Einseitige Erledigung
3) Einseitige Erledigung des Rechtsstreits
I. Überblick
Erklärt der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, hängt der weitere Verlauf des Prozesses davon ab, wie der Beklagte hierauf reagiert:
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Stimmt der Beklagte der Erledigungserklärung zu, entfällt die Rechtshängigkeit der Klage (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog) und das Gericht entscheidet nur noch über die Kostenverteilung, und zwar durch Beschluss (§ 91a Abs. 1 ZPO). Die Einzelheiten werden im Exkurs zur übereinstimmenden Erledigung erläutert.
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Stimmt der Beklagte nicht zu, liegt eine stets zulässige Änderung der ursprünglichen Klage in eine Klage auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits vor. Hierüber entscheidet das Gericht durch Urteil. Für die Kostenentscheidung gelten §§ 91 ff. ZPO. § 91a ZPO findet also keine Anwendung.
II. Zulässigkeit der Feststellungsklage
Die geänderte Klage auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits muss zulässig sein.
1. Klageänderung
Nach allgemeiner Auffassung stellt die einseitige Erledigungserklärung eine stets zulässige Klageänderung dar (§ 264 Nr. 2 ZPO analog).
2. Feststellungsinteresse
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt in dem rechtlich schützenswerten Interesse des Klägers, nicht mit den Kosten des Rechtsstreits belastet zu werden, wie es der Fall wäre, wenn er die Klage nur zurücknehmen könnte (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
III. Begründetheit der Feststellungsklage (Erledigung der Hauptsache)
Die Feststellungsklage ist begründet, wenn sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Hierzu müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Klage ursprünglich zulässig und begründet
Die Klage muss ursprünglich zulässig und begründet gewesen sein. Das prüfst du so, als gäbe es die Erledigungserklärung nicht.
2. Erledigung im engeren Sinne
Der Rechtsstreit hat sich in der Hauptsache erledigt, wenn
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die Klage bei Schluss der mündlichen Verhandlung unzulässig oder unbegründet ist und
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das auf einem Ereignis beruht, das nach Rechtshängigkeit eingetreten ist (erledigendes Ereignis).
Ist das Ereignis vor Rechtshängigkeit eingetreten, liegt kein Fall der Erledigung vor. Vielmehr muss der Kläger die Klage zurücknehmen. Eine Erledigungserklärung kann in eine Rücknahme umgedeutet werden. Ist der Klageanlass zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit weggefallen, erfolgt die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der im Wesentlichen dem § 91a ZPO entspricht. Bei einem Wegfall vor Anhängigkeit muss der Kläger die Kosten tragen (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
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Erklärt der Beklagte im Prozess die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, kommt es zu einer Erledigung im Rechtssinne. Zwar wirkt die Erklärung auf denjenigen Zeitpunkt zurück, zu dem sich die Forderungen erstmalig aufrechenbar gegenüberstanden (§ 389 BGB). Hierauf kommt es jedoch nach der Rechtsprechung des BGH nicht. Entscheidend ist allein die Erklärung, weil nur diese die Folgen der Aufrechnung herbeiführt.
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Dasselbe gilt für die Einrede der Verjährung.
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Leistet der Beklagte lediglich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil, bspw. einem Versäumnisurteil, tritt keine Erledigung im Rechtssinne ein, weil die Erfüllung unter der Bedingung steht, dass das Urteil rechtskräftig wird. Dasselbe gilt für die Vollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung und selbst dann, wenn dadurch eine Anspruchsvoraussetzung entfallen ist. Der Kläger muss seinen ursprünglichen Antrag weiterverfolgen. Eine bereits abgegebene Erledigungserklärung kann der Kläger widerrufen; hierin liegt wiederum eine Klageänderung, diesmal von der Feststellungsklage zurück zum ursprünglichen Antrag.
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Eine negative Feststellungsklage, mit der der Kläger festgestellt haben möchte, dass der Beklagte keinen Anspruch hat, erledigt sich, wenn der Beklagte Widerklage auf diese Leistung erhebt, denn damit erlischt das Feststellungsinteresse wegen des Vorrangs der Leistungsklage und die Feststellungsklage wird unzulässig.