Der VzD auf den Todesfall

Der VzD auf den Todesfall

Beim Vertrag zugunsten Dritter (VzD) auf den Todesfall vereinbaren der Versprechende (Schuldner) und der Versprechensempfänger (Gläubiger), dass der Dritte (erst) mit dem Tod des Versprechensempfängers einen eigenen Anspruch gegen den Versprechenden erhält.1

Beispiele: Lebensversicherungs- und Sparverträge zugunsten eines Dritten auf den Todesfall.

Ein VzD auf den Todesfall ist also ein Vertrag i.S.v. § 328 I BGB mit der Besonderheit, dass der Dritte das Forderungsrecht nicht mit Vertragsschluss, sondern erst später, nämlich mit dem Todes des Versprechensempfängers erwirbt.2 Ob ein derartiger Vertragsinhalt von den Parteien gewollt ist, muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden (§§ 331 I, 328 II BGB). Der Abschluss des Vertrags im Deckungsverhältnis ist formlos möglich, und zwar unabhängig davon, ob das Rechtsgeschäft im Valutaverhältnis des Gläubigers zum Dritten formbedürftig ist.

§ 331 Abs. 1 BGB enthält eine Auslegungsregel und ordnet an, dass dann, wenn die Leistung an den Dritten erst nach dem Tod des Versprechensempfängers erbracht werden soll, der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel (erst) mit dem Tod des Versprechensempfängers erwirbt.

Rechtsstellung der Parteien vor Eintritt des Todesfalls

Die Rechtsstellung der Parteien vor Eintritt des Todesfalls hängt entscheidend von der Ausgestaltung der Bezugsberechtigung des Dritten ab:3

Ist der Versprechensempfänger zum Widerruf der Bezugsberechtigung berechtigt, erlangt der Dritte vor dem Tod des Versprechensempfängers eine bloße Erwerbsaussicht. Der Versprechensempfänger bleibt dann in vollem Umfang verfügungsbefugt.

Der Versprechensempfänger kann das Forderungsrecht dann insbesondere durch Vereinbarung mit dem Versprechenden oder bei entsprechender Abrede im Deckungsverhältnis (§ 332 BGB) durch einseitige Bestimmung einem anderen Dritten zuwenden. Bei einer Kapitallebensversicherung kann der Versicherungsnehmer (Versprechensempfänger) ohne Zustimmung des Versicherers (Versprechenden) einen anderen Bezugsberechtigten (Dritten) bestimmen (§ 150 VVG). Stirbt der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, aber nur dann noch aufgehoben oder geändert werden, wenn die Befugnis dazu vorbehalten worden ist (§ 331 II BGB).

Ist der Forderungserwerb des Dritten hingegen unwiderruflich vereinbart worden oder liegt ein wirksamer Verzicht des Versprechensempfängers auf ein bestehendes Widerrufsrecht vor, erlangt der Dritte bereits mit dem Vertragsschluss ein Forderungsrecht. Dieses kann ihm jedoch durch Aufhebung oder Kündigung des VzD im Deckungsverhältnis wieder entzogen werden.

Ist der Begünstiget zum Zeitpunkt des Todes des Versprechensempfängers noch nicht geboren, kann er noch keine Forderung gegen den Versprechenden erwerben. Sofern jedoch nichts anderes vereinbart ist, erwirbt der ungeborene Dritte jedoch ein Anwartschaftsrecht auf den Rechtserwerb, das im Zeitpunkt der Geburt zum Vollrecht erstarkt (§ 331 II BGB).

Rechtsstellung der Parteien nach Eintritt des Todesfalls

Nach dem Tod des Versprechensempfängers erwirbt der Dritte einen unmittelbaren Leistungsanspruch gegen den Versprechenden (vgl. § 331 I BGB).4 Damit ist aber nicht gesagt, dass er die Leistung auch behalten darf.

Endgültig ist der Rechtserwerb des Dritten nur dann, wenn ein Rechtsgrund in Form eines wirksamen Rechtsgeschäfts im Valutaverhältnis gegeben ist. Fehlt ein Rechtsgrund im Valutaverhältnis, können die Erben gegen den Dritten Bereicherungsansprüche (§§ 812 ff. BGB) geltend machen. Regelmäßig liegt im Valutaverhältnis eine Schenkung vor.

Hatte der Schenker (Versprechensempfänger) diese noch zu Lebzeiten dem Dritten versprochen, wird ein etwaiger Beurkundungsmangel (vgl. § 518 I 1 BGB) durch die Leistung des Versprechenden (Vollzug) geheilt (§ 518 II BGB). Wusste der Dritte von der Schenkung nichts, geht ihm das Schenkungsangebot des Versprechensempfängers über die Drittbegünstigungserklärung des Versprechenden zu.5 Dieses Angebot, welches gemäß § 130 II BGB durch den Tod des Versprechensempfängers nicht unwirksam wird, kann der Dritte gemäß § 153 BGB auch noch nach dem Tod des Antragenden, also des mittlerweile verstorbenen Versprechensempfängers, annehmen. Auf den Zugang der Annahmeerklärung hat der Versprechensempfänger in einem solchen Fall naturgemäß nach § 151 BGB verzichtet. Die Erklärung eines Versicherungsnehmers gegenüber seinem Lebensversicherer, ein bestimmter Dritter solle nach seinem Tod bezugsberechtigt sein, beinhaltet konkludent den Auftrag, dem Dritten nach Eintritt des Versicherungsfalls das Schenkungsangebot zu überbringen. Der insoweit mit Botendiensten beauftragte Versicherer erfüllt diesen Auftrag in der Regel durch Auszahlung der Versicherungssumme an den begünstigten Dritten. Durch die Entgegennahme des Geldes nimmt der Dritte das Angebot auf Abschluss des Schenkungsvertrages konkludent an.6

