musst.
7. Soll die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt werden?
Ein wichtiger Punkt, der leider häufig vergessen wird, ist der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 707, 719 ZPO.
Das Versäumnisurteil ist ohne Sicherheitsleistung und ohne Abwendungsbefugnis vorläufig vollstreckbar (§§ 708 Nr. 2, 711 ZPO). Der Mandant läuft also Gefahr, dass der Kläger aus dem Versäumnisurteil vollstreckt. Damit entsteht zudem das Risiko, den Vollstreckungsgegenstand nach Aufhebung des Versäumnisurteils nicht zurückzuerhalten.
Gemäß §§ 719 Abs. 1 ZPO sollte deshalb die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt werden. Ob der Antrag auch direkt auf § 707 Abs. 1 ZPO gestützt werden kann, wenn ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wird, ist streitig.
Grundsätzlich ist die Einstellung nur gegen Sicherheitsleistung zulässig (§ 719 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Ohne Sicherheitsleistung kann die Einstellung aber dann erfolgen, wenn das Versäumnisurteil unzulässig war. Hier kannst du auf deine Ausführungen zu § 344 ZPO Bezug nehmen. Teilweise wird vertreten, dass darüber hinaus noch die Voraussetzungen des § 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorliegen müssen.