Bestimmung des Leistungsinhalts
Bestimmung des Leistungsinhalts
Wird ein Rechtsgeschäft vereinbart, muss der Inhalt bestimmt oder zumindest bestimmbar sein.1
Zu einer unbestimmten Leistung kann der Schuldner nicht verurteilt werden und es kann dann auch keine Zwangsvollstreckung erfolgen.2 Auch die Fragen, ob die Schuld z.B. durch Erfüllung (§ 362 BGB) erloschen ist oder eine Störung im Schuldverhältnis vorliegt, kann nur beantwortet werden, nachdem man den Inhalt des Schuldverhältnisses ermittelt hat.3
Bestimmung durch die Parteien
Den Parteien steht es grundsätzlich frei, jede beliebige Vereinbarung über den Inhalt ihres Rechtsgeschäfts zu treffen.4 Das folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit.
Der Wille der Parteien ist ggf. durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Ungeplante Regelungslücken sind im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Dabei ist unter Berücksichtigung von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und der Verkehrssitte zu versuchen, die Lücke im Sinne des mutmaßlichen Parteiwillens zu schließen („hypothetischer Parteiwille).5 Lässt sich der Inhalt des Schuldverhältnisses auch danach nicht (klar) bestimmen, ist auf die dispositiven Regelungen des BGB zurückzugreifen. Das BGB hat im besonderen Teil des Schuldrechts verschiedene Vertragstypen normiert, deren Regelungsgehalte heranzuziehen sind, soweit die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben.
Bestimmung durch eine Partei
Die Bestimmung der Leistung oder einzelner Modalitäten kann lediglich einer Partei vorbehalten sein (§ 315 I BGB). Dafür ist zunächst erforderlich, dass zwischen den Parteien ein Vertrag und eine Abrede bestehen, dass eine Leistungsbestimmung erfolgen soll und welche der Parteien diese Bestimmung vornehmen darf.6
Fehlt eine solche Vereinbarung, sind sich die Parteien aber darüber einig, dass ein Vertrag vorliegt, greift bei gegenseitigen Verträgen die Auslegungsregel des § 316 BGB: Ist das Entgelt einer Leistung nicht bestimmt, so ist zur Bestimmung berechtigt, wer das Entgelt zu fordern hat. Die Bestimmung erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige, unwiderrufliche7 sowie nicht formbedürftige8 Willenserklärung gegenüber dem anderen Teil (§ 315 II BGB). Die Bestimmung ist, sofern nichts anderes vereinbart ist,9 nach billigem Ermessen zu treffen (§ 315 I BGB). Entspricht sie dem nicht, so ist sie für den Vertragspartner nicht verbindlich (§ 315 III 1 BGB). Die Bestimmung muss dann durch Urteil getroffen werden (§ 315 III 2 BGB).
Bestimmung durch einen Dritten
Die Parteien können auch vereinbaren, dass der Leistungsinhalt durch einen Dritten (§ 317 I BGB) oder durch mehrere Dritte gemeinsam (§ 317 II BGB) bestimmt wird.
Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden (§ 318 I BGB). Sie ist im Zweifel nach billigem Ermessen vorzunehmen (§ 317 I BGB). Unverbindlich ist die Bestimmung für die Parteien in diesem Fall nur dann, wenn sie offenbar unbillig ist; die Bestimmung hat dann durch Urteil zu erfolgen (§ 319 I BGB). Vereinbaren die Parteien hingegen, dass die Bestimmung nach freiem Belieben erfolgt, kommt eine Bestimmung durch Urteil nicht in Betracht. Kann oder will der Dritte die Bestimmung in diesem Fall nicht treffen oder verzögert er sie, ist der Vertrag unwirksam (§ 319 II BGB).
- BGH, Urt. v. 20.12.1989 – VIII ZR 203/88, NJW-RR 1990, 270, 271; R. Schmidt, Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2019, Rn. 45.
- Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 6 Rn. 1; R. Schmidt, Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2019, Rn. 45.
- Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 6 Rn. 1.
- Hier und zum Folgenden: R. Schmidt, Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2019, Rn. 46 – 49.
- BGH, Urt. v. 15.11.2012 – VII ZR 99/10, Rn 15 f.; BGH, Urt. v. 26.04.2016 – VI ZR 467/15, Rn. 10.
- R. Schmidt, Schuldrecht AT, 13. Aufl. 2019, Rn. 51.
- Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 6 Rn. 5.
- Die Erklärung nach § 315 II BGB bedarf selbst dann keiner Form, wenn der Vertrag selbst oder das Leistungsversprechen formbedürftig ist (Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 6 Rn. 5).
- Haben die Parteien vereinbart, dass die Bestimmung nach freiem Ermessen (nach Belieben) einer Partei erfolgen soll, sind die §§ 315, 316 BGB nicht anwendbar (Brox/Walker, SchuldR AT, 43. Aufl. 2019, § 6 Rn. 8).