Der Schenkungsvertrag im Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten muss aber auch formwirksam sein. Dies wirft die Frage nach der Anwendbarkeit des § 2301 BGB auf. Nach § 2301 I 1 BGB finden auf ein Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung erteilt wird, dass der Beschenkte den Schenker überlebt, die Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung. Die hierdurch verlangte Form ist die eines Erbvertrags (§§ 2276 I, 2231 ff. BGB) oder auch die eines einseitigen Vermächtnis, d. h. es ist wenigstens die Form des § 2247 BGB (eigenhändiges Testament) nötig.7 Oftmals ist diese Form nicht eingehalten. Die Frage nach der Anwendbarkeit des § 2301 BGB auf die Fälle des § 331 BGB entscheidet dann, ob der Dritte die Zuwendung behalten darf oder nicht.

Der BGH fasst § 331 BGB als Sondervorschrift auf, die § 2301 BGB vollständig verdrängt.8 Es liege eine Schenkung unter Lebenden nach §§ 518 ff. BGB und keine Schenkung von Todes wegen i.S.v. § 2301 BGB vor. Der Dritte erwerbe nichts aus dem Nachlass, sondern direkt von dem Versprechensempfänger.

Eine in der Literatur vertretene Gegenauffassung vertritt hingegen den Standpunkt, die Rechtsprechung des BGH führe zu einer Aushöhlung erbrechtlicher Formen.9 Denn sie mache es möglich, Zuwendungen auf den Todesfall durch bloß mündlichen Vertrag zwischen dem Erblasser und einer anderen Person zuwege zu bringen. Damit werde der Widerstand verringert, den die erbrechtlichen Formvorschriften jedem Abweichen von der präsumtiv vernünftigen gesetzlich vorgesehenen Verteilung des Nachlasses entgegensetzen und es würden auch die Beweisschwierigkeiten vergrößert, denen diese Formvorschriften zuvorkommen sollen.

Obgleich in einer Klausur aus taktischen Erwägungen der Auffassung des BGH gefolgt werden sollte, verdient die zweitgenannte Auffassung Zustimmung. Über die bereits genannten Argumente hinaus führt nur sie in einem Nachlassinsolvenzverfahren zu sachgerechten Ergebnissen. In einem Insolvenzverfahren über einen Nachlass können nur die Nachlassverbindlichkeiten geltend gemacht werden (§ 325 InsO). Eine Legaldefinition der „Nachlassverbindlichkeit“ findet sich in § 1967 II BGB. Nachlassverbindlichkeiten sind danach sowohl die „vom Erblasser herrührenden“ Schulden als auch die „den Erben als solchen betreffenden“ Verbindlichkeiten. Hierzu zählen „normale“ Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO und nachrangige Insolvenzforderungen i.S.v. §§ 39, 327 InsO. Die Nachlassverbindlichkeiten stehen also untereinander in einer durch die §§ 38, 39, 325 ff. BGB bestimmten festen Rangfolge. Diese sieht, soweit es hier von Interesse ist, vor, dass zunächst die gewöhnlichen Nachlassgläubiger zu befriedigen sind, dann die Forderungen aus einer Freigiebigkeit des Erblassers unter Lebenden, anschließend die Pflichtteilsansprüche und erst danach die Forderungen aus Vermächtnissen und Auflagen. Klassifiziert man nun – der Rechtsprechung des BGH folgend – die Zuwendungen nach § 331 BGB als Zuwendungen unter Lebenden, rangieren die hierdurch begünstigten Dritten auf einmal vor den Pflichtteilsberechtigten. Es bleibt dann nur die umständliche Hilfe über §§ 2325, 2329 BGB. Dies ist schlichtweg nicht sachgerecht.


  1. Hier und zum Folgenden: Jacoby/v. Hinden, Studienkommentar BGB, 16. Aufl. 2018, § 331 Rn. 1.
  2. Hier und zum Folgenden: Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 331 Rn. 2.
  3. Hier und zum Folgenden: Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 331 Rn. 5.
  4. Zum Folgenden: Jacoby/v. Hinden, Studienkommentar BGB, 16. Aufl. 2018, § 331 Rn. 3; Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 331 Rn. 4.
  5. Bis zum Zugang des Angebots können die Erben es gemäß § 130 I 2 BGB widerrufen (Hk-BGB/Schulze, 10. Aufl. 2019, § 331 Rn. 4).
  6. BGH, Urt. v. 21.05.2008 – IV ZR 238/06, Rn. 22.
  7. Jacoby/v. Hinden, Studienkommentar BGB, 16. Aufl. 2018, § 2301 Rn. 3; Medicus/Petersen, Bürgerliches Rechts, 26. Aufl. 2017, Rn. 393.
  8. BGH, Urt. v. 21.05.2008 – IV ZR 238/06, Rn. 21; BGH, Urt. v. 26.11.2003 – IV ZR 438/02 BGHZ 157, 79, 82.
  9. Hier und zum Folgenden: Medicus/Petersen, Bürgerliches Rechts, 26. Aufl. 2017, Rn. 396 f.; ähnlich Bork, JZ 1988, 1059 ff